Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (402) Was wird sich mit dem Karlsruher Urteil bei der Studienplatzvergabe im Fach Medizin künftig ändern? Prof. Ralph Luthardt: Das Allererste, was mir beim Lesen des 85 Seiten umfassenden Urteils auffiel, ist eine Nichtänderung: Die Medien hatten sich in ihrer Berichterstattung vornehmlich auf die Abiturnote fokussiert, die mit dem Urteil infrage gestellt worden sei. Aber die Zulassung nach dem Numerus Clausis ist von den Karlsruher Richtern erst einmal bestätigt worden: Der NC ist absolut legitim und wird letztlich auch weiterhin eine entscheidende Rolle spielen. Die Abi- turnote ist also nach wie vor grundsätzlich ein geeignetes Instrument zur Studienplatz- vergabe. Wo das Gericht indes ansetzt, ist die Tat- sache, dass die Abiturnote zwischen den Bundesländern nicht vergleichbar ist. Der Gesetzgeber ist daher aufgefordert, hier Regelungen zu finden. Zuständig sind ent- weder der Bund auf Basis des Hochschul- rahmengesetzes oder die Länder im Rah- men der Kultusministerkonferenz. Zentrale Probleme waren auch die vielen Wartesemester, die teils un- durchsichtigen Auswahlverfahren der Hochschulen und die Überbewertung der Ortspräferenz. Das ist richtig. Somit verursacht die Abitur- bestenquote als solche keine verfassungs- rechtlichen Bedenken. Die maßgebliche Orientierung der Vergabeentscheidung an den Ortswunschangaben sowie die Be- schränkung der Bewerbung auf die Studien- orte lassen sich dagegen nicht rechtfertigen. Dass also nur diejenigen Bewerber bei einer Universität zum Zuge kamen, die diese als erste Priorität angegeben hatten, ist verfas- sungsrechtlich nicht in Ordnung. Nicht gesetzeskonform sind die gesetzlichen Vorschriften insofern, weil die Hochschulen individuelle Kriterien zum Auswahlverfahren festgelegt hatten. Das dürfen sie in Zukunft nicht mehr, weil die Standardisierung und Strukturierung dieser Eignungsprüfungen nicht sichergestellt ist. Das heißt, es geht nicht nur darum, Kriterien zu definieren, sondern auch darum, dafür zu sorgen, dass diese Kriterien standardisiert geprüft werden können müssen. Außerdem muss der Gesetzgeber bei der Vergabe knapper Studienplätze im Fach Humanmedizin – das gilt aber eins zu eins auch für die Zahnmedizin – wesentliche Fra- gen selbst regeln. Zwar darf er den Hoch- schulen gewisse Spielräume bei der Konkre- tisierung einräumen, jedoch muss er die Auswahlkriterien so festlegen, dass am Ende eine einheitliche Regelung für die Bundes- republik steht. Stichwort Wartesemester: Die Einrichtung einer Wartezeitquote ist verfassungsrecht- lich zulässig, wenngleich „nicht geboten“. Auch diese Formulierung fand ich interessant. Das heißt, es kann eine Bewerbergruppe geben, die ihre Studienplätze nach Warte- zeit erhält, sie darf jedoch den jetzigen An- teil von 20 Prozent nicht überschreiten und die Wartezeit muss in ihrer Dauer begrenzt sein. Dies induziert, dass es noch eine weitere Größe geben muss, die der Gesetzgeber zu definieren hat. Wird die Studienplatzvergabe damit ‚gerechter‘? Die Richter haben dieses Ziel folgender- maßen definiert und mit Blick auf den Status quo eine Adjustierung gefordert: Jeder muss die Chance auf eine Zulassung zumMedizin- ? ? ? Prof. Ralph Luthardt zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts „Der NC ist grundsätzlich in Ordnung!“ Das Vergabeverfahren für Studienplätze in Medizin ist nur teilweise mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht Mitte Dezember – und verlangte zahlreiche Änderungen. Prof. Ralph Luthardt ist Präsident der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK). Er interpretiert das wegweisende Urteil. Prof. Ralph Luthardt Foto: privat Foto: WavebreakmediaMicro - Fotolia.com 50 Politik

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