Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (413) Habits beziehungsweise Bruxismus zu unter- stützen. Einen großen Vorteil stellt bei der Anfertigung der definitiven Restaurationen die Option dar, einen komplexen Fall, der alle Zähne eines oder beider Kiefer umfasst, in ein segmentweises, z. B. sextantenweises, Vorgehen mit weniger gleichzeitig zu prä- parierenden und abzuformenden Zähnen mit jeweils kürzeren und den Patienten wie das Behandlungsteam weniger belastenden Therapiesitzungen aufzuteilen [Stumbaum et al., 2010; Mizrahi, 2008]. Werden alle Zähne eines Kiefers auf einmal präpariert, besteht die Möglichkeit, die erarbeitete Kieferrelation wieder zu verlieren, wenn nicht geeignete Vorsichtsmaßnahmen – wie z. B. die Verwendung eines zuvor hergestell- ten Artikulatorregistrats [Hajto et al., 2008; Heimann & Jahn, 2008] – zur Vermeidung dieses Risikos ergriffen werden; dieses Risiko ist beim sextantenweisen Vorgehen nahezu ausgeschlossen. Nicht zuletzt bieten die be- festigten, anatomisch korrekt ausgeformten okklusalen Kompositaufbauten die Möglich- keit einer einfachen Anfertigung der Chairside- Provisorien für die Zeit der Laborphasen. In den Schlussfolgerungen zweier Review- Artikel desselben Erstautors zum Themen- komplex der Bisshebung aus dem Jahr 2012 wird bei korrekter Indikationsstellung ein dauerhaftes Anheben der Vertikaldimension um bis zu 5 mm als sicheres und vorhersag- bares Verfahren ohne schädliche Konse- quenzen für das stomatognathe System beschrieben [Abduo, 2012; Abduo & Lyons, 2012]. Für Behandlungsmaßnahmen zur Anhebung der Vertikaldimension der Okklu- sion wird bei Patienten ohne craniomandi- buläre Dysfunktion (CMD) eine Schienen- therapie als nicht nötig erachtet, da eine herausnehmbare Schiene unter Umständen Beschwerden und Symptome hervorruft, die offenbar eher auf das Tragen der Appa- ratur als auf die eigentliche Bisshebung zu- rückzuführen sind [Abduo, 2012; Abduo & Lyons, 2012]. Allerdings beruht diese Er- kenntnis auf der Auswertung einer nur sehr kleinen Anzahl (n = 9) von Studien, die zu- dem sehr heterogen im experimentellen Design sind [Abduo, 2012]. Im vorliegenden Patientenfall fand eine Biss- hebung auf Implantaten statt. Bei implantat- getragenen Restaurationen sind ein Anstieg der Bisskraft und eine Reduktion des Feed- backs von Mechanorezeptoren aus dem parodontalen Ligament zu verzeichnen [Ormianer & Palty, 2009]. Diese Faktoren können die Fähigkeit eines Implantatpatien- ten vermindern, sich an eine neue Vertikal- dimension der Okklusion anzupassen bezie- hungsweise durch die erhöhten Kräfte kann die Unversehrtheit der Implantate und im- plantatgetragener Restaurationen gefährdet werden [Ormianer & Palty, 2009]. In solchen Fällen ist das Risiko von Frakturen von Keramikverblendungen im Vergleich zu natürlichen Zähnen deutlich erhöht [Kinsel & Lin, 2009; Walther, 2016]. Implantat- getragene festsitzende prothetische Restau- rationen zeigen zwar hohe Überlebensraten nach zehn Jahren intraoraler Verweildauer, allerdings stellen Abplatzungen der Ver- blendkeramik (20 Prozent) eine häufige Komplikation dar [Wittneben et al., 2014]. Attrition ist dabei mit einem signifikant erhöhten Risiko für Keramikchipping und -frakturen vergesellschaftet. Keramikfraktu- ren an festsitzenden implantatgetragenen Versorgungen wurden mit einer Prävalenz von 10,9, 21,9 und 26,9 Prozent in Dentitionen ohne, mit lokal begrenztem beziehungsweise mit generalisiertem Auf- treten von Attrition festgestellt [Wittneben et al., 2014]. Die Problematik der Keramik- abplatzungen wird auch in einer Konsensus- erklärung zu restaurativen Materialien und Techniken bei Implantatbehandlungen the- matisiert [Wismeijer et al., 2014]. Bei der Patientin des hier beschriebenen Fallberichts wurde in der Eingangsunter- suchung Bruxismus dokumentiert. Bruxis- mus stellt aufgrund der auftretenden ex- zessiven Kräfte im Regelfall ein klinisches Problem mit potentiell schädlichen Konse- quenzen für dentale, parodontale und mus- kuläre beziehungsweise skelettale Gewebe dar, ebenso wie für zahnärztliche Restaura- tionen und Implantate [Lobbezoo et al., 2006]. In einem systematischen Review aus dem Jahr 2014 wird Bruxismus als Risiko- faktor für mechanische Komplikationen – wie Keramikchipping beziehungsweise -frakturen, Schraubenlockerung und Abut- mentfrakturen – bei implantatgetragenen
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