Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (414) abradierten Zähnen, ungenügende inter- maxilläre Platzverhältnisse zur Restauration beziehungsweise zum Ersatz von Zähnen oder ästhetische Erfordernisse) erfolgen und die erfolgreiche Adaptation an diese neue Position sollte zuvor über einen längeren Zeitraum mit Interimsrestaurationen getes- tet werden [Manfredini & Poggio, 2016; Celenza, 1984]. Die Anwendung langzeit- provisorischer Restaurationen und der Ein- satz dieser als Prototypen für die Anfertigung der definitiven Versorgungen ist voraus- sichtlich immer noch die beste Option, um umfassende komplexe prothetische Rehabilitationen mit irreversiblen okklusalen Veränderungen an funktionsgesunden Pa- tienten genauso wie an Patienten mit CMD- Problemen und/oder Bruxismus mit größt- möglicher Sicherheit abzuschließen, auch wenn dieses Vorgehen mehr auf praktischen Erfahrungen als auf wissenschaftlicher Evi- denz basiert [Manfredini & Poggio, 2016]. Komplexen prothetischen Behandlungsfällen mit multiplen betroffenen Zahneinheiten muss daher speziell bei Bruxismuspatienten aufgrund der möglichen schwerwiegenden biologischen und mechanischen Konse- quenzen bereits in der Planungsphase ent- sprechend hohe Aufmerksamkeit zuteil- werden, es ist ein den potentiellen Risiken angemessener Therapieansatz zu wählen, und große Sorgfalt in der Ausführung der Heilbehandlung ist obligatorisch [Manfredini & Poggio, 2016; Lobbezoo et al., 2006; Manfredini et al., 2011; Lobbezoo et al., 2006]. In den Schlussfolgerungen eines systema- tischen Reviews einer multinationalen Ex- pertengruppe zur Thematik der Behand- lungsoptionen bei Zahnverschleiß aus dem Jahr 2014 wird ein mehrschrittiges Verfah- ren zur Therapie des Abrasionsgebisses – beginnend mit einer herausnehmbaren Schiene, gefolgt von langzeitprovisorischen Versorgungen und abgeschlossen mit der Anfertigung der definitiven Restaurationen – empfohlen [Muts et al., 2014]. Es wird be- mängelt, dass zu dem Thema derzeit keine evidenzbasierten Leitlinien existieren, die dem Zahnarzt helfen könnten, die am besten geeignete Therapievariante auszuwählen [Hurst, 2011; Muts et al., 2014]. Im Mo- ment kann sich der Kliniker nur an Experten- meinungen orientieren [Muts et al., 2014]. Um den zuvor genannten Aspekten eines deutlich erhöhten Risikos prothetischer Rekonstruktionen auf Implantaten bezie- hungsweise bei Patienten mit Bruxismus Rechnung zu tragen, wurde daher im Fall der hier beschriebenen Patientin, die im Seitenzahnbereich bis auf einen Prämolaren eine ausschließlich auf Implantaten abge- stützte Okklusion bei gleichzeitig mani- festem Bruxismus aufwies, für die maximale Sicherheit und Vorhersagbarkeit der geplan- ten Bisshebung ein dreischrittiges Vorgehen [Schweiger & Edelhoff, 2012; Guth et al., 2012; Edelhoff et al., 2012; Stumbaum et Abbildung 34: Die neue Position des Unterkiefers wird von der Patientin sofort akzeptiert. Abbildung 35: Lippenbild der Patientin vor Beginn der nun startenden, sechsmonatigen langzeitprovisorischen Phase mit der „festsitzenden Schiene“ Restaurationen aufgeführt [Manfredini et al., 2014]. In einem weiteren Review-Artikel zu Implantatversorgungen wurde ebenfalls ein erhöhtes mechanisches und technisches Ri- siko bei Bruxern festgestellt [Salvi & Bragger, 2009]. Implantatgestützte metallkeramische Einzelkronen und Brücken weisen ein signifi- kant höheres Risiko für Keramikfrakturen bei Patienten mit Bruxismus auf [Kinsel & Lin, 2009]. Das Risiko für Keramikabplatzungen ist auch gesteigert, wenn die Gegenbezah- nung ebenfalls implantatgetragen ist [Kinsel & Lin, 2009]. Aufgrund der hohen Kräfte, die bei Bruxismus auf implantatgetragene Restaurationen einwirken, ist zur Vermei- dung von Keramikfrakturen der Einsatz von Metallkauflächen in Erwägung zu ziehen [Misch, 2002]. Dies wird in der heutigen Zeit allerdings vielfach nicht mehr toleriert, da die ästhetischen Ansprüche der meisten Patienten auch im Seitenzahnbereich mitt- lerweile sehr hoch sind. Generell sollten Patienten mit deutlich ausgeprägtem Bru- xismus von einem Prothetiker, der mit den aktuellen Konzepten der Therapie von CMD und Bruxismus vertraut ist, sorgfältig und vorsichtig behandelt werden [Manfredini & Poggio, 2016]. Veränderungen an der horizontalen Kieferposition (in zentrischer Relation) oder eine Anhebung der Vertikal- dimension im Rahmen umfangreicher zahn- ärztlicher Therapiemaßnahmen sollten nur aufgrund fundierter prothetischer Erforder- nisse (z. B. Retentionsprobleme an stark 62 Zahnmedizin

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