Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (432) Obwohl deren Prävalenz in den vergangenen Dekaden offenbar gesunken ist [Holtfreter et al., 2014], gilt die chronische Parodontitis noch immer als eine weltweit hochprä- valente Erkrankung [Kassebaum et al., 2014; Holtfreter et al., 2014]. Allein in Deutschland sind über 50 Prozent der 35- bis 44-Jährigen und fast zwei Drittel der 65- bis 74-Jährigen von einer moderaten oder schweren Parodontitis (nach der Definition der Centers for Disease Control / American Academy of Periodontology (CDC/AAP) [Page and Eke, 2007] betroffen [Jordan/ Micheelis, 2016]. Die aktuellen DMS-V-Daten weisen in diesem Zusammenhang auf die eigentliche Proble- matik hin: Zumindest in Deutschland werden präventive Maßnahmen und Parodontal- behandlungen augenscheinlich nur unzu- reichend in Anspruch genommen [Jordan/ Micheelis, 2016; Mund et al., 2016]. Dem- nach wurde bei 21,8 Prozent der 35- bis 44-Jährigen und bei 22,8 Prozent der 65- bis 74-Jährigen mindestens eine professionelle Zahnreinigung (PZR) innerhalb der vergan- genen fünf Jahre durchgeführt. Eine Paro- dontalbehandlung fand in diesem Zeitraum dagegen bei nur 14,2 Prozent der 35- bis 44-Jährigen und bei 24,5 Prozent der 65- bis 74-Jährigen statt. Eine mögliche Ursache für die mangelnde Inanspruchnahme prä- ventiver und therapeutischer Maßnahmen könnte eine unzureichende Wahrnehmung der eigenen parodontalen Situation seitens der Patienten und damit ein mangelndes Problembewusstsein sein. Klinische Prädiktionsmodelle und punkte- basierte Risiko-Score-Systeme sind beliebte statistische Mittel, um den Zusammenhang zwischen einem Set aus Risikofaktoren und der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen beziehungsweise Neuauftreten einer Erkran- kung oder unerwünschter Ereignisse darzu- stellen. Sie erlauben eine objektive Quantifi- zierung der Erkrankungswahrscheinlichkeit anstelle einer subjektiven, eher intuitiven klinischen Einschätzung auf Basis der vorlie- genden Risikofaktoren. In der kardiovaskulären Medizin werden Prädiktionsmodelle und Risiko-Score-Systeme bereits seit über 50 Jahren verwendet, wobei der Framingham-Risk-Score [Kannel et al., 1961] zur Vorhersage des kardiovaskulären Risikos sicherlich eines der ältesten und am besten weiterentwickelten punktebasierten Risiko-Score-Systeme ist. Auch in der parodontalen Zahnmedizin wur- den jüngst verschiedene Prädiktionsmodelle entwickelt. Die Oral Health Information Suite (OHIS) [Page/Martin, 2007] ist eine Kombi- nation aus einem Disease Score und einem Risk Score, mit der der Verlauf des Parodontal- status bewertet werden kann. Das Periodontal Risk Assessment (PRA) Tool (die sogenannte „Spinne“) [Lang/Tonetti, 2003] dient der Einschätzung des Risikos eines Rezidivs der Parodontitis und hilft bei der Bestimmung der Recallintervalllänge. Der Dental Risk Score (DRS) ist ein webbasiertes Analysetool, das eine aktuelle Risikobewertung auf Probanden- ebene sowie eine Voraussage der parodon- talen Progression auf Zahnebene ermöglicht [Lindskog et al., 2010]. Neben der Risikoeinschätzung für ein zu- künftiges Erkrankungs- oder Rezidivrisiko können solche Modelle auch der Ein- schätzung einer (gegenwärtigen) Erkran- kungswahrscheinlichkeit dienen. In der Inneren Medizin werden sie etwa zur Risiko- einschätzung für Diabetes beziehungsweise Prä-Diabetes genutzt. (Deutscher Diabetes- Risiko-Test [Paprott et al., 2016]). Basierend auf dem von Zhan et al. 2014 entwickelten und umfangreich validierten Diagnose-Modell für eine moderate oder schwere Parodontitis (nach der CDC/AAP- Definition [Page/Eke, 2007]) stellen wir hier ein punktebasiertes Risiko-Score-System vor, das die Patienten unabhängig von der Erhebung klinischer Befunddaten anwenden Der Parodontitis-Risiko-Score Via Selbsttest zum Screening Birte Holtfreter, Thomas Dietrich, Bettina Dannewitz, Henry Völzke, Thomas Kocher In der Parodontologie gibt es verschiedene Prädiktionsmodelle. Wir stellen hier ein Punkte-basiertes Risiko-Score-System vor, mit dem Patienten unabhängig von klinischen Befunddaten eigenständig ihr Parodontitisrisiko bestimmen können. Nicht alle Patienten wissen um die Bedeutung eines Parodontitis-Screenings. Die Selbstwahrneh- mung der eigenen Zahngesundheit erhöhen soll ein Selbsttest, mit dem man sein persönliches Parodontitisrisiko ermitteln kann. Foto: proDente 80 Zahnmedizin

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