Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (446) Wenn ich mit Zahnärzten über Geld rede, gibt es regelmäßig erhebliche Meinungs- unterschiede, weil ich auf dem Standpunkt stehe, die Renten des Versorgungswerks sind ein Vermögen wert. Die einen Doctores ver- treten die Meinung, die Zuflüsse seien kein Vermögen, die anderen lachen mich aus, weil sie das Kapital noch nie auf einem Haufen gesehen haben. Ich sage dazu besser nichts, weil der Rechenstift die Rache des kleinen Mannes ist. Vielleicht gelingt es mir ja, Sie in vier Beispielen vom Gegenteil zu überzeugen: Das erste Beispiel sind Manager und ihre Betriebsrenten. Sie wissen doch, wer Martin Winterkorn ist – oder haben Sie den ehema- ligen Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen schon vergessen? Der nette Herr ist 70 Jahre alt und bekommt für seine Verdienste eine tägliche Betriebsrente von 3.000 Euro. Ich habe mich nicht verschrieben, Sie haben richtig gelesen: 3.000 Euro pro Tag oder 90.000 Euro pro Monat. Ich habe keine Ahnung, wie rüs- tig der Rentner ist und wie sehr ihn der Diesel benebelt hat. Folglich muss ich die Sterbetafel der deutschen Aktuare bemühen, und dort steht, dass Martin Winterkorn voraussichtlich 84 Jahre alt werden wird. 14 Jahre mal 12 Monate mal 90.000 Euro sind 15.120.000 Euro. Das ist doch ein nettes Sümmchen, oder? Sind Sie wirklich der Meinung, liebe Kritiker, werte Leser, dass diese Zahl kein Vermögen, sondern nur Peanuts sind? Es steht Ihnen frei, diese Bezüge unter den Teppich zu kehren, doch ich bleibe bei meiner Meinung, dass Betriebsrenten (fette) Vermögenswerte sind. Ich bin mir sicher, dass der Finanzvorstand von VW die 168 Zahlungen à 90.000 Euro mit jährlich 3 Prozent abgezinst und den Barwert von 12.397.000 Euro als Verbind- lichkeit in die Bilanz der Volkswagen AG ein- gestellt hat. Umgekehrt würde ich diesen Betrag in der Privatbilanz unter Anleihen und Renten verbuchen. Wie sieht es mit dem Nießbrauch an Immo- bilien aus? Bestimmt haben Sie, wenn Sie besitzlich waren, wie es im Baltischen heißt, schon Häuser und Wohnungen an Ihre Kinder übertragen. Ich vermute aber, dass Sie das weniger aus Liebe, sondern eher aus Abneigung gegenüber Ihren werten Mitmenschen getan haben, weil die Kinder keine Erbschaftsteuer bezahlen sollen, wenn Sie zu gegebener Zeit die Augen schließen. Bis dahin werden Sie die Mieten erhalten, sodass ich mir die Bemerkung erlaube, dass Sie weiter Geld in Immobilien angelegt haben. Beispiel: Sie haben vor zehn Jahren ein Mehrfamilienhaus im Wert von zwei Millionen übertragen. Die jährlichen Mieten von 100.000 Euro gehören Ihnen. Sie sind heute 75 Jahre alt und müssen sich dank der üppigen Versorgung keine Sorgen machen. Folglich dürfen Sie in aller Seelenruhe noch zehn Jahre leben. 10 Jahre mal 100.000 Euro ergeben eine Summe von 1.000.000 Euro, und wenn Sie die jährlichen Erträge mit jeweils 3 Prozent abzinsen, werden Sie auf einen Barwert von 853.000 Euro kommen. Das heißt im Klartext, dass Sie weiterhin Monopoly spielen. Pensionen von Beamten und Politikern sind die beste Voraussetzung, um jeden Stamm- tisch in die Luft zu sprengen. Ich will Ihnen nicht Ihre gute Laune mit den Pensionen der Grünen, Roten und Schwarzen verderben. Das liegt mir fern. Ich will Ihnen aber erzäh- len, dass mir vor Jahren ein pensionierter General die Ohren vollheulte, er sei eine arme Kirchenmaus. Er habe eine teure Frau, ein schmuckloses Eigenheim und ein kleines Wertpapierdepot – das sei doch eines Gene- rals nicht würdig. Können Sie verstehen, dass sich mein Mitleid in überschaubaren Grenzen gehalten hat? Der schneidige Offizier war 55 Jahre alt, dank regelmäßiger Märsche körperlich gut in Schuss und bezog eine monatliche Nettopension von 5.000 Euro. Wollen Sie selbst rechnen oder soll ich Ihnen die Zahlen liefern? Die restliche Lebenszeit beträgt 30 Jahre oder 360 Monate, und 360 Pensionen à 5.000 Euro ergeben eine Summe von 1.800.000 Euro. Der Barwert der Zahlungsreihe beträgt bei einem jähr- lichen Zinssatz von drei Prozent aufgerundet 1.186.000 Euro, so dass ich alle Bürokraten, Lehrer, Offiziere und Politiker bitte, ihre Klagen über die „besserverdienenden“ Frei- berufler und Unternehmer einzustellen. Sie haben ihre Berufe selbst ausgewählt, und sie verdienen in der Regel mehr als sie verdienen. Nun aber zu Ihnen, liebe Zahnärzte. Wenn Sie mit 67 Jahren den Kittel an den Nagel hängen und eine Rente von 3.000 Euro be- kommen, sollten auch Sie nicht jammern. Sie können 85 Jahre alt werden, wenn Sie sich nicht jeden Tag mit Ihrer lieben Frau in die Wolle bekommen. Dafür werden Sie belohnt wie folgt: 85 minus 67 sind 18 Jahre oder 216 Monate, und 216 Monate mal 3.000 Euro sind 648.000 Euro. Falls die Zahlungen mit jeweils 3 Prozent abgezinst werden, kommen abgerundet 500.000 Euro zusammen. Soviel müssten Sie auf der hohen Kante haben, wenn Sie sich diese Rente selbst zahlen würden. Das ist nicht übel, und wenn Sie jetzt noch ein Haus haben, das 600.000 Euro wert ist, sind Sie einskommaeinsfacher Millionär. Ich finde das eine tolle Leistung! Falls Ihnen das nicht reicht, kann ich Ihnen nur einen Rat geben. Gehen Sie im nächsten Leben in die Politik, setzen Sie sich für die Erhaltung des Rebhuhns ein und machen Sie in Ökostrom. Dann wird es Millionen vom Himmel regnen! Volker Looman zu dem Wert von Renten, Pensionen und Nießbrauch So spielen Sie auch mit 75 noch Monopoly! Der Autor ist freiberuf- licher Finanzanalytiker in Stuttgart. Jede Woche veröffentlicht er in der FAZ einen Aufsatz über Geldanlagen. Außerdem unterstützt er Zahnärzte auf Honorarbasis bei der Gestaltung des Privatvermögens. www.looman.de Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber. 94 Praxis
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