Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (534) Zahnabdruck zu nehmen. Hier kommt es also auf den weiteren Verwendungszweck an.“ Ist diese Handlung als Bestandteil einer medizinisch notwendigen Heilmaßnahme zu sehen, bedarf es in Deutschland einer Approbation – dient diese Anwendung indes lediglich zur Durchführung kosmetischer Veränderungen, sind diese Maßnahmen aus Sicht der DGAO im Sinne des Gesetzes nicht als ärztliche Handlung zu werten und dürf- ten demnach von jedermann durchgeführt werden. DGKFO: Kontinuierliche Kontrolle ist zwingend Dagegen stuft die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) es generell als medizinisch unverantwortlich und poten- ziell gesundheitsgefährdend ein, „wenn die Erstellung von Zahnabdrücken – konventio- nell oder per 3-D-Scan – durch den Patien- ten mit anschließender Durchführung einer kieferorthopädischen Eigentherapie oder mit nur einmaligem persönlichen Kontakt zum Behandler ohne geeignete Kontrolle und Dokumentation des Behandlungsver- laufs“ erfolgt. Die kontinuierliche Kontrolle und Bewertung der Auswirkungen aller Therapieschritte durch einen hierfür aus- und weitergebildeten Behandler sei schließ- lich ein Wesensmerkmal einer kieferortho- pädischen Therapie. „Im Rahmen einer sol- chen Behandlung ist nicht nur die isolierte Begradigung von Frontzähnen, sondern neben anderen Faktoren auch die Einstel- lung einer korrekten Okklusion und Inter- kuspidation in einem geeigneten orofazialen Funktionsumfeld das Ziel.“ Unkontrollierte Bewegungen von Front- und Seitenzähnen könnten den Alveolarfortsatz sowie das Zahnfleisch schädigen, warnt die DGKFO und stellt klar, dass dabei nicht die kiefer- orthopädische Therapie mit Alignern als solche ein Problem darstellt, „sondern die unkontrollierte Eigentherapie mit jeglichen Behandlungsgeräten ohne adäquate Risiko- einschätzung und Verlaufskontrolle“. Der Berufsverband der Deutschen Kiefer- orthopäden (BDK) geht in seiner Bewertung hingegen davon aus, dass die Korrektur von Zahn- oder Kieferfehlstellungen in jedem Fall über eine bloße Kosmetik hinausgeht und auch dann eine zahnärztliche Heilbehandlung darstellt, wenn sie sich zum Beispiel nur auf die Frontzähne bezieht. „Bei jeder kiefer- orthopädischen Behandlung müssen die Aus- wirkungen der Maßnahme auf das gesamte stomatognathe System berücksichtigt wer- den. Bei unerwarteten Behandlungsverläufen muss zeitgerecht reagiert werden“. Die be- schriebenen Geschäftsmodelle gewährleisten nach Kenntnis des BDK „eine aus fachlicher SmileMeUp zeigt auf YouTube, wie Patienten ihre Zahnabdrücke selbst erstellen können. Foto: Youtube – Smilemeup Von Hollywood bis Ottonormalo: Die Zielgruppe der Online-Anbieter von Aligner-Therapien scheint riesig. So investiert etwa der nordamerikanische Anbieter SmileDirectClub für seinen Instagram-Kanal in etablierte Influencer- Schönheiten wie OliviaBentley oder JessSouthern – die zusammen rund eine halbe Million Follower haben –, zeigt in TV-Spots aber auch Werbe- figuren zwischen 20 und 60 Jahren, die eher charmant und authentisch als übertrieben makellos wirken. Genauso ist es imClip des international operierenden Unternehmens Your- SmileDirect. Eine perfekt geschminkte, aber durchschnittlich aussehende Frau erklärt dem Zuschauer in 30 Sekunden, warum sie sich in ihrem hektischen All- tag gern den unnötigen Besuch beim Kieferorthopäden erspart. Ansonsten lautet die Botschaft: Die Zahnbegradi- gung gibt Selbstvertrauen und macht glücklich. In Verbraucherforen wie realself.com finden sich jedoch auch Patientenberichte, die von Therapie- abbrüchen, Misserfolgen oder ge- sundheitlichen Beeinträchtungen be- richten. Auffällig ist, dass SmileDirect- Club unverzüglich reagiert und jeweils Klärung beziehungsweise Hilfestellung anbietet. Der weitere Verlauf, aber auch der Wahrheitsgehalt der anonymisiert abgegebenen Erfahrungsberichte lässt sich jedoch nicht überprüfen. Zahlen- material zum Anteil missglückter The- rapien in den USA oder in Großbritan- nien ist nicht zu bekommen. Die American Association of Orthodontists reagierte nicht auf eine entsprechende Anfrage, die British Orthodontic Society erklärte, ihr lägen keine Beschwerden von Patienten vor. Zumindest in der Startphase der deutschen Unternehmen gilt dies auch hierzulande: Den Patientenberatungs- stellen der BZÄK/KZBV sowie den Ver- braucherzentralen der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen sind keine Patientenbeschwerden bekannt. „Zahnbegradigung macht glücklich“ D IE W ERBEBOTSCHAFT 30 Aligner-Therapien aus dem Internet

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