Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (552) Mundgesundheitliche Prävention für Kinder und Jugendliche in Deutschland ist insge- samt eine große Erfolgsgeschichte: Fast 80 Prozent der 12-jährigen Sechstklässler in Deutschland haben kariesfreie bleibende Gebisse, der DMF-T ist mit 0,44 der nied- rigste jemals gemessene Wert. Hinsichtlich der Zahngesundheit dieser Altersklasse liegt Deutschland damit zusammen mit Däne- mark international an der Spitze. Für das Milchgebiss allerdings sehen die Zahlen weniger gut aus: In der Altersgruppe der 6- bis 7-Jährigen wiesen lediglich 53,8 Prozent der Kinder naturgesunde Gebisse auf, 1,73 Milchzähne pro Kind sind hier im Durch- schnitt von Karies betroffen. Dass dies zwar unbefriedigend, aber dennoch Ergebnis erfolgreicher Prävention ist, legen die epide- miologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe, auch als „DAJ-Studien“ bekannt, in der Rückschau nahe: Seit 1994/95, als die erste der inzwischen sechs DAJ-Studien den Mundgesundheitsstatus von Kindern in Deutschland erhob, ist der dmf-t dieser Altersgruppe von damals 2,89 langsam, aber kontinuierlich mit jeder Studie gesunken. Das Gutachten der vorletzten DAJ-Studie von 2009 – wie alle vorangegangenen von Prof. Dr. Klaus Pieper, Marburg, durch- geführt – hatte darauf verwiesen, dass ein Gutteil der Milchzahnkaries kleiner Kinder vermutlich bereits vor dem 3. Geburtstag entsteht und Maßnahmen daher früher an- setzen müssen. Da das 2008 bundesweit in Kraft getretene Kinderförderungsgesetz den Ausbau der Kleinkindbetreuung in den Kitas forcierte, bot sich den in der DAJ zusammen- geschlossenen Akteuren die Chance, die Gruppenprophylaxe für Kleinkinder auf- und auszubauen. Immer mehr Landesarbeits- gemeinschaften entwickelten Konzepte. Seit 2012 existieren bundeseinheitliche DAJ- Empfehlungen zur Prävention Frühkindlicher Karies im Rahmen der Gruppenprophylaxe. Diese wurden 2016 auf Basis einer kind- heitswissenschaftlichen Expertise ausgebaut und unter dem Titel „Frühkindliche Karies: zentrale Inhalte der Gruppenprophylaxe für unter 3-jährige Kinder“ als gemeinsamer Handlungsrahmen veröffentlicht. Allerdings fehlte es bis dato an einer bundesweiten Da- tenbasis zur Verbreitung der frühkindlichen Karies. Entsprechend entschloss sich die DAJ, die Altersgruppe der 3-Jährigen als zu untersuchende Gruppe in die letzte Studie zu integrieren. In zehn Bundesländern war der (daten- schutz-)rechtliche und organisatorische Rahmen gegeben, um 3-Jährige in Kitas zu untersuchen, insgesamt fast 100.000 Kinder. Das Ergebnis: Während 86 Prozent der Kleinen gesunde Gebisse haben, sind bei den 14 Prozent, die bereits Karies haben, durchschnittlich 3,6 Zähne betroffen. Davon sind wiederum nur 26 Prozent saniert. Dies zeigt, dass bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Polarisation der Karies zu verzeichnen ist. Dies ist die eigentliche Herausforderung für künftige Präventions- bemühungen. „Das Ergebnis unserer aktuellen epidemiologischen Begleituntersuchungen belegt, dass die mundgesundheitliche Chancengleichheit weiterhin im Zentrum unserer Arbeit stehen muss“, bilanzieren die alternierenden DAJ-Vorsitzenden Dr. Michael Kleinebrinker vom GKV-Spitzenverband und Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. „Die aktuellen Daten belegen, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten alle Kinder in Deutschland vom Kariesrückgang massiv profitiert haben. Auch in dem Drittel der Kinder mit den schlechtesten Karieswerten ist prozentual und auf den langen Zeitraum gesehen ein ähnlich hoher Rückgang der Karieslast zu verzeichnen wie für die Gesamtgruppe. Unsere Studie zeigt aber auch, dass es eine Polarisation der Karieslast bei den 3- und 12-Jährigen gibt und die DAJ hier besonders gefordert ist.“ Mundgesundheitliche Prävention ist eine Erfolgsgeschichte ... Der Gesetzgeber hat geregelt, dass in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 12. Lebensjahr in Kita und Schule zahnmedizinische Gruppenpro- phylaxe angeboten wird, für Jugendliche mit hohem Kariesrisiko sogar bis zum 16. Le- bensjahr. Der § 21 des SGB V, der die Basis für dieses flächendeckende Präventions- Statement der DAJ „Chancengleichheit bleibt die wichtigste Aufgabe!“ Erstmals gibt es verlässliche Daten zur Mundgesundheit der 3-Jährigen und die soziale Polarisation der Karies ist die eigentliche Herausforderung für künftige Präventionsbemühungen. Bettina Berg, Geschäftsführerin der Deutschen Arbeits- gemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ), erläutert die Hintergründe der Studie und die Rolle der DAJ. Foto: Dentimages 48 Politik

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