Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (590) Alter der Patienten und zu den Gründen der Extraktion einbezogen wurden, lassen die Angaben zur Häufigkeitsverteilung nach heutigen Erkenntnissen keine Verallgemei- nerung mehr zu und erfordern eine Neu- beurteilung. Die aktuelle Forschung kann auf hochauf- lösende Verfahren zur Ermittlung von Wurzel- kanalsystemen zurückgreifen. Die destruktiven Verfahren werden dabei mehr und mehr von nondestruktiven Verfahren (MikroCT, NanoCT, MRT) abgelöst [Parkinson & Sasov, 2008; Paqué et al., 2010] (Abbildungen 2 und 3). Mit der dentalen Digitalen Volumen- tomografie (DVT) gelingt es erstmals am Patienten, die tatsächliche Form und den Verlauf von Wurzeln in Beziehung zu patho- logischen Prozessen darzustellen (Abbildung 4) und aus der Form der Wurzel Rückschlüsse auf die Anzahl und die genaue Lage der Wur- zelkanäle zu ziehen [DVT-Leitlinie DGZMK S2, 2009; Patel, 2009; Michetti et al., 2010]. Wurzelkanalbehandlung Der Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung ist von vielen Faktoren abhängig. Die Voraus- setzung für eine suffiziente mechanische und chemische Aufbereitung des Wurzelkanal- systems ist die Präparation einer adäquaten endodontischen Zugangskavität unter aseptischen Bedingungen (Abbildungen 5 und 6). Mit der chemomechanischen Auf- bereitung von Wurzelkanalsystemen wird das Ziel verfolgt, Pulpagewebe als mögliches Substrat für pathologische Mikroorganismen vollständig zu entfernen und die Grund- lagen für eine wirkungsvolle Desinfektion und Reinigung zu schaffen. Schließlich wer- den mit der mechanischen Erweiterung und konischen Ausformung der Wurzelkanäle die Voraussetzungen für einen dichten Ver- schluss des Wurzelkanalsystems geschaffen, damit eine Rekolonisierung von endodon- tischen Hohlräumen vermieden werden kann (Abbildung 7) [Klimm, 2003; Hülsmann & Schäfer, 2005]. Im Ergebnis einer vollstän- digen antimikrobiellen Therapie bilden sich ausgedehnte periapikale Aufhellungen und pathologische Prozesse der Kieferhöhle voll- ständig zurück und erfordern keinen weiteren chirurgischen Eingriff (Abbildung 8). Wurzelkanalsystem Als Wurzelkanalsystem wird ein komplexer endodontischer Hohlraum bezeichnet, der sich im Ergebnis der lebenslangen Dentinbil- dung durch die Pulpa immer weiter verengt und morphologisch differenziert [Thomas et al., 1993; Schroeder, 1997; Radlanski, 2011]. Mit der histologischen Darstellung des Wurzelkanalsystems wurde deutlich, dass es unmöglich gelingen kann, das gesamte endodontische Hohlraumsystem mechanisch mithilfe von klassischen Wurzelkanalinstru- menten zu erweitern. Vielmehr scheint es darauf anzukommen, den jeweiligen Wurzel- kanalquerschnitt vollständig so darzustellen, dass er mit geeigneten mechanischen Hilfs- mitteln für eine wirkungsvolle Desinfektion und Reinigung und den nachfolgenden Ver- schluss vorbereitet werden kann. Wurzelkanal Als Wurzelkanal werden grundsätzlich zwei verschiedene Arten endodontischer Hohl- räume bezeichnet. Diese sollten aus dia- gnostischen und therapeutischen Gründen in präoperative und postoperative Wurzel- kanäle unterschieden werden. Häufig ist es erforderlich, sehr breite, ovale oder nierenförmige Wurzelkanalsysteme von Abbildung 2: Auswahl von Variationen oberer erster Molaren: a) Zahn 16 mit vier Wurzelkanaleingängen, mesiobukkal x-förmig, b) Zahn 26 mit drei Wurzel- kanaleingängen, mesiobukkal tiefe Aufteilung in drei Wurzelkanäle, c) Zahn 26 mit vier Wurzel- kanaleingängen, mesiobukkale Wurzelkanäle scheinbar konfluierend Fotos: Dr. Frank Paqué Abbildung 3: Auswahl von Variationen oberer zweiter Molaren: a) Zahn 17 mit drei Wurzelkanaleingängen, mesiobukkal tiefe Aufteilung in zwei Wurzelkanäle, b) Zahn 17 mit drei Wurzelkanaleingängen, MB2-Wurzelkanal separiert sich im koronalen Wurzeldrittel des palatinalen Wurzelkanals, c) Zahn 27 mit zwei Wurzelkanaleingängen: Die Aufteilung der bukkalen Wurzelkanäle in MB1, MB2 und DB erfolgt erst 3 mm unterhalb des Wurzelkanaleingangs. Fotos 3 - 20: Michael Arnold 86 Zahnmedizin

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