Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (670) Nach Glättung der Wurzeloberfläche und kom- pletter Entfernung des Granulationsgewebes wurde der Defekt mit einem Knochenersatz- material bovinen Ursprungs gefüllt und mit einer resorbierbaren Kollagenmembran ab- gedeckt. Der Nahtverschluss erfolgte mit einem nicht-resorbierbaren Nahtmaterial (Größe 610). Aufgrund des Ausmaßes des Knochendefekts um den gesamten Apex wurde direkt im Anschluss eine Wurzelkanal- behandlung durchgeführt sowie eine semi- permanente Schienung mittels Composite (Abbildung 5). Kontrollen fanden ein und zwei Wochen nach der parodontal-chirurgischen Therapie statt. Die Entfernung der Nähte er- folgte zwei Wochen post operationem. Im September 2014 konnte bei erneuter Reevaluation eine deutliche Reduktion der Sondierungstiefen an Zahn 22 von 12mm auf 4mm festgestellt werden. Daneben zeigte sich eine Rezession von 3mm, die den Patienten jedoch ästhetisch nicht störte (Abbildung 6). Das Röntgenbild zeigte eine deutliche Defektauffüllung an Zahn 22 (Abbildung 7). Nach der erfolgreichen Parodontitis- behandlung wurde der Patient in die Unter- stützende Parodontitistherapie (UPT) aufge- nommen. In den folgenden UPT-Sitzungen wurden regelmäßig Sondierungstiefen er- hoben. Über die folgenden drei Jahre zeigte sich ein weiterhin stabiler Verlauf mit Son- dierungstiefen bis zu 4mm, ein Knochen- abbau konnte ebenfalls nicht festgestellt werden (Abbildungen 8 und 9). Die anfäng- lich hoffnungslose Prognose des Zahns 22 wurde durch die regenerative Parodontitis- therapie in eine gute Prognose umgewan- delt und kann vier Jahre nach Therapie auch langfristig als „hoffnungsvoll“ eingestuft werden. Diskussion Nach klassischen Therapiekonzepten wer- den Zähne mit einem Knochenabbau von 75 Prozent und mehr als hoffnungslos deklariert [Checci et al., 2002] und in der Regel extrahiert. Eine Studie von Cortellini et al. [2011] über 25 hoffnungslose Zähne mit massivem Knochenabbau (wie in diesem Fall) zeigt jedoch eine Fünf-Jahres-Über- lebensrate von 92 Prozent. Auch in weiteren Langzeitstudien konnten deutlich bessere Überlebensraten als erwar- tet von parodontal stark kompromittierten Zähnen mit einem Knochenabbau von 80 Prozent und mehr beobachtet werden [Pretzl et al., 2008: 65,0 Prozent über zehn Jahre; Bäumer et al., 2011: 79,3 Prozent über zehn Jahre; Graetz et al., 2011: 65,7 Prozent über 15 Jahre]. Aufgrund dieser Datenlage und anhand von Einzelfällen wie dem vorliegenden muss – wenn der Patient den Zahnerhalt unbedingt anstrebt – ein parodontal stark kompro- mittierter Zahn nicht immer gleich extra- hiert werden, sondern es kann auch über einen Erhaltungsversuch durch regenerative parodontal-chirurgische Maßnahmen nach- gedacht werden. Abbildung 1: Klinische Ausgangssituation im März 2013 Abbildung 2: Röntgenologische Ausgangssituation im Jahr 1985 bei der Mutter (*1950) des Patienten 38 Zahnmedizin
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=