Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (680) nehme der bei Impfstoffen „sehr langwierige Produktionsprozess“ bis zu 36 Monate in Anspruch, mit der Folge dass auf kurzfristige Mehrbedarfe „nur eingeschränkt reagiert“ werden könne. „Impfstoffe sind biologische Arzneimittel, die in einem komplexen mehrstufigen Produktionsprozess mit großem techno- logischem Aufwand sowie aufwendigen Entwicklungs- und Fertigungsmethoden hergestellt werden“, erläutert das Bundes- gesundheitsministerium (BMG). Jede Einzel- komponente eines Mehrfachimpfstoffs müs- se separat hergestellt werden. „Verzögert sich die Produktion nur eines Bestandteils oder fällt sie sogar aus, verzögert sich die Her- stellung des ganzen Impfstoffs“, heißt es in einer Stellungnahme. Die möglichen Ursachen dafür sind laut BMG sehr vielfältig: „Globalisierung und Konzen- tration auf wenige Herstellungsstätten für Impfstoffe und/oder Wirkstoffe können ein Grund für Lieferengpässe sein, aber auch Qualitätsmängel bei der Herstellung, Produktions- und Lieferverzögerungen für Rohstoffe, Produktionseinstellungen bei Impfstoffen oder Marktrücknahmen aus verschiedenen Gründen.“ Denn aufgrund der komplexen und lang- wierigen Herstellungsprozesse könnten Pro- bleme im Produktionsprozess oder der Aus- fall bereits produzierter Chargen aufgrund nicht erfüllter Qualitätsstandards nicht durch eine kurzfristige Anpassung unmittelbar ver- fügbarer Impfstoffressourcen aufgefangen werden, erklärt das BMG. „Versorgungs- lücken können auch bei einem unerwartet hohen Impfstoffbedarf auftreten, sofern dieser nicht rechtzeitig in der Produktionsplanung berücksichtigt werden konnte. Ebenso ist ein spontanes Reagieren auf eine erhöhte Marktnachfrage, wie zum Beispiel durch ge- ändertes Verordnungs- oder Verbraucher- verhalten, in Form von Produktionssteige- rungen nicht möglich.“ Einen Versorgungsmangel erkennt das BMG indes nicht: „Deutschland verfügt über eine sehr gute Impfstoffversorgung“, heißt es aus dem BMG. „In Einzelfällen“ gebe es Hinweise von Ärzten, Apotheken und auch der pharmazeutischen Industrie, dass es zu Lieferschwierigkeiten kommt. „Nach Kennt- nis des BMG handelt es sich vorwiegend um Lieferengpässe, die zeitlich begrenzt sind und bei denen in der Regel alternative Impf- optionen zur Verfügung stehen. Ein Versor- gungsmangel, bei dem keine vergleichbaren Impfoptionen verfügbar sind, ist dem BMG derzeit nicht bekannt.“ Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) arbeitet mit dem PEI zusammen und bewertet die vorliegenden Informationen zu Lieferengpässen kontinuier- lich. Für die bestehenden Lieferengpässe bei Engerix®-B-Erwachsene, HBVaxPro® 10 μg sowie HBVaxPro® 40 μg empfiehlt die STIKO, auf den Kombinationsimpfstoff Twinrix®-Erwachsene auszuweichen. Nach über fünf Wochen des Wartens hat der Zahnarzt genau dies getan – und sich „zwangs- läufig“ für das etwas teurere Twinrix ent- schieden. Glücklich ist er darüber nicht. nb Für Engpässe bei Engerix®-B-Erwachsene, HBVaxPro® 10 μg/ml sowie HBVaxPro® 40 μg/ml gibt die STIKO folgenden Hinweis: Für Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene mit einer Impfindikation gegen Hepatitis B entsprechend den STIKO-Empfehlungen sollte bei einge- schränkter Impfstoffverfügbarkeit – wenn möglich – eine Priorisierung wie folgt umgesetzt werden: Postexpositionelle Hepatitis-B-Impfungen Beginn der Grundimmunisierung Fortsetzung und Komplettierung begon- nener Impfserien Auffrischimpfungen (zum Beispiel bei im Säuglingsalter Geimpften mit neu aufgetre- tenem Hepatitis-B-Risiko). Ist kein monovalenter Hepatitis-B-Impf- stoff verfügbar, können Personen, für die nach Indikationsstellung entsprechend den STIKO-Empfehlungen eine Hepatitis- B-Impfung nicht aufgeschoben werden kann, auch mit einem Kombinations- impfstoff gegen Hepatitis A und B (Twin- rix® Erwachsene) geimpft werden. In diesem Fall sollte die Fortsetzung bzw. Komplettierung der Impfserie gegen He- patitis B bei nicht gleichzeitig vorliegender Indikation für eine Hepatitis-A-Impfung und insbesondere bei vorausgegangener vollständiger Grundimmunisierung gegen Hepatitis A je nach Verfügbarkeit wieder mit monovalentem Hepatitis-B-Impfstoff erfolgen. Eine Kontrolle des Impferfolgs von Hepatitis-B-Indikationsimpfungen vier bis acht Wochen nach der dritten Impf- stoffdosis durch quantitative Bestimmung von Anti-HBs wird empfohlen. Laut Fachinformation ist Twinrix®-Er- wachsene nicht zur postexpositionellen Prophylaxe von Hepatitis-B-Infektionen (z. B. nach Nadelstichverletzungen) emp- fohlen. Ist jedoch kein monovalenter Hepatitis-B-Impfstoff verfügbar und eine postexpositionelle Hepatitis-B-Impfung erforderlich, spricht die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung klar für die Anwendung von Twinrix®. Hierüber ist der Patient entsprechend aufzuklären. Quelle: www.pei.de Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) Haben Sie in der Praxis eine ähnliche Situation erlebt? Schreiben Sie uns an kontakt@zm-online.de ! Schildern Sie Ihr Problem! Foto: thongsee - Fotolia.com 48 Medizin

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=