Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (638) Dr. Wolfgang Eßer Vorstandsvorsitzender der KZBV Foto: KZBV-Baumann ´ Der Träger des nationalen Gesundheitsportals muss in seinen Entscheidungsprozessen den Pluralismus in unserem Gesundheits- wesen widerspiegeln. Jetzt liegt er vor, der Konzeptentwurf für ein nationales Gesundheitsportal. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat damit in der Fachöffentlichkeit bereits für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Zur Genese: Im vergangenen Sommer hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe eine „Allianz für Gesundheitskompetenz“ gegründet. Das Ziel: ein unabhängiges nationales Gesundheitsportal auf den Weg zu bringen, das in zentraler Lotsenfunktion die Gesundheitskompetenz der Bevölke- rung stärken soll. Mit verständlichen und evidenzbasierten Informationen zu allen Fragen der Gesundheitsversorgung. Eine Mammutaufgabe, der Gröhe und das BMG hohe Priorität einräumten. Das Anliegen ist der Gesundheitspolitik weiterhin wichtig: Das Portal hat sowohl Eingang ins Wahlpro- gramm der CDU als auch in den Koalitions- vertrag gefunden. 15 Körperschaften und Verbände – darunter auch die KZBV und die BZÄK – waren bei der Gründung der Allianz dabei. Die KZBV hat sich mit ihrem „Strategiepapier Mundgesundheitskompe- tenz“ eingebracht. Denn Gröhes Vorhaben deckt sich mit der KZBV-Gesamtstrategie: Wir wollen die Mundgesundheitskompetenz in Deutschland stärken, Informationen für Patienten zielgruppenorientiert anbieten und deren Eigenverantwortung für die Mundgesundheit unterstützen. Jetzt liegt das neue Konzept des IQWiG vor, zu dem die Verbände – auch die KZBV – bis zum 19. März um Stellungnahme gebeten wurden (mehr dazu Seite 18–20). Auf mehr als hundert Seiten beschreibt das Papier, wie das Portal mittel- und langfristig ausge- staltet werden soll. Die KZBV hat die Pläne sorgfältig analysiert. Wichtig ist zu benennen, was aus gesundheitssystemischer Sicht geplant ist – um die Schritte konstruktiv- kritisch zu begleiten, aber um notfalls auch rechtzeitig gegenzusteuern. Vorgesehen ist ein stufenweiser Auf- und Ausbau des Portals. Als Mitglied der Allianz begrüßen wir ausdrücklich Stufe eins, nämlich den Aufbau des Portals mit einer Suchmaschine. Damit ist eine Verlinkung auf bereits existierende, qualitätsgesicherte Angebote der akkreditierten Partner vorge- sehen. Das trägt dem Allianzgedanken voll- umfänglich Rechnung. Die fachliche Expertise der Partner wird genutzt, die Informations- hoheit jedoch gewahrt. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Das ergibt sich aus Stufe zwei. Die Suchmaschine soll dann um inhaltliche Module ergänzt werden, der Portalträger soll selbst die Hoheit über die Inhalte über- nehmen. Das heißt, dass die Allianz-Partner zu Kontraktoren degradiert werden sollen, die sich einer umfangreichen Neuakkredi- tierung unterziehen müssen. Bei Entzug der Akkreditierung sollen sämtliche Inhalte eines Allianz-Partners in dem Portal sogar undifferenziert gelöscht werden. Das hätte weitreichende Konsequenzen. Es stellt sich die Frage, inwieweit Content-Partner dann überhaupt noch ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen können. Wir halten es für ganz entscheidend, dass der Träger des Portals nicht als zentralistisch gesteuertes Organ strukturiert wird. Ent- scheidungsprozesse müssen den Pluralismus in unserem Gesundheitswesen widerspiegeln, zugleich müssen Werte wie Meinungs- und Pressefreiheit gewahrt werden. Deshalb fordern wir für die Mitglieder der Allianz ein Mitbestimmungsrecht ein, welche Informationen in das Portal aufgenommen werden und welchen Kriterien diese genügen müssen. Eine Zentralisierung von Strukturen ist dann besonders kritisch zu sehen, wenn es um medizinische und zahnmedizinische Erkenntnisse geht. Das Konzept bleibt zum Beispiel eine Antwort auf die Frage schuldig, wie mit divergierenden medizinischen Meinungen, mit alternativen Therapie- möglichkeiten oder mit abweichenden Be- wertungen bei unterschiedlichen Content- Partnern umgegangen werden soll. Welche Lösung ist die richtige? Eine einsame Ent- scheidung allein durch den Träger des Portals ist in solchen Fällen sicher nicht zielführend und medizinisch gesehen sogar höchst bedenklich. Noch ist unklar, welche Priorität der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dem Nationalen Gesundheitsportal auf seiner Agenda einräumt. Die Ausgestaltung ist also letztlich eine politische Entscheidung. Die KZBV wird den Prozess aufmerksam begleiten und alle Vorschläge unterstützen, die die Mundgesundheitskompetenz der Patienten auch tatsächlich stärkt. Informationshoheit wahren – Expertise nutzen 6 Leitartikel

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