Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07
zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (724) kommen, die je nach mechanischer Belas- tung zu einem Funktionsverlust führten und zeit- und kostenintensive Nacharbeit erfor- derlich machten. Neugebauer outete sich als Fan des CAD/CAM-Verfahrens, weil es die Möglichkeit biete, Gerüste für festsitzenden sowie den Primär- und den Sekundärteil für herausnehmbaren Zahnersatz in einem Arbeitsschritt herzustellen und sich dadurch ein präziser und spannungsfreier Sitz der Versorgung erreichen lasse. Ein Fazit des 13. Experten-Symposiums zog PD Dr. Neugebauer, der gemeinsam mit Univ-Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller, Köln, und Prof. Dr. H. J. Nickenig das Symposium moderiert hatte: „Um die Erwartungen der Patienten zu erfüllen und die bestmögliche Versorgung langfristig sicherzustellen, ist es aufgrund der Vielzahl der heute möglichen chirurgischen und prothetischen Versorgungskonzepte not- wendig, den Behandlungsplan genau zu definieren!“ Dies ist auch Ergebnis der 13. Europäischen Konsensuskonferenz (EuCC) unter Federführung des BDIZ EDI, die am Vortag ein Konsenspapier zum Thema „Patientenorientierte Versorgungskonzepte“ erstellt hatte. Anita Wuttke Freie Journalistin aus München Gibt es ausreichend Studien, die Sie für Ihre Literaturrecherche zur Implantatanzahl in Korrelation zu den Versorgungskonzepten verwenden konnten? Dr. Stefan Reinhardt: Die Frage ist schwer zu beantworten. Für die Versorgungs- konzepte des zahnlosen Kiefers gibt es eine ausreichende Anzahl Veröffentlichungen, die sich aber in der Methodik und im Design oft so unterscheiden, dass man die Ergeb- nisse weder vergleichen noch zusammen- fassen kann, um eine valide Aussage über die Implantatanzahl treffen zu können. Zudem gibt es eine Reihe von Faktoren, die die Überlebens- oder Erfolgsrate von Implantaten bezüglich der Anzahl in einer Studie massiv beeinflussen können. So kann zum Beispiel eine Untersuchung von festsitzenden prothetischen Versorgungen auf sechs Implantaten im Oberkiefer schlechtere Überlebensraten zeigen, weil bei vielen Patienten im Gegenkiefer eine natürliche Bezahnung vorzufinden war, während eine andere Veröffentlichung mit der identischen Anzahl von Implantaten und Versorgungsart im Vorfeld Patienten mit Bruxismus- oder Parodontitis-Anamnese ausgeschlossen hat und damit zu weit besseren Ergebnissen kommt. Was den teilbezahnten Kiefer betrifft, gibt es nach meiner Literatur- recherche keine Studie, die Implantatüberlebensraten aufschlüsselt nach der Anzahl Brückenpfeiler bei Freiend- situationen und Schaltlücken. Hier gibt es keine validen Daten. Lässt sich Sie die Frage in der Aufga- benstellung Ihres Vortrags eindeutig beantworten? Bezogen auf die Implantatanzahl im teil- bezahnten Kiefer muss ich eine Antwort schuldig bleiben, da bis dato eine mehr als dürftige Literatur vorliegt. Die Implantat- anzahl bei herausnehmbarem und fest- sitzendem Zahnersatz in zahnlosen Kiefern wird allerdings in einem Review* beein- druckend und ausführlich untersucht: Im zahnlosen Oberkiefer wurden insgesamt 25 Studien mit einer unterschiedlichen Anzahl an Implantaten verglichen. Signifi- kant schlechtere Ergebnisse zeigten Versor- gungen auf weniger als vier Implantaten, während die Restaurationen von vier Im- plantatpfeilern mit einer Überlebensrate von 94,32 Prozent nur geringfügig schlechter abschnitten als Zahnersatz auf mehr als fünf Implantaten mit 97,83 Prozent. Im zahnlosen Unterkiefer konnten ins- gesamt 50 Studien zeigen, dass sich die Überlebensraten nur bei der Versorgung mit einem Implantat signifikant ver- schlechterten. Konstruktionen mit zwei, zwei bis vier, vier oder mehr als fünf Im- plantaten erzielten alle geringe Implantat- verlustquoten. Außer der Feststellung, dass im Oberkiefer eine Implantatanzahl unter vier vermieden werden sollte, kann man aufgrund der sehr heterogenen Studien bezogen auf den zahnlosen Kiefer keine eindeutige Aussage treffen, zumal Prof. Kern in seinem Referat außerordentlich gute Implantatüberlebens- raten bei der Versorgung des zahnlosen Unterkiefers mit einem medianen Implantat aufzeigen konnte. Was hat Sie im Ergebnis überrascht? Überrascht hat mich, dass eine so wichtige Frage (nach der Anzahl von Implantaten bei verschiedenen Indikationsklassen) in der Literatur doch so wenig beachtet wurde. Ganz viele Reviews und Untersuchungen schließen mit dem Satz: „Wünschenswert wäre, dass mehr gut angelegte wissenschaft- liche Studien diese Fragestellung aufnehmen, um evidenzbasierte Aussagen treffen zu können.“ Dem schließe ich mich an. *Kern JS, Kern T, Wolfart S, Heussen N: A systematic review and meta-analysis of removable and fixed implant-supported prostheses in edentulous jaws: post-loading implant loss. Clin Oral Implants Res. 2016 Feb;27(2):174–95 ? ? ? Die Anzahl von Implantaten NACHGEFRAGT Stefan Reinhardt war von 1983 bis 1991 wissenschaftlicher Assistent in der prothe- tischen und chirurgischen Abteilung der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster. Seit 1991 ist er in einer oralchirurgischen Gemeinschaftspraxis mit Dr. Drüke, Dr. Janzen und Dr. Broschk in Münster tätig. Seit 1991 ist er Fachzahnarzt für Oralchirurgie und seit 1999 zertifizierter Referent für Implantologie, außerdem ist er als Gutachter für Implantologie im BDIZ EDI und BDO tätig. Er besitzt die Ermächtigung zur Weiterbildung für den Fachzahnarzt für Oralchirurgie durch die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe. Mit der Fa. Meisinger entwickelte er 2011 das Tissue-Control-System. Seine Schwerpunkte sind Implantologie, Augmentationen von Hart- und Weichgewebe und vollkeramische Restaurationen auf Implantaten. Foto: privat 92 Zahnmedizin
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