Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 108, Nr. 8, 16.4.2018, (804) Insgesamt 31 Kilogramm Zucker konsumiert jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr (Stand 2016). Das sind 90 bis 100 Gramm pro Tag – also 40 beziehungsweise 50 Gramm zu viel. Können Zuckeraustausch- und -ersatzstoffe oder Probiotika die auch für die Mundgesundheit schädlichen Keime verdrängen? Zuckeraustauschstoffe bringen nichts „Die Verbindung von Saccharose und Stärke erzeugt die höchste Kariogenität“, eröffnete Prof. Dr. Elmar Hellwig aus Freiburg. Dabei sei die Menge, nicht die Frequenz der Zucker- aufnahme signifikant mit dem DMFT-Wert assoziiert. Die tägliche Fluoridierung wirke bremsend, könne Karies aber bekanntlich nicht verhindern. „Insgesamt sind die Er- gebnisse für Zuckeraustauschstoffe – außer in Kaugummis – ernüchternd“, bilanzierte Hellwig. Prof. Dr. Nicole Arweiler aus Marburg be- leuchtete die Wirkung antimikrobieller Mund- spüllösungen als unterstützende Maßnahme der häuslichen Mundhygiene. Auf Basis der entsprechenden Leitlinie empfiehlt sie zur weiteren Plaque-Entfernung Formulierungen mit Amin- und Zinnfluorid, ätherischen Ölen, Cetylpyridiniumchlorid und Chlorhexidin für folgende Risikogruppen: Menschen mit besonderem Unterstüt- zungsbedarf und eingeschränkter Alltags- kompetenz Patienten mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, die kein effektives mecha- nisches Biofilmmanagement erreichen können Patienten mit schwer zugänglichen Bereichen, so dass kein effektives mecha- nisches Biofilmmanagement möglich ist Chemo-Patienten In Situationen, etwa bei akuter Gingivitis, in denen kurzfristig – zwei bis vier Wochen – die Keimzahl mangels Biofilmmanagement reduziert werden soll, befürwortet sie gemäß der Leitlinie mindestens 0,2-prozentige chlorhexidinhaltige Spüllösungen. Die Ver- wendung alternativer Wirkstoffe sieht sie aufgrund der dürftigen Studienlage kritisch. Prof. Dr. Anton Friedmann aus Witten ver- wies auf die prognostische Relevanz der Patientenkompetenz: „Motivation und Self- empowerment sind notwendig!“ In Zukunft müsse man sich stärker auf die Entzündungs- prozesse des Körpers konzentrieren, da gerade die Parodontitis Anzeichen darauf liefert. „Bleiben Sie transparent“ – für mehr Compliance „Selfempowerment“ war das Stichwort für Prof. Dr. Dorothee Heckhausen aus Berlin. Der Zahnarzt informiert, argumentiert – und trotzdem setzt der Patient nichts von alledem um. Woran liegt das? Heckhausen zeigte anhand der motivierenden Gesprächs- führung, dass jeder Patient die richtige An- sprache braucht. Gerade bei ambivalenten Patienten sollte man diese – gängigen – Strategien vermeiden: warnen, ermahnen, ängstigen Lösungen vorgeben, Vorschläge unter- breiten belehren, auf logischen Argumenten be- harren zureden, moralisieren, predigen verurteilen, kritisieren ignorieren. „Wenn Sie versuchen, einen ambivalenten Patienten mit Ihrem geballten Wissen von der Notwendigkeit einer Verhaltensände- rung zu überzeugen, geraten Sie schnell in ‚Ja/Aber-Argumentationsketten‘. Solche Gespräche führen zu nichts, im Gegenteil: Am Ende geht der Patient aus der Praxis mit dem Gefühl, doch irgendwie recht zu haben“, veranschaulichte Heckhausen. „Es bringt auch nichts, jemanden überführen zu wollen. Inquisitorische Fragen enden in der Regel damit, dass der Patient sich unfair be- handelt fühlt und in eine Abwehrhaltung geht. Daher mein Tipp: Bleiben Sie transpa- Zahnärztetag Westfalen-Lippe Fortbildung in Prävention Prävention muss eine Krankheit – Karies, Parodontitis und Erosion – effektiv, das heißt gezielt, verhindern können. Zugleich sollte das Verhältnis zwischen Auf- wand und Nutzen stimmen – sie muss also auch effizient sein. Auf dem Zahn- ärztetag Westfalen-Lippe Mitte März in Gütersloh präsentierte Tagungsleiter Prof. Stefan Zimmer vor diesem Hintergrund die neuesten Erkenntnisse. Spaß im Mund: Tagungsleiter Prof. Stefan Zimmer (v.l.n.r.), Kammervorstandsmitglied Dr. Martina Lösser, Kammerpräsident Dr. Klaus Bartling und Vizepräsident Jost Rieckesmann erkunden zusammen mit Grundschulkindern eine begehbare Mundhöhle. Foto: ZÄKWL 44 Zahnmedizin

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