Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08
zm 108, Nr. 8, 16.4.2018, (851) telbare Disklusion, das heißt, keine Führun- gen auf der Mediotrusionsseite. Diese führen zu einer Erhöhung der Muskelaktivität. Bei exzentrischer Gleitbewegung unter hohem Kraftaufwand (Bruxismus) wird die Führungs- funktion vom Gelenk und – in individueller Weise und Ausdehnung – von den anterior, außerhalb der Adduktorenschlinge liegenden Frontzähnen übernommen. Statische Okklusion Bei Kraftschluss sindMolaren und Prämolaren krafttragend. Frontzähne sind fühlbar weniger belastet. Wir fordern eine „tiefe“ Verzahnung, denn nur Tiefe bietet Freiraum in der Exzentrik. Kontakte finden sich auf den Randleisten und als tripodisierende Kontaktareale auf gegenläufigen Höckerabhängen. Tiefe bietet eine stabile Abstützung und gibt eindeutige Informationen an das neuromuskuläre Sys- tem. Verzahnungstiefe bewirkt auch hohe Effizienz bei der Nahrungszerkleinerung. Das Prinzip der gegenseitigen Schutzfunktion – mutual protected occlusion – beinhaltet: In der statischen Okklusion schützen die Sei- tenzähne Kiefergelenke und Frontzähne. In der dynamischen Okklusion schützen Kie- fergelenke und Frontzähne die Seitenzähne (Abbildung 3). Referenz-Positionen: IKP versus ZKP Die IKP ist eine zahngetragene Position. Macht die Rehabilitation eine Präparation vieler oder aller Zähne nötig und/oder ist eine Erhöhung der VDO geplant, geht die IKP verloren. Daher, aber auch aus weiteren Gründen, die hier in diesem kurzen Beitrag nicht diskutiert werden können, führen wir eine umfassende Rehabilitation grundsätz- lich gelenkbezogen in Zentrischer Kondylen- Position (ZKP) durch. Dies beinhaltet eine gelenkbezogene, physiologische, stabile, zu verschiedenen Terminen immer wieder re- produzierbare Referenz-Position (RP). Bezugsebene Unsere Bezugsebene ist die Achse-Orbitale- Ebene (AO-Ebene). Bei vorzunehmenden Änderungen der Vertikalen (VDO) muss der hintere Schenkel des Dreiecks der Bezugs- ebene ident sein mit der arbiträr oder exakt bestimmten Scharnierachse in ZKP. Nur so sind bei Änderungen der Vertikalen Zahn- kontakte am Patienten und im Artikulator ident. Aus dieser Referenz-Position starten die Bahnen bei Aufzeichnung der Unterkie- ferbewegungen (Abbildungen 4a und b). Vorstellung des Patienten Nach kieferorthopädischer/kieferchirurgi- scher Behandlung sowie prothetischer Ver- sorgung der Unterkieferseitenzähne mit Vollkronen stellte sich der 57-jährige Patient in unserer Praxis mit demWunsch nach einer umfassenden prothetischen Rehabilitation vor. Sein Hauptproblem sind die mangelnde Kauleistung sowie erschwertes „Schneiden“ mit den Frontzähnen. Die Schneidekanten und Eckzahnspitzen der Ober- und Unter- kiefer-Frontzähne sind aufgrund hoher pa- rafunktioneller Aktivität stark attritiert. Die vier ersten Prämolaren wurden aus kiefer- orthopädischen Gründen entfernt. Ober- und Unterkieferfrontzähne sind retrudiert und stehen im Kopfbiss. Die Schneidezahn- und Eckzahnführung ist nicht gegeben. Sowohl in Protrusion als auch bei Laterotru- sion nach rechts und links führen „gelenk- Abbildung 3: Prinzip der gegenseitigen Schutzfunktion 91
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