Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1038) Seit Norbert Blüms Zeiten hat die Politik nach Wegen gesucht, die Kosten im Ge- sundheitswesen zu senken. Nach diversen Kostendämpfungsgesetzen wurden dann die „Wirtschaftlichkeitsreserven“ entdeckt, die es zu heben galt. Vor 25 Jahren wurden so die Budgetierung und die Degression einge- führt. Die (Zahn-)Ärzte müssen seither für begrenzte Honorare unbegrenzt die Versor- gung sicherstellen. Und sollten sie dabei über ein bestimmtes Punktelimit hinauskommen, werden ihnen davon, zugunsten der Kran- kenkassen, einige Prozent abgezogen. Das alles aber reichte noch immer nicht. Und da besannen sich die Politiker auf ein Prinzip aus der industriellen Produktion: Die Erhöhung der Stückzahlen senkt den Stückpreis. Wenn man also Gesundheits- dienstleistungen innerhalb größerer Behand- lungsstätten in größerer Anzahl „produziert“, muss das die Preise senken. Dem stand natürlich die restriktive Zulassungsordnung entgegen. Der freiberuflich tä- tige (Zahn-)Arzt erbringt seine Leistungen eigenverantwortlich und selbst. Will sagen: persönlich! Er ist ja auch verantwortlich dafür. Das hat über lange Zeiten gut funktioniert, vor allem, weil so ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient entsteht. Und, wie man heute weiß, ist das Vertrauen in den Arzt sehr wertvoll, denn die Überzeugung, dass einem geholfen wird, ist schon die halbe Heilung. So aber lassen sich die gewünschten Groß- strukturen nicht aufbauen. Also wurde das Vertragsarztrecht reformiert. Aus Gemein- schaftspraxen wurden Berufs- ausübungsgemeinschaften, die man nun auch regional übergreifend organisieren durfte. Zweigpraxen wurden eingeführt, und die Möglich- keit, dass (Zahn-)Ärzte als An- gestellte arbeiten. Und dann natür- lich die Medizinischen Versorgungszentren. Zunächst waren sie noch als Zentren ausge- legt, die verschiedene Fach- und Hausärzte an einem zentralen Ort konzentrieren, um so in unterversorgten ländlichen Gebieten eine breit gefächerte Versorgung sicherzustellen. Tatsächlich bildeten sich daraus die Groß- strukturen, die nun die lukrativen städtischen Ballungsräume beweiden. Die geforderte Verzahnung zwischen ambu- lanter und stationärer Therapie und Nach- Arztpraxis oder Wirtschaftsbetrieb? Allerorten wird inzwischen über Arztbewertungsportale diskutiert. Gut so, dass wir das jetzt auch in den zm tun, denn eine Debatte dazu ist angesichts des rasanten Umsatzwachstums der kommerziellen Anbieter überfällig. Digitalisierung und Internet bieten zwar faszinierende Möglichkeiten, Prozesse zu vereinfachen und Wissen zu generieren. Aber die Beantwortung der Frage, ob wir Ärzte oder Unternehmer sein wollen, werden uns die Bits und Bytes nicht abnehmen. Das müssen wir auch künftig selbst entscheiden. Foto: privat Der Bundesgerichtshof hat am 22. Februar entschieden, dass das Arztbewertungs- portal jameda das Profil einer Kölner Der- matologin löschen muss. Die Kölner Haut- ärztin hatte von jameda verlangt, ihr Profil als Nichtkundin vollständig zu löschen. Vorangegangen waren mehrere schlechte Bewertungen, die die Medizinerin bean- standet und deren Löschung erst erfolgte, nachdem sie einen Anwalt eingeschaltet hatte. Weil jameda sie ohne ihre Einwilli- gung im Internet listete, sah sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. jameda hielt dagegen, dass nur „vollständige Arzt- listen“ dem Recht der Patienten auf freie Arztwahl gerecht würden. In den Vorinstanzen unterlag die Ärztin, am Ende gaben die obersten Richter ihr recht: Entscheidend sei, heißt es in der Urteils- begründung, dass jameda mit ihrer Praxis ihre gebotene Stellung als „neutraler“ Informationsmittler verlässt. Denn während jameda bei einem Nicht- kunden die „Basisdaten“ nebst der Bewer- tung anzeigt und über den eingeblendeten „Anzeige“-Querbalken Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten anzeigt, lässt sie auf dem Profil der „Premium“- Kunden – ohne dies dort den Usern hin- reichend offenzulegen – solche werben- den Hinweise über die örtliche Konkurrenz nicht zu. Verlässt jameda aber in dieser Weise ihre neutrale Rolle als Informations- mittler, dann könne sie ihre Forderung auf das Grundrecht der Meinungs- und Me- dienfreiheit gegenüber dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestim- mung auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen, entschieden die Richter. „Das führt hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der Klägerin, so dass ihr ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten zuzubilligen ist, schlussfolgerten die Karls- ruher Richter. Urteil des BGH Az.: VI ZR 30/17 20. Februar 2018) BGH-Urteil: jameda muss neutral sein Diskussion Arztbewertungsportale 14 Politik

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