Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1078) Schwellung und Parästhesien an Unterlippe und Kinn rechts vor. Eine Spitz-Stumpf-Dis- kriminierung war ihr initial nicht möglich, wobei es nach einer Nachbeobachtungszeit von zwei Wochen zu einer Normalisierung des Gefühls kam. Diskussion Laut Literatur kommt es in 1,3 bis 5,3 Prozent [Bataineh, 2001; Goldberg et al., 1985; Bui et al., 2003; Smith et al., 1997] der normalen Extraktionen beziehungs- weise Osteotomien von Weisheitszähnen zu temporären, aber auch persistenten Schädigungen des Nervus alveolaris inferior und des Nervus lingualis, wobei in engen Lagebeziehungen zum Nervus alveolaris inferior sogar Inzidenzen von bis zu 19 Prozent beschrieben werden [Renton et al., 2005]. Die Koronektomie wurde 1984 das erste Mal als Alternative zur nervnahen (N. alveolaris inferior) Weisheitszahnentfernung beschrie- ben. Diesem Verfahren liegt der Ansatz zugrunde, dass eine vitale, nicht infizierte Wurzel sicher im Knochen belassen werden kann [Knutsson et al., 1989; Fareed et al., 1989]. Ziel dieser Eingriffsart ist es somit, durch eine vollständige Entfernung der Krone und des Follikelgewebes, unter Belassen der Wurzeln eine Reduktion der vorübergehenden und vor allem der persistierenden Nerven- schädigung des N. alveolaris inferior zu er- reichen. Gerade in den letzten 15 Jahren kam dieses operative Verfahren deutlich häufiger zum Einsatz. Die grundlegende Frage, mit der sich der Großteil der Studien beschäftigt, ist, ob es durch die Wahl der Koronektomie, im Gegensatz zur kompletten Entfernung des Weisheitszahnes, zu einer Reduktion der Nervenläsionen kommt. In dieser Hinsicht sind sich die meisten Studien zugunsten der Koronektomie einig (siehe Tabelle) [Renton, 2013; Monaco et al., 2012; Sencimen et al., 2010; Wijs et al., 2010; Dolanmaz et al., 2009; Pogrel et al., 2004]. Einige Autoren untersuchten, ob die koronektomierten Wurzeln postoperativ Abbildung 3: Zugangskavität unter Schonung des krestalen Knochens Die Koronektomie stellt bei enger Lagebeziehung zum N. alveolaris inferior eine sinnvolle operative Alternative zur kompletten Zahnentfernung dar, die das Risiko einer Nervenschädigung verringert. Es sollte keine Koronektomie durch- geführt werden, wenn die Wurzeln be- reits beweglich sind, eine akute Infektion besteht oder der Zahn horizontal entlang des Nervenverlaufs verlagert ist. Seit der Etablierung der digitalen Volumentomografie ist eine genaue Analyse des Nervenverlaufs in Bezug auf die Lage retinierter Zähne möglich. Bevor bei Verdacht auf Nervnähe/-kontakt eine Koronektomie durchgeführt wird, sollte durch ein DVT abgesichert werden, wie risikoreich die komplette Entfernung des Weisheitszahnes tatsächlich ist. Fazit für die Praxis Abbildung 4: Diamantierte Piezo-Spitze (Fa. Mectron) Abbildung 5: Operativer Situs nach Entfernung der Krone und partieller, vorsichtiger Freilegung des Nervens am unteren Rand der Kavität 54 Zahnmedizin

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