Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 108, Nr. 11, 1.6.2018, (1158) Für Tumult hatten Spahns Äußerun- gen in FAZ und FAS gesorgt, in denen er wiederholt „mehr Angebote, mehr Offensive“ für die digitale Gesund- heitswelt gefordert und in dem Zu- sammenhang auch den Nutzen der eGK angezweifelt hatte. Zuvor hatte ihm Angela Merkel freie Bahn für an- dere Lösungen gegeben: „Wir haben jetzt ein zehn-, elfjähriges Experiment mit der Gesundheitskarte gemacht“, resümierte die Bundeskanzlerin, die offenbar insbesondere das System in Estland vorbildlich findet. Die Staats- ministerin für Digitales, Dorothee Bär, sprach der eGK gleich völlig die Existenzberechtigung ab. Auf die Fra- ge, ob die eGK über ein Portal verwaltet werden soll, antwortete sie dem Tagespiegel: „Die Frage ist ja, ob wir überhaupt eine Gesund- heitskarte brauchen. In Ländern wie Finnland lachen sich die Leute kaputt, wenn sie hören, dass wir dafür eine Karte haben.“ Nur eine mögliche Lösung Die Karte sei eine mögliche Lösung, sagte Spahn daraufhin der FAS: „Aber sie ist nicht die attraktivste für die Patienten. Denn die wün- schen sich einen schnellen, einfachen und sicheren Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten“ – seiner Meinung nach am liebsten per Handy. Seit 14 Jahren werde über die eGK debattiert, ohne dass „große posi- tive Effekte für die Patienten“ außerhalb von Modellprojekten erzielt worden seien. Das sei „völlig inakzeptabel“. Spahn: „Es muss cool werden, dabei zu sein, für Ärzte und Patienten“ – dazu müssten aber beide Seiten die Vorteile sehen. Und Kartenlesegeräte an Desktop- Computern als Login-Variante entsprächen heute nun mal nicht mehr den Vorstellungen der meisten Bürger. Sein Ziel sei daher, die Digitalisierung des Gesundheitswesens mit dem derzeit von der Bun- desregierung geplanten Bürgerportal zu koordinieren. „Wir brauchen Klarheit, Herr Minister!“ Die Schlagzeilen ließen nicht auf sich warten: „Elektronische Gesund- heitskarte am Ende“ titelten die Blätter. Die Reaktionen der Selbstver- waltung folgten ebenso prompt: Während der GKV-Spitzenverband Spahns Pläne begrüßte, da „die gesetzliche Vorgabe, dass nur die Ge- sundheitskarte als Authentifizie- rungsmittel für das sichere Gesund- heitsnetz zugelassen ist, nicht mehr zeitgemäß“ sei, wie es die Vorsitzen- de, Dr. Doris Pfeiffer, formulierte, waren die Mediziner ratlos bis kon- sterniert. „Mitten im technischen Rollout scheint die Politik das Projekt elektronische Gesundheitskarte plötzlich generell infrage zu stellen“, stellte Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, irritiert fest. Die Folge sei eine große Verunsicherung bei den nie- dergelassenen Medizinern. „Wir brauchen Klarheit, Herr Minis- ter!“, machte er deutlich. „Nach die- sem öffentlichen Hin und Her steht fest: Wir benötigen eine verbindli- che Aussage des Ministers, ob das derzeit geltende Gesetz Bestand ha- ben wird, oder ob es geändert werden soll.“ Auch Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), appellierte an die Politik, „durch missver- ständliche Interviewäußerungen und Presseverlautbarungen nicht weiter zur Verunsicherung in den Praxen beizutragen und damit den anspruchsvollen Rollout der TI zusätzlich zu hemmen“. Spahn: „Die Milliarde ist nicht umsonst investiert!“ „Die Milliarde ist nicht umsonst investiert“, stellte Spahn schließlich in der Süddeutschen Zeitung klar. Auch Gottfried Ludewig, Leiter der Abteilung Digitalisierung und Innovation im Bundesgesundheitsmi- nisterium (BMG) sah sich genötigt, die Worte seines Chefs zu erklä- ren. In einem Brief an die Körperschaften der Selbstverwaltung führte er aus, die Wiedergabe von Spahns Positionen in der Öffentlichkeit sei aus seiner Sicht „häufig nicht ausreichend präzise“ erfolgt. Daher gebe es nun noch einmal eine Information über die aktuellen Überle- gungen und Planungen. In den vergangenen Tagen habe es eine „Vielzahl an öffentlichen Spekulationen über die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte und den Aufbau der Telematikinfrastruktur (TI)“ gegeben, dabei sei es zu einer Vermengung unterschiedlicher Sachverhalte gekommen. „Das BMG hält am Aufbau der Telematikinfrastruktur fest“, betonte Ludewig. Dies umfasse eine flächendeckende Installation der Kon- eGK-Debatte von Bundesgesundheitsminister Spahn „Jens, soll ich den Konnektor wieder abbestellen?“ Nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seinen apokalyptischen Aussagen zur Zukunft der elektro- nischen Gesundheitskarte (eGK) Deutschland in Aufruhr versetzt hatte, ließ er per Brief klarstellen: Das Projekt werde wie geplant fortgesetzt. Foto: Team Spahn 2004 wurde die Einführung der elektronischen Gesundheits- karte beschlossen. Trotz der bisher verursachten Kosten von mehr als 1,2 Milliarden Euro besitzt die Karte bis heute nicht mehr Funktionen als die alte Krankenversichertenkarte. Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist die Zeit von Kartenlesegeräten an Desktop-Computern als alleinige Login- Variante ohnehin vorbei. 14 Politik

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