Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 108, Nr. 11, 1.6.2018, (1224) 5. Präoperativer Umgang bei dental- chirurgischen Eingriffen bei Thrombozyten- aggregationshemmung Eine Monotherapie mit Thrombozytenaggregationshemmern hat, im Gegensatz zu einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung, eine nur gering ausgeprägte Korrelation zu prolongierten Blutungs- ereignissen nach zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen. Bei kleineren Eingriffen (multiple Extraktionen, Lappenplastiken, Alveoloplastiken, Biopsien) konnte ebenfalls kein Zusammenhang zwischen Art des Eingriffs und dem Auftreten von Nachblutungen evaluiert werden [21]. 5.1 Acetylsalicylsäure Das Risiko, unter einer niedrig dosierten Acetylsalicylsäure-Medikation (75 bis 100 mg) während eines allgemeinchirurgischen Eingriffes eine Blutungskomplikation zu erleiden, ist um den Faktor 1,5 erhöht [22], wobei Studien, die sich mit zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen be- fassten, hier nur eine schwache, wenn überhaupt eine, Korrelation nachweisen konnten [21]. Weiterhin waren alle Blutungen nicht lebensbedrohlich und konnten problemlos durch die Anwendung lokaler Maßnahmen gestillt werden [23]. Im Gegensatz dazu erhöht sich das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses beim Absetzen von Acetylsalicylsäure um das Dreifache [23]. Ein Absetzen von Acetyl- salicylsäure vor zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen ist daher, auch im Rahmen der durch aktuelle Leitlinien nicht empfohlenen Primär- prophylaxe, nicht notwendig, kann aber bei niedrigem Thrombose- risiko theoretisch erfolgen [24 bis 26]. 5.2 Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor Patienten unter Clopidogrel haben nach oralchirurgischen Eingriffen ein bis zu zweifach erhöhtes relatives Risiko einer prolongierter Nach- blutung [21], wobei keine Einflüsse auf Morbidität und Mortalität be- richtet wurden [23]. Prasugrel führt zu einer ausgeprägteren Hemmung der Thrombozyteninhibition als Clopidogrel [27] bei geringeren interindividuellen Schwankungen [28, 29]. Ist nach Absprache mit dem behandelnden Hausarzt oder behandelnden Kardiologen ein kurzfristiges Absetzen der Thienopyridine möglich, so empfiehlt sich bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen ein Aussetzen der mor- gendlichen Gabe vor der Operation, wobei durch die irreversible Thrombozytenhemmung durch Clopidogrel und Prasugrel von einer Wirkdauer von acht bis zehn Tagen ausgegangen werden muss (siehe oben). Durch die reversible Wirkung des ADP-Rezeptors P2Y12 durch Ticagrelor klingt die Thrombozytenhemmung hier nach ein bis drei Tagen ab. Ist ein Absetzen nicht möglich, wird unter Belassen der Medikation unter Anwendung hämostyptischer Maßnahmen ope- Acetylsalicylsäure 1 Bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen soll die niedrig dosierte Monotherapie mit Acetylsalicylsäure im Rahmen der Sekundär- prophylaxe weitergeführt werden. Empfehlungsgrad: A Level of Evidence 1a (LoE1a) Starker Konsens: 12/12 Acetylsalicylsäure 2 Die niedrig dosierte Behandlung mit Acetylsalicylsäure zur Primärprophylaxe sollte bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen weitergeführt werden. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 1a (LoE1a) Starker Konsens: 12/12 Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban 2 Bei zahnärztlichen Eingriffen unter direkten Faktor-Xa-Inhi- bitoren sollte der Operationszeitpunkt in möglichst großem Abstand, das heißt kurz vor der nächsten regulären Einnahme erfolgen. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 11/11 Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban 3 Elektive zahnärztlich-chirurgische Eingriffe mit höherem Blutungs- risiko unter direkten Faktor-Xa-Inhibitoren sollten nicht früher als 12 bis 24 Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 11/11 Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban 4 Dringliche zahnärztlich-chirurgische Eingriffen mit höherem Blutungsrisiko unter direkten Faktor-Xa-Inhibitoren mit kürzer als 12 bis 24 Stunden nach der letzten Einnahme sollten verschoben oder einem Spezialisten / einer Fachklinik zugeführt werden. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 11/11 Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban 5 Soweit innerhalb der individuellen postoperativen Beobach- tungszeit keine Blutungen aufgetreten sind, sollte die nächste Einnahme von direkten Faktor-Xa-Inhibitoren unmittelbar erfolgen. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 12/12 80 Leitlinie Antikoagulantien
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