Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 108, Nr. 11, 1.6.2018, (1232) koagulatorische/anti-aggregatorische Medikation verändert wird [12, 54, 60, 61]. Entsprechend den DAC/NRF-Rezepturhinweisen ist das Medikament als dafür zugelassene Rezeptursubstanz erhältlich und über die Apotheke rezeptierbar. Ein Präparat kann auch individuell aus 5-%iger Tranexamsäure (Cyklokapron®) durch Verdünnung einer 5-ml-Ampulle mit Aqua ad injectabilia auf 10 ml hergestellt werden. Im angloamerikanischen Raum ist die Anwendung erfolg- reich und verbreitet (Spülung mit Tranexamsäure nach dem chirur- gischen Eingriff sowie für sieben Tage, viermal am Tag für je zwei Mi- nuten [60]), wobei sowohl bei Reduktion auf fünf als auch auf zwei Tage das gleiche positive Ergebnis gezeigt werden konnte [62]). Auch bei Patienten unter Thrombozytenaggregationshemmung konnten gute Ergebnisse gezeigt werden [34]. 9.5 Schmerzmedikation mit NSAIDs Nonsteroidale anti-inflammatorische Medikamente (NSAIDs) entfalten ihre Wirkung über eine transitorische Hemmung der Cyclooxygenasen. Es besteht Evidenz, dass zum Beispiel Ibuprofen und Naproxen bei Patienten unter Acetylsalicylsäure zu einer Verminderung der Throm- bozytenaggregationswirkung führen könnte [63, 64], wobei hier die klinische Relevanz noch nicht geklärt ist. Der Effekt der NSAIDs auf die primäre Hämostase ist von ihrer Plasmahalbwertszeit abhängig [65, 66]. Die Blutungszeit bleibt normalerweise jedoch auch unter Einnahme gängiger NSAIDs im normalen Bereich, daher ist ein Ab- setzen der Medikamente vor zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen nicht notwendig [67]. Cyclooxygenase-2-spezifische Schmerz- medikamente haben keinen Einfluss auf die Gerinnung [68]. 10. Postoperative Kautelen 10.1 Überwachung, Nachbehandlung Postoperativ wird bei Patienten unter oraler Antikoagulation/ Thrombozytenaggregationshemmung eine verlängerte Nachbeob- achtungszeit empfohlen. Nach der Operation ist ein lokaler Druck, zum Beispiel durch Aufbisstupfer, zu applizieren. Anschließend ist eine Kontrolle der Wunde empfohlen, wobei bei persistierender Blutung entsprechende, oben bereits genannte Maßnahmen zum Einsatz kommen. Die Anwendung von Elekrokoagulation ist bei Weichgewebseingriffen empfehlenswert. Die Anwendung von Tra- nexamsäure (siehe oben) kann zu einer signifikanten Verminderung von (Nach-)Blutungen führen. 10.2 Abwägung ambulante vs. stationäre Behandlung Ist die lokale Behandlung nicht möglich und/oder ist ein höheres Blutungsrisiko zu erwarten, wird eine stationäre Einweisung der Patienten empfohlen. Schmerzmedikation mit NSAID 1 Eine bestehende Schmerzmedikation mit NSAIDs kann bei Patien- ten unter Antikoagulation/Thrombozytenaggregationshemmung belassen werden. Empfehlungsgrad: 0 Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 12/12 Schmerzmedikation mit NSAID 2 Zur Schmerzmedikation von Patienten unter Antikoagulation/ Thrombozytenaggregationshemmung können selektive Cyclo- oxygenase-2-Inhibitoren wie Etoricoxib aufgrund der geringeren Wirkung auf das Gerinnungssystem angewandt werden, um einen zusätzlichen Einfluss auf das Gerinnungssystem zu vermeiden. Empfehlungsgrad: 0 Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 12/12 Sondervotum der DEGAM: Die DEGAM sieht keinen Vorteil in der Verwendung von selektiven Cyclooxygenase-2-Inhibitoren (sogenannte Cox-2-Hemmer oder Coxibe). Naproxen erscheint als Mittel der Wahl bei allen Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko. Für die Kurzzeittherapie akuter Schmerzen über wenige Tage ist bei Patienten ohne relevantes kardiovaskuläres Risiko Ibuprofen und Diclofenac geeignet [70, 71]. Tranexamsäure 2 Auch bei Patienten unter Thrombozytenaggregationshemmung kann dieMundspülungmit Tranexamsäure positive Effekte zwecks Vermeidung von Nachblutungen haben. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 4 (LoE4) Starker Konsens: 12/12 Tranexamsäure 1 Bei antikoagulierten (Vitamin-K-Antagonisten-)Patienten kann eine 2- bis 7-tägige Mundspülung (4×d) mit 5-prozentiger Tranexamsäure in Abhängigkeit vom zu erwartenden Blutungsrisiko in Erwägung gezogen werden, um Nachblutungsereignisse zu vermeiden. Empfehlungsgrad: B Level of Evidence 1a (LoE1a) Starker Konsens: 12/12 88 Leitlinie Antikoagulantien
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