Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 108, Nr. 11, 1.6.2018, (1239) gehenden Adenokarzinome. Außerdem gibt es Mischformen, in denen sich Anteile von Tumorzellen aus verschiedenen Aus- gangsgeweben finden. Zu beachten ist, dass die Harnblase auch betroffen sein kann, wenn Tumore sich von anderen Organen ausbreiten, was beispielsweise beim Darm- krebs, beim Nierenkrebs und bei gynäko- logischen Tumoren der Fall sein kann. Die Prognose beim Blasenkarzinom ist di- rekt abhängig vom Tumorstadium, also von der Frage, ob der Tumor noch auf die Schleimhautschicht der Blase beschränkt oder bereits in tiefere Schichten der Blasen- wand oder in andere Organe im Harntrakt (Nierenbecken, Harnleiter oder Harnröhre) vorgedrungen ist. Zu differenzieren sind bei nicht invasiven Tumoren die Stadien: pTa als nicht muskelinvasives, auf die Schleimhaut begrenztes Karzinom pTis als Carcinoma in situ und pT1 mit Ausbreitung des Tumors auf das unterhalb der Schleimhaut gelegene Binde- gewebe. Bei infiltrierenden, invasiven Karzinomen sind als Tumorstadien zu unterscheiden: pT2 mit Ausbreitung des Tumors auf die Muscularis propria pT3 mit Ausbreitung des Tumors über die Muscularis propria hinaus pT4 mit Ausbreitung auf Organe im Becken wie die Prostata oder den Gebär- mutterhals pN1 bei Vorliegen einer solitären Lymph- knotenmetastase im kleinen Becken pN2 bei multiplen Lymphknotenmetas- tasen im kleinen Becken pN3 bei Lymphknotenmetastasen im Bereich der Arteria iliacae communes NX wenn regionäre Lymphknoten nicht beurteilt werden können N0 wenn es keinen Anhalt für regionäre Lymphknotenmetastasen gibt MX wenn Fernmetastasen nicht beurteilt werden können M0 wenn es keinen Anhaltspunkt für Fernmetastasen gibt M1 wenn Fernmetastasen vorliegen. Behandlung Die Behandlung des Harnblasenkarzinoms richtet sich nach dem Tumorstadium und der Lokalisation des Tumors. Zu differenzie- ren ist auch bei der Behandlung zwischen einem oberflächlichen und einem muskel- infiltrierenden Tumorstadium: Liegt ein nicht invasiver Tumor vor, besteht das Therapieziel in der Heilung. Primär ist eine transurethrale Resektion (TUR-B) ange- zeigt, wobei versucht wird, die Geschwulst über eine Elektroschlinge zu entfernen. Der Eingriff erfolgt üblicherweise in Teil- oder in Vollnarkose. Zusätzlich ist meist eine lokale Chemotherapie indiziert oder eine Instilla- tionstherapie mit dem attenuierten Lebend- impfstoff Bacillus Calmette-Guérin, um das Rezidivrisiko zu senken. Der abgeschwächte Tuberkulose-Erreger kann eine relativ unspe- zifische Immunantwort gegen den Tumor auslösen, die die Wirkung der Chemothera- pie unterstützt. Die Instillationstherapie erstreckt sich üblicherweise über mehrere Monate. Die Spülungen werden über einen Blasenkatheter durchgeführt, eine Narkose ist nicht erforderlich. Die Lösung verbleibt laut KID für eine halbe bis zu zwei Stunden in der Blase. Die Patienten sollten vorher und währenddessen nicht trinken, um eine Verdünnung der Medikamente in der Blase zu verhindern. Bei einem papillären oder bei einem bereits tiefer vorgedrungenen Tumor reicht die erste transurethrale Resektion laut KID nicht aus, da möglicherweise noch Tumorzellen in der Harnblasenwand verblieben sind. Studien zeigen, dass nach einer ersten TUR in 20 bis 75 Prozent der Fälle in der Harnblase noch Tumorzellen nachweisbar sind. Um das Rezidivrisiko zu senken, wird daher bei vielen Patienten eine Nachresektion empfohlen. Hierfür sprechen sich die Exper- ten laut KID aus, wenn die erste TUR unvollständig war und möglicherweise Tumorgewebe ver- blieben ist, wenn bei der ersten TUR kein Muskel- gewebe im entnommenen Gewebe zu fin- den war oder wenn bei der histologischen Aufbereitung eine aggressiv wachsende Tumorform fest- gestellt wurde. Die zweite TUR sollte im Idealfall innerhalb von sechs Wochen nach dem ersten Eingriff erfolgen. In seltenen Fällen kann auch beim nicht muskelinvasiven Karzinom eine Teilresektion oder eine komplette Zystektomie notwen- dig sein. Die Indikation hierfür besteht bei sehr hohem Rückfallrisiko aufgrund eines aggressiv wachsenden Tumors mit multi- fokalen Tumorherden. Liegt ein muskelinvasives Karzinom vor, ist eine Teilresektion der Blase und in der Mehr- zahl der Fälle sogar eine radikale Zystektomie einschließlich der Entfernung der Becken- lymphknoten indiziert. Bei Männern werden außerdem die Prostata und die Samenblasen entfernt und die Samenleiter durchtrennt. Bei Frauen werden die Gebärmutter, die Eierstöcke, die Eileiter und ein Teil der Scheidenwand operativ entfernt. Der Urin wird dann häufig über ein zwischen Harnleiter und Bauchwand geschaltetes Darmstück nach außen abgeleitet und in einen auf die Bauchdecke geklebten Beutel entleert (Ileumkonduit). Eine weitere Mög- lichkeit besteht nach Angaben der Deut- schen Krebsgesellschaft in der Ausbildung einer Ersatzblase (Neoblase) aus einem Stück Dünndarm, die an die Harnröhre an- geschlossen wird. Damit wird das Wasser- lassen über den ursprünglichen Weg mög- lich, allerdings mit einer hohen Wahrschein- lichkeit für die Entwicklung einer Harn- inkontinenz. Die Bildung einer Neoblase aus Darmgewebe ist in aller Regel allerdings nicht möglich bei Patienten mit chronischen Darmerkrankungen wie einem Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa. Musste neben der Harnblase auch die Harn- röhre entfernt werden, wird im Allgemeinen ein Pouch gebildet. Dabei wird ein Ende des Darms mit der Bauchdecke verbunden. Über das Stoma wird der Urin mittels eines Neues und Bewährtes aus Medizin, Praxis und Forschung. 95

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