Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 108, Nr. 11, 1.6.2018, (1240) Katheters, der in das Stoma eingeführt wird, entleert. Damit nicht ständig Urin austritt, kann der Pouch mit einem speziellen Ventilmechanismus versehen werden. Eine Alternative ist die Harnableitung über den Enddarm, wenn der Patient über einen gut funktionierenden Schließmuskel verfügt und eine gewisse Menge an Flüssigkeit im Darm halten kann. Neben der Operation ist bei fortgeschrittenen Tumoren eine Chemotherapie und gegebe- nenfalls auch eine Radiotherapie indiziert. Vor allem bei einem bereits metastasierten Tumor sind die Heilungsaussichten allerdings gering. Krebsimmuntherapie Als neue Therapieoption ist die Krebsimmun- therapie auch beim Urothelkarzinom zuge- lassen worden. Es geht bei dem Verfahren darum, das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen den Tumor zu unterstützen. Denn Krebszellen können Immun-Check- points aktivieren, die den Organismus vor überschießenden Immunreaktionen be- wahren. Dadurch wird die Abwehrkraft herunterreguliert und das Tumorwachstum begünstigt. Durch Immun-Checkpoint- Inhibitoren kann versucht werden, diese Entwicklung wieder umzukehren. Solche Krebsimmuntherapeutika bewirken zwar keine Heilung des Tumors, können das Fort- schreiten der Erkrankung aber hemmen und eine signifikante Verlängerung des Überlebens der Patienten bewirken. Christine Vetter Medizinische Fachjournalistin Orale Mukositis Die Behandlung des Harn- blasenkarzinoms richtet sich – wie bei mali- gnen Erkrankungen anderer Lokalisationen – nach der Histologie, dem Tumorstadium und dem Vorhandensein weiterer Faktoren, zum Beispiel einer Metastasierung. Bei je- dem Patienten mit einer Tumorgröße cT2 (lokalisiertes, muskelinvasives Blasenkarzi- nom) sollte die Option einer zusätzlichen neoadjuvanten oder adjuvanten Chemo- therapie in Erwägung gezogen werden, die die Gesamtüberlebensrate und somit die Prognose deutlich verbessert. Bei beiden Ansätzen wird vor allem eine Cisplatin-haltige Kombinationstherapie (Cisplatin/Gemcita- nin/Methotrexat/Vinblastin/Doxorubicin) angewandt. Trotz bemerkenswerter Fort- schritte in der Therapie entwickeln ungefähr 40 Prozent dieser Patienten unter voran- gegangener oder laufender Chemotherapie Nebenwirkungen in der Mundhöhle, wobei bei etwa der Hälfte dieses Kollektivs eine orale Mukositis entsteht (Mundhöhle, Oro- und Hypopharynx; siehe Abbildung), die unter anderem eine Veränderung, Verschie- bung oder gar prognoserelevante Unter- brechung der Therapie verursachen kann. Mukositis-bedingte Schmerzen müssen häufig mit Morphinen behandelt werden, da diese es den Patienten unter anderem er- schweren, Nahrung aufzunehmen, was möglicherweise zur Unterernährung führt. Dies kann mit allgemeinen Gesundheits- risiken einhergehen, einschließlich einer ver- ringerten Immunreaktion und dem poten- ziellen Risiko einer Aspiration von Nahrungs- mitteln aufgrund von Schluckstörungen. Darüber hinaus können Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und eine schlechte Mundhygiene zu einem synergistischen Anstieg der oralen Bakterien und zu einem wiederum erhöhten Risiko für eine Aspira- tionspneumonie führen. Mit zunehmender Langlebigkeit und verbesserter Zahnpflege kann die Zunahme älterer Patienten unter Chemotherapie mit verbliebenen Zähnen und/oder komplexen oralen Prothesen er- wartet werden. Dieses Szenario erhöht die Möglichkeit, dass die komplexe orale Um- gebung in Kombination mit einer verbes- serungswürdigen Mundhygiene zu einer weiteren Exazerbation der oralen Neben- wirkungen beitragen wird. Die unterstützende Rolle des Zahnarztes Basierend auf den aktuellen Leitlinien wird daher die zahnärztlich-supportive Interven- tion als ein wesentlicher Bestandteil der Krebstherapie gesehen. In Studien wurde nachgewiesen, dass die Inzidenz einer auf- grund von Chemo- und Strahlentherapie entstandenen oralen Mukositis unter sorg- fältiger zahnärztlicher Pflege um 70 Prozent reduziert werden konnte. Insbesondere zeigte sich eine prätherapeutische Sanierung möglicher Foci und eine unterstützende Verbesserung der Mundhygiene (inklusive antifugaler Therapie) und Mundfeuchtigkeit sowie die Anwendung lokaler Oberflächen- anästhetika als zielführend. Die Anzahl der Bakterien imMund und somit das Auftreten von Sekundärinfektionen der Mundschleim- haut und des Parodontalgewebes werden reduziert. Regelmäßige Kontrollen können frühzeitig das Ausmaß weiterer Probleme (etwa Schleimhautverletzungen aufgrund von unsachgemäßer Selbstpflege) reduzie- ren. Insbesondere in Krankenhäusern ohne zahnärztliche Versorgungsmöglichkeit oder im Rahmen ambulant durchgeführter Chemo- therapien erscheint daher eine intensivierte Zusammenarbeit mit dem für das Problem sensibilisierten niedergelassenen Zahnarzt notwendig. PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A., FEBOMFS Stellvertretender Klinikdirektor/Leitender Oberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Dr. Dr. Andreas Pabst Assistenzarzt Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Aus Sicht der Zahnmedizin ' urch Chemotherapeutika induzierte orale Mukositis Ausgeprägte orale Mukositis im Gaumen- bereich unter adjuvanter Therapie Foto: Kämmerer 96 Medizin
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=