Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1343) Zugabe von speziellen Oxiden unterbunden. Die nun bei Raumtemperatur metastabil – sozusagen „unfreiwillig“ – vorliegende tetra- gonale Phase ermöglicht den sogenannten Selbstheilungsmechanismus der Transfor- mationsverfestigung [Lange, 1982]: Bei einer belastungsindizierten Rissbildung sind an den Riss angrenzende Kristallite in der Lage, ihr Gitter in die monokline Modifikation umzuwandeln. Dieser Prozess geht mit der zuvor erwähnten Volumenzunahme einher, und die resultierende Druckspannung im Gefüge kann ein Fortschreiten des Risses unterbinden. Die Transformationsverfestigung verleiht dem Zirkoniumdioxid die bereits er- wähnte hohe Risszähigkeit und somit zuvor undenkbare mechanische Eigenschaften. Nicht ohne Grund lautete der Titel der Erstbeschreibung dieses Mechanismus im Fachjournal Nature „Ceramic steel?“ [Garvie, Hannink et al., 1975]. Das Fragezeichen deutet aber bereits an, dass auch diese hochfeste Keramik ihre Grenzen oder vielmehr Besonderheiten hat. Sind herstellungsbedingte Fehlstellen zu groß oder hat die transformierte Schicht eine für das jeweilige Werkstück spezifische kritische Dicke erreicht, kann es auch bei Zirkoniumdioxid-Keramiken zum Versagen kommen. Das Selbstheilungspotenzial scheint also endlich. Außerdem findet im feuchtwarmen Milieu der Mundhöhle auch ohne einwirkende mechanische Belastung die Umwandlung in die monokline Form statt. Man spricht von einer an der Oberfläche beginnenden und sukzessiv linear verlaufenden Alterung des Werkstoffs, der sogenannten Niedertempe- raturumwandlung [Kobayashi, Kuwajima et al., 1981; Keuper, Eder et al., 2013]. Alterung des Implantat-Werkstoffs im Mund? Das klingt nicht besonders vertrauenerweckend. Man geht heute jedoch davon aus, dass diese Alterung bei korrekter Verarbeitung seitens des Herstellers klinisch nicht relevant ist. Dennoch bleibt aber festzustellen, dass man in der keramischen Implantologie mehr als bei ihrem Pendant aus Titan auf firmen- interne Qualitätskontrollen der Prozesskette angewiesen ist. Da heute keine ausreichend angepassten Standards oder Normen vor- liegen, die ein verpflichtendes Mindestmaß an Stabilität und Alterungsresistenz be- schreiben, wird von den Autoren dringend empfohlen, nur Produkte zu verwenden, für die wissenschaftliche Evidenz vorliegt [Spies, Maass et al., 2017]. Wofür gibt es Evidenz? Aktuelle Übersichtsarbeiten belegen, dass Implantate aus Zirkoniumdioxid zur Befes- tigung von Einzelkronen und dreigliedrigen Abbildung 1: Ein dentales Volumentomogramm und ein prothetisches Set-up ermöglichen eine dreidimensionale Planung der Implantation (a und b; SMOP, Swissmeda, Zürich). So soll eine Prothetik-gerechte Positionierung des Implantats gewährleistet werden. Die exemplarische Schiene (c und d; 2INGIS, Brüssel, Belgien) ermöglicht eine hülsenlos geführte Implantation bei guter Sicht auf den OP-Situs (Operateur: Dr. S. Schnutenhaus). Fotos: De Moyer und Dr. Schnutenhaus 31

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