Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1354) dass das parodontale Attachment intakt bleibt, als sei der Zahn noch an Ort und Stelle. Klinische Erfahrungen haben gezeigt, dass dadurch bisher unerreichte ästhetische Resul- tate im Rahmen von Implantatbehandlungen erzielt werden können, was vermutlich der Grund für die zunehmende Popularität bei vielen Klinikern ist. Besonders zu beachtende Vorteile sind neben dem ästhetischen Poten- zial die reduzierte Invasivität, die geringeren Kosten und die niedrigere Patientenmorbi- dität, da auf Augmentationen und Ersatz- material komplett verzichtet werden kann. Wie bei jeder neuen Technik muss auch das Prinzip der Socket-Shield-Technik im Sinne der Patienten kritisch hinterfragt werden: Das Belassen von Wurzelteilen erscheint auf den ersten Blick fraglich. Im Kontext tierex- perimenteller Studien konnte bei Anwendung der Technik der Erhalt der bukkalen parodon- talen Strukturen – insbesondere der bukka- len Lamelle – auf histologischer Ebene, als auch die volumetrische Stabilität der invol- vierten Strukturen, dokumentiert werden [Hürzeler et al., 2010; Baumer et al., 2015]. Die Implantate zeigten hier eine physiologische Osseointegration mit Zementneubildung im koronalen Anteil und echtem parodontalem Attachment. Hinweise auf Entzündungen oder Resorptionen wurden nicht gefunden (Abbildungen 10 bis 13). Auch klinische, wissenschaftlich dokumen- tierte Daten sind zunehmend verfügbar. In der jüngsten Vergangenheit haben ver- schiedene Autoren in klinischen Fallberichten von positiven Resultaten hinsichtlich Kom- plikationslosigkeit und ästhetischem Resul- tat berichtet [Kan and Rungcharassaeng, 2013; Cherel and Etienne, 2014; Holbrook, 2014; Siormpas et al., 2014; Lagas et al., 2015; Baumer et al., 2015; Petsch et al., 2017]. Klinische Studien mit längeren Beob- achtungszeiträumen und größeren Fall- zahlen bestätigen die bisherigen positiven Beobachtungen [Gluckman et al., 2017; Baumer et al., 2017; Siormpas et al., 2014], machen aber auch deutlich, dass weitere Untersuchungen auf höchstem Evidenz- niveau erforderlich sind. Basierend auf den positiven Ergebnissen der vergangenen acht Jahre ist es die Aufgabe für die Zukunft, mehr Informationen bezüglich biologischer Lang- zeitkomplikationen zu sammeln. Neben der Unbedenklichkeit der Technik muss auch die Langzeitstabilität des ästhetischen Out- comes evaluiert werden. Schließlich wird es auch die Aufgabe sein, einen Konsens in der empfohlenen chirurgischen Vorgehensweise zu finden. Fazit Folglich kann die Anwendung der „Socket Shield“-Technik momentan für den klinischen Alltag noch nicht empfohlen werden. Basie- rend auf positiven ästhetischen Resultaten und der gegenwärtig verfügbaren Evidenz ist jedoch ein großes Potenzial erkennbar, was weitere Nachforschungen lohnend er- scheinen lässt. Im Sinne von Patient und Behandler wäre es wünschenswert, dass sich die Technik lang- fristig als praxisreif erweist, da sie die be- kannten Vorteile der Sofortimplantation – geringere Invasivität und günstiges Kosten- Nutzen-Verhältnis – mit einer besseren Vor- hersagbarkeit bezüglich des ästhetischen Resultats bietet. Dr. Daniel Bäumer Südliche Auffahrtsallee 64 80639 München daniel@dr-baeumer.com Dr. Otto Zuhr Prof. Dr. Markus Hürzeler Hürzeler/Zuhr – Praxis für Zahnheilkunde Rosenkavalierplatz 18, 81925 München o.zuhr@huerzelerzuhr.com m.huerzeler@huerzelerzuhr.com Abbildung 14: klinischer Fall: vor Extraktion von Zahn 11 Dr. Daniel Bäumer 2005–2010: Studium der Zahnheilkunde in Heidelberg, 2010: University of Minnesota, School of Dentistry, Auslandsstudium, 2008–2010: Neurologische Klinik, Heidelberg, Promotion, 2010–2012: LMU München, Poliklinik für zahnärztliche Prothetik, 2012–2015: Praxis Prof. Dr. Markus Hürzeler & Dr. Otto Zuhr, München, Forschungs- und Lehreinrichtung der Universität Frankfurt, Weiterbil- dungsassistent Parodontologie, 2015–2016: Praxis Dr. Gerd Körner & PD Dr. Amelie Bäumer, Bielefeld, Weiter- bildungsassistent Parodontologie, 2016–2017: University of Florida, Department for Oral & Maxillofacial Surgery, Center for Implant Dentistry, Gainesville, ITI Scholar, aktuell: in privater Praxis in München Porträt: privat 42 Fortbildung Implantologie

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