Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1364) quenz von Zwischenmahlzeiten nach dem Durchbruch der ersten Zähne geht mit einem erhöhten Kariesrisiko einher. Während die Beziehung zwischen Frühgeburtlichkeit und dem Auftreten von Schmelzstrukturstörungen (Developmental Defects of Enamel – DDE) sowie zwischen DDE und einem Kariesbefall gut dokumentiert ist [Jacobsen et al., 2014; Vargas-Ferreira et al., 2015], wird die Asso- ziation zwischen Frühgeburtlichkeit und Karies widersprüchlich beschrieben. Einige Studien fanden keine Assoziation [Shulman, 2005; Tanaka und Miyake, 2014], andere ermittelten ein höheres Kariesrisiko [Saraiva et al., 2007; Nelson et al., 2010] oder eine negative Beziehung [Nirunsittirat et al., 2016]. Um den Kenntnisstand zur Mundgesundheit von Frühgeborenen im Vergleich zu Reif- geborenen zu verbessern, wurden in einer Fall-Kontroll-Studie drei- bis vierjährige Je- naer Kinder aus beiden Gruppen untersucht [Schüler et al., 2017a]. Dabei wurden unter anderem mütterliche und kindliche Risiko- faktoren, die einen Einfluss auf die orale Ge- sundheit der Kinder haben, erfasst. Wesent- liche Ergebnisse der Mundgesundheit beider Gruppen sind in Tabelle 1 vergleichend dar- gestellt. Drei- bis vierjährige Frühgeborene hatten signifikant häufiger Schmelzstruktur- störungen und signifikant mehr struktur- gestörte Zahnflächen. Abgegrenzte und dif- fuse Opazitäten sowie Hypoplasien traten vor allem an den Milchmolaren, den mittle- ren Milchfront- und den Milcheckzähnen auf, während bei Reifgeborenen vorrangig die mittleren Milchfrontzähne und die zwei- ten Milchmolaren betroffen waren (Abbil- dungen 1 und 2). Bei vergleichbarer Karies- prävalenz wurden jedoch signifikant mehr unversorgte kariöse Läsionen bei den früh geborenen Kindern beobachtet (Tabelle 1). Weiterhin wiesen Frühgeborene signifikant häufiger Plaque und einen schwereren Pla- quebefall (PI) als Reifgeborene auf. Die Gin- givitisprävalenz und der mittlere PSI waren bei den zu früh geborenen Kindern ebenfalls signifikant höher; es zeichnete sich eine starke Korrelation zwischen dem Plaquebefall und dem PSI ab (r =1; p <0,001). Die Untersuchung zum Einfluss des Geburtsgewichts auf die Mundgesundheit zeigte, dass Frühgeborene ein höheres DDE- (OR 7,5), Karies- (OR 7,0) und Gingivitisrisiko (OR 6,5) als Reifgeborene aufwiesen (Tabelle 2). Die höchsten Risiko- Einfluss des Geburtsgewichts auf die Mundgesundheit von 3- bis 4-jährigen Jenenser Frühgeborenen Geburtsgewicht Alle Frühgeborene Niedriges Geburtsgewicht < 2.500g Sehr niedriges Geburts- gewicht < 1.500g Extrem niedriges Geburts- gewicht < 1.000g Tabelle 2, Quelle: [Schüler et al., 2017a] *statistisch signifikanter Unterschied; OR (Odds Ratio) gibt an, mit wieviel höherer Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ereignis eintritt % (N) 100 (64) 68,8 (44) 14,1 (9) 17,2 (11) Schmelzstrukturstörungen OR [95% KI] 7,5* [3,37–16,64] 6,2* [2,64–14,72] 4,9* [1,15–20,88] 39,2* [4,6–334,66] Karies OR [95% KI] 7,0* [2,88–17,01] 5,8* [2,26–15,07] 14,0* [2,91–67,39] 8,4* [2,07–34,03] Gingivitis OR [95% KI] 6,5* [3,0–14,4] 5,7* [2,4–13,3] 7,8* [1,7–35,7] 10,5* [2,4–45,0] Mundgesundheit von 3- bis 4-jährigen Jenenser Frühgeborenen im Vergleich zu Reifgeborenen Schmelzstrukturstörung (DDE) % (n Kinder) [95% KI] Schmelzstrukturstörung (DDE) % (n Flächen) [95% KI] Kariesprävalenz % (n Kinder) [95% KI] Kariesbefall (dmft) MW (SD) Unversorgte kariöse Läsionen (dt) MW (SD) Plaque Index (PI) > 0 % (n Kinder) [95% KI] Plaque Index (PI) MW (SD) Gingivitisprävalenz % (n Kinder) [95% KI] PSI MW (SD) Tabelle 1, Quelle: [Schüler et al., 2017a] *statistisch signifikanter Unterschied Frühgeborene (FG) 65,6* (42) [53,7–77,6] 4,3* (243) [3,8–4,9] 17,2 (11) [7,7–26,7] 1,0 (3,1) 0,7* (2,5) 60,9* (39) [48,7–73,2] 0,8* (0,8) 62,5* (40) [50,3–74,7] 0,7* (0,5) Reifgeborene (RG) 20,3* (13) [10,2–30,4] 0,7* (42) [0,5–1,0] 10,9 (7) [3,1–18,8] 0,3 (1,0) 0,1* (0,7) 23,4* (15) [12,8–34,1] 0,3* (0,5) 20,3* (40) [10,2–30,4] 0,2* (0,4) 52 Zahnmedizin

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