Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12
zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1387) dafür aufgenommen haben, sind durch Til- gung schon auf 600.000 Euro gesunken. Dieser Schritt hat sich gelohnt, denn seit- dem steigen Einnahmen und Gewinne kon- tinuierlich. So erwirtschafteten sie im Jahr 2017 insgesamt Einnahmen von rund 3,5 Millionen Euro und einen Gewinn von rund 950.000 Euro, das heißt anteilig 475.000 Euro für jeden von ihnen. Damit gehören sie zu den profitabelsten Praxen. Denn nur 10,8 Prozent aller Praxisinhaber erzielen einen Gewinn von über 250.000 Euro pro Jahr. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die beiden die Früchte ihres langen Arbeits- lebens ernten und die Praxis in neue Hände übergeben wollen. Doch leicht ist das nicht, denn nur wenige Kollegen haben die finan- ziellen Mittel und den unternehmerischen Mut, in eine so außergewöhnlich erfolgreiche Praxis einzusteigen und den angemessenen hohen Preis zu zahlen. Nach längerem Suchen liegt den beiden ein Angebot von zwei jungen Kollegen und einer Kollegin vor. Sie wollen die Praxis für 2,25 Millionen Euro kaufen (750.000 Euro je Übernehmer). Außerdem würden sie zusätzlich noch den Kredit von 100.000 Euro für den gerade an- geschafften DVT übernehmen. Die Finanzie- rung ist sichergestellt, weil die Übernahme- interessierten Zahnärzte über die gleiche Bank finanzieren möchten, die seit Jahren die Hausbank der beiden Abgeber ist. In Kenntnis der Verhältnisse beider Parteien würde die Hausbank gerne in die Finanzie- rung einsteigen. Während dieser Übernahmeverhandlungen nimmt ein Investor Kontakt zu den beiden Zahnärzten auf. In der Hoffnung, vielleicht doch noch einen höheren Verkaufspreis zu erzielen, fordern sie 4 Millionen Euro. Sie werden positiv überrascht, denn der Ver- mittler winkt nicht gleich ab. Er hält den Preis für ambitioniert, aber 3,6 Millionen Euro für darstellbar (siehe Tab. 1). Bei einem Gewinn von 950.000 Euro und zwei Praxis- inhabern entspräche dies einem Multiple von 8. Er betont noch, dass damit die Schmerzgrenze des Investors erreicht sei, und bemerkt eher beiläufig, dass die Praxis- zahlen natürlich noch überprüft werden müssten, womit er „auf keinen Fall“ deren Richtigkeit anzweifeln wolle. Die beiden Zahnärzte sind zufrieden. Die Gespräche verlaufen angenehm. Man möchte gerne weiterkommen. Im nächsten Schritt will der Investor Anwälte und Wirtschafts- prüfer beauftragen, die Praxisverträge und -zahlen zu sichten und zu prüfen. Als Zeichen der Ernsthaftigkeit des Interesses der beiden Zahnärzte lässt der Investor sich einen „Letter of Intent“ mit Exklusivitäts- vereinbarung unterschreiben. Damit bleiben andere Interessenten erst einmal außen vor. Prüfungsphase: Zahlen, Fakten, Verträge Die Zahnärzte stimmen zu, die drei Kollegen mit ihrem Angebot von 2,25 Millionen Euro sind aus dem Spiel. Vom Investor beauftragte Anwälte durchforsten nun sämtliche Verträge. Die beiden Praxisinhaber sind überrascht, wie viele Verträge hierbei relevant sind. Die Anwälte finden unter anderem eine Rückbau- verpflichtung in dem neuen Mietvertrag, die eine Rückstellung von 80.000 Euro erfor- dert. Parallel arbeiten sich Wirtschaftsprüfer durch sämtliche Praxiszahlen. Statt des nachhaltigen Gewinns von 950.000 Euro errechnen sie 860.000 Euro. Nach Abzug fiktiver Gehälter für die beiden Praxis- inhaber (2 x 250.000 Euro) verbleiben noch 360.000 Euro. Dies ergibt einen Wert der Praxis von 2,88 Millionen Euro. Davon muss noch die Rückstellung für die Rückbauver- pflichtung aus dem Mietvertrag von 80.000 Euro abgezogen werden. In dieser Zeit leidet die Arbeit der beiden Zahnärzte unter den vielen Zuarbeiten und Rückfragen der Prüfer. Gleichzeitig ent- stehen hohe Beratungskosten für die eigenen Anwälte und Steuerberater, die die beiden Praxisinhaber mit der Vertretung ihrer Interessen gegenüber dem Investor beauftragt haben. Für den Investor hat sich der Aufwand gelohnt. Der Wert ist auf dem Papier um 800.000 Euro auf 2,8 Millionen Euro gesunken, ohne dass die Argumentation (Multiple 8) aufgegeben werden musste. Der Vermittler betont aber, dass die Ergeb- nisse der Anwälte und Wirtschaftsprüfer die Investoren doch verunsichert hätten. Des- halb sei ein Multiple 8 nur weiter darstellbar, wenn die beiden Abgeber noch zwei Jahre „eingebunden“ würden – als Gesellschafter/ Geschäftsführer. Als Geschäftsführergehalt werden jeweils 250.000 Euro pro Jahr ange- boten. Erst bei der abschließenden Vertrags- verhandlung erkennen die beiden Praxis- inhaber, dass 50.000 Euro davon nur ge- zahlt werden, wenn die vereinbarten Ziele erreicht werden. Und: Der geldwerte Vorteil des Dienstwagens kürzt das, was beim an- gestellten Zahnarzt an Gehalt ankommt. Netto bleiben jedem von ihnen vom Gehalt 9.000 Euro im Monat. Im Vergleich: Bisher haben sie sich jeden Monat 30.000 Euro entnommen. Darüber hinaus bietet man jedem der bei- den Zahnärzte an, sich mit 10 Prozent an der neuen MVZ GmbH zu beteiligen. Dabei handelt es sich eigentlich nicht um ein Angebot, sondern um eine freundlich ver- packte Bedingung, der sich die Zahnärzte zum jetzigen Zeitpunkt der Verhandlungen kaum mehr entziehen können. Das endgültige Angebot: versteckte Knebel Von den ursprünglich erhofften 3,6 Millio- nen Euro ist man weit entfernt. Die beiden Zahnärzte verkaufen „die Praxis“ (Praxis, So berechnet der Investor den Praxiswert Übertragbare Praxiseinnahmen ./. übertragbare Praxisausgaben = nachhaltiges Ergebnis gem. § 4 (3) EStG ./. (kalk.) Gehälter für zwei Praxisinhaber 2 x 250 TEUR = übertragbarer Gewinn x Multiple (5–10) = Wert der Praxis* Tabelle 1, Quelle: Bischoff * Wert inkl. Einrichtung, Geräte, „normaler Forde- rungsbestand“. Den Wert kürzen noch zu über- nehmende Verbindlichkeiten und Rückstellungen. TEUR 3.500 2.550 950 500 450 x8 3.600 75
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