Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1401) Nasenbluten?“) bei Vorliegen derartiger Gefäßveränderungen bereits eine Verdachts- diagnose stellen. Zur Diagnosesicherung ist es sinnvoll, über die Selbsthilfegruppe (www.morbus-osler.de ) den Kontakt zu Zentren oder Ärzten mit Expertise auf diesem Gebiet zu suchen. Seit 1991 ist bekannt, dass es durch die Bak- teriämie im Rahmen von Zahnbehandlungen beim Morbus Osler zu Abszessen kommen kann [Mohler, 1991]. Der wesentliche Grund hierfür ist wahrscheinlich das Vorliegen von pulmonalen arteriovenösen Malformationen (PAVM). Diese finden sich bei 15 bis 50 Prozent der Betroffenen mit M. Osler [Faughnan, 2011]. Es handelt sich um einen zentralen Shunt ähnlich den kardialen Shunts. Im Gegensatz zu den meisten kar- dialen Shunts werden bei PAVM Bakterien oder Thromben jedoch entlang des Druck- gradienten vom kleinen in den großen Kreislauf verschleppt. Wahrscheinlich ist da- durch die Gefahr von paradoxen Embolien deutlich erhöht. In der Folge treten besonders Hirninfarkte, Hirnabszesse und extra-kranielle Infektionen auf – wie in diesem Fall die Leberabszesse [Musso, 2014] (Abbildungen 2 und 3). Diese entzündlichen Komplikationen treten auch mit einer zeitlichen Latenz von mehreren Wochen auf [Mohler, 1991]. Da Lungengefäßmissbildungen ansonsten oft asymptomatisch sind, werden sie auch als „tickende Zeitbomben“ bezeichnet, die sich meist einfach mittels perkutaner Katheter- embolisation „entschärfen“ lassen. Ein Screening auf Lungengefäßmissbildungen (PAVM) wird deshalb international bei allen Patienten mit gesichertem oder möglichem Morbus Osler empfohlen. Außerdem empfehlen die internationalen Richtlinien eine antibiotische Prophylaxe bei allen Eingriffen mit potenzieller Bakteriämie entsprechend den aktuellen Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe bei allen M.-Osler-Patienten, bei denen PAVM bisher nicht ausgeschlossen wurden [Faughnan et al., 2011]. Der hier dargestellte Fall verdeut- licht die Bedeutung dieser Maßnahme, die die aufgetretene Komplikation wahrschein- lich hätte verhindern können. Vonseiten der Morbus-Osler-Selbsthilfe wer- den Ausweise zu diesem Sachverhalt kosten- los zur Verfügung gestellt. Abbildung 1: Zustand nach Wurzelbehandlung: Nach der professionellen Zahnreinigung im Intervall traten drei Episoden mit Schüttelfrost und Schwäche auf, das Allgemeinbefinden verschlechterte sich zuneh- mend und der Patient verlor 10 kg an Gewicht. Abbildung 2: Punktion des Leberabszesses links im Bild: Dieser ist wahrscheinlich durch die Bakteriämie bei der prophylak- tischen Zahnreinigung entstanden. Bei Lungengefäßmissbildungen (pulmonale arteriovenöse Malformationen, PAVM) fehlt die Filterfunktion der Lunge für Bakterien und embolisches Material, daher lautet die Empfehlung, bei allen M.-Osler-Patienten, bei denen Lungengefäßmissbildungen nicht ausgeschlossen wurden, eine prophy- laktische Antibiose bei allen Eingriffen mit potenzieller Bakteriämie entsprechend den aktuellen Empfehlungen zur Prophylaxe der infektiösen Endokarditis zu geben.

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