Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 108, Nr. 12, 16.6.2018, (1404) Euler wurde am 13. Mai 1878 im pfälzischen Karlsberg geboren [Staehle/Eckart, 2005; Maretzky, 1961; Zilkens, 1961; Harnisch, 1961; Wasserfuhr, 1969]. Nachdem er 1897 in Landau die Hochschulreife erlangt hatte, schrieb er sich in Erlangen für das Studium der Medizin ein – zunächst mit dem Ziel, Psychiater zu werden. Nach Stationen an den Universitäten Heidelberg und Freiburg absolvierte er 1902 sowohl die ärztliche Prü- fung als auch seine Promotion mit bestem Erfolg. Es folgte eine Tätigkeit als Assistenz- arzt an der Mittelfränkischen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen. 1904 nahm Euler ein Zweitstudium der Zahnheilkunde auf, das er 1905 mit der Note „sehr gut“ abschloss. Bis 1911 war er dann als Assistent am Zahn- ärztlichen Universitätsinstitut in Heidelberg tätig, wo er sich 1907 mit der Arbeit „Pulpentod, natürliche und synthetische Nebennierenpräparate“ für das Fach Zahn- heilkunde habilitierte. 1911 wurde er außer- ordentlicher Professor an der Universität Erlangen. 1915 publizierte er mit Gottlieb Port das „Lehrbuch der Zahnheilkunde“, das unter dem Namen „Port-Euler“ jahrzehnte- lang als Standardwerk galt und Euler zu einer vielzitierten fachlichen Größe werden ließ [Port/Euler, 1951]. 1921 erlangte er ein Extraordinariat für Zahnheilkunde an der Universität Göttingen; hier wurde er 1922 zum ordentlichen Professor ernannt. 1924 wechselte Euler als Direktor an das Zahn- ärztliche Institut der Universität Breslau, wo sich sein Aufstieg zum wirkmächtigsten zahnärztlichen Hochschullehrer seiner Zeit vollzog. Bereits 1928 wurde Euler Präsident der heutigen DGZMK – ein Amt, das er auch im „Dritten Reich“ behielt und das enge Ab- sprachen mit Reichszahnärzteführer Ernst Stuck bedingte. 1930 sowie von 1933 bis 1936 amtierte er zudem als Dekan der Medizinischen Fakultät in Breslau. Nach dem Zweiten Weltkrieg schien Eulers Karriere ins Wanken zu geraten [Staehle/ Eckart, 2005 und 2008]: 1945 wirkte er kurzzeitig als Gastprofessor an der Univer- sität Leipzig, wurde dort jedoch bereits im November 1945 wieder entlassen. 1946 wurde er in Coburg in einem Spruch- kammerverfahren als Mitläufer eingestuft, und 1947 konnte er auf Vermittlung seines Kollegen und Freundes Karl Zilkens einen Lehrauftrag an der Universität Köln wahr- nehmen, der ihm half, fachlichen Anschluss zu finden, bevor er 1949 erneut (zunächst vorläufig) zum Präsidenten der rekonstitu- ierten DGZMK gewählt wurde. Jenes Amt bekleidete er wiederum bis 1954 [Groß/ Schäfer, 2009]. In dieser Zeit publizierte er weitere Fachbücher, unter anderem zur „Karies-Ätiologie“ [Euler, 1948], zur Be- handlung und Verhütung des Gebissverfalls [Euler, 1950a und b] und zur Behandlung des devitalen Zahnes [Euler, 1951]. 1949 veröf- fentlichte er seine Memoiren [Euler, 1949]. In den Folgejahren erfuhr Euler hochrangige Ehrbezeugungen, etwa das Große Ver- dienstkreuz der Bundesrepublik Deutsch- land, die Ehrenpräsidentschaft der DGZMK, die Gründung einer „Hermann-Euler-Gesell- schaft“, die Stiftung und Etablierung der „Hermann-Euler-Medaille“ durch die DGZMK, die Ehrung mit dem hochangesehenen Miller-Preis und ein Ehrendoktorat der Uni- versität Leipzig. Hinzu kam eine insgesamt zweistellige Zahl von Ehrenmitgliedschaften in Fachgesellschaften des In- und Auslands [Groß et al., 2016]. Euler starb am 17. April 1961 als interna- tional hoch angesehener Hochschullehrer. Bereits im Jahr nach seinem Tod (1962) gab die „Fédération Dentaire Internationale“ eine Gedenkmedaille für Hermann Euler heraus. Zu Eulers Schülern gehörten so einfluss- reiche Ordinarien wie Carl-Heinz Fischer, Rektor der Heinrich-Heine Universität Düs- seldorf, und Reinhold Ritter, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Hei- delberg und Ehrenmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie“ wie auch der „Vereinigung der Hochschullehrer für ZMK-Heilkunde“ [Groß et al., 2016; Kristen, 1983]. „Sich der Möglichkeiten im Reich würdig erweisen“ Der Ruhm Eulers in der Nachkriegszeit steht in auffälligem Kontrast zu seiner Rolle im „Dritten Reich“ [Groß et al., 2016]: Euler war seit 1933 Mitglied im Nationalsozialis- tischen Lehrerbund (NSLB), seit 1934 Mit- glied in der Nationalsozialistischen Volks- wohlfahrt (NSV), dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) und dem National- sozialistischen Altherrenbund, seit 1937 (nach Aufhebung der Mitgliedssperre) Mit- glied in der NSDAP sowie seit 1938 Mitglied Wegbereiter der Zahnheilkunde – Teil 17 Hermann Euler – der enttarnte DGZMK-Präsident Als Koautor des damaligen Standard-„Lehrbuch der Zahnheilkunde“ etablierte sich Hermann Euler (1878–1961) als fachliche Kapazität, dann wurde er – inter- national hoch angesehen – der wirkmächtigste Hochschullehrer seiner Zeit. Von 1928 bis 1945 und von 1949 bis 1954 war er, länger als jeder andere, Präsident der DGZMK. Später kam heraus, dass er in seiner Autobiografie, die sein Bild auf Jahrzehnte geprägt hatte, seine Rolle im Dritten Reich geschönt hatte. Foto: zm-Archiv Der QR-Code führt zu den anderen Teilen der Serie „Wegbereiter der Zahnheilkunde“ 92 Gesellschaft

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=