Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 108, Nr. 13, 1.7.2018, (1566) Praxen können in dieses Konstrukt einge- bunden werden. Die bisherige Einzelpraxis wird dann für einen Anteil an der BAG ge- tauscht. Ohne Teamgeist kein Erfolg Eine Beteiligung von Partnern stößt bei Zahnärzten mit ausgeprägtem freiberuf- lichen Naturell nicht automatisch auf Gegenliebe. Wer sich aber auf ein Frei- berufler-Konzept einlassen möchte, muss sich im Klaren sein: Ausgeprägter Team- geist, die Fähigkeit Themen auf Augenhöhe zu diskutieren und Kompromiss-Entschei- dungen gelten zu lassen sind unbedingte Erfolgsfaktoren. Hier nur einige der üblichen Diskussions- punkte: Akzeptieren alle beteiligten Zahn- ärzte das Konzept und die einheitliche Lei- tung durch einen Kollegen – auch innerlich? Dies ist vor jedem Neueinstieg, aber auch danach immer gründlich und für beide Seiten klar abzuklären. Oder: Welchen Wert hat die einzubringende Praxis? Hier weichen die Kalkulationen der Alt-Gesellschafter und der neueintretenden Einbringen- den naturgemäß deutlich voneinander ab – wie übrigens auch in Gesprächen mit In- vestoren. Ebenso führen unterschiedliche Vorstellungen von der Unternehmensführung und der Expansionsstrategie unter den Gesellschaftern – auch nach dem Einstieg – häufig zu Diskussionen darüber, ob man weiterwachsen oder jetzt erst einmal konso- lidieren soll? Und wenn man weiterwachsen will, in welche Richtung? Erwartungen der Jungen Junge Zahnärzte, die sich mit eigenem Geld einbringen, sind mit Herzblut dabei. Sie sind nicht weisungsgebundene Arbeitnehmer, sondern wirklich Partner in einem erfolg- reichen Verbund von Kollegen, die gemein- sam nach Erfolg streben. Das heißt, ihr unternehmerisches Risiko ist geringer als in der Einzelpraxis bei gleichzeitig besseren Erfolgsaussichten. Sie erwarten für ihre Bar- einlage zumindest, dass sie „realistisch“ mit einem Gewinnanteil rechnen können, der über ihrem Angestelltengehalt (zuzüglich 20 Prozent für Arbeitgeberanteil für Sozial- versicherung) und Zins und Tilgung für den Kredit für die Finanzierung der Geldeinlage liegt. Langfristig erwarten junge Zahnärzte heute, dass ihr Gewinnanteil mindestens dem durchschnittlichen Gewinn vor Steuern eines Zahnarztes entspricht (steuerliche Einnahmen-Überschussrechnung je Inhaber 2015, alte Bundesländer, Einnahmen-Über- schuss, 163.200 € , vgl. KZBV-Jahrbuch 2017, S. 126). Das folgende Beispiel zeigt, wie gerechnet wird: Dr. Dent hat ein Gehalt von 5.000 Euro. Der Arbeitgeber trägt für ihn Sozial- abgaben in Höhe von 1.000 Euro pro Monat. Für seine Beteiligung soll Dr. Dent 250.000 Euro bezahlen. Dafür betragen Zins und Tilgung überschlägig 2.500 Euro pro Monat bei einer 10-jährigen Finanzie- rung (etwa 1 Prozent pro Monat). Erwartet Dr. Dent auf Dauer einen Gewinn von 90.190 Euro, so ist diese Beteiligung für ihn finanziell interessant. Erwartet er aber 110.110 Euro, so würde er sich finanziell verschlechtern bei höherem Risiko. Warum sollte er dafür einen Kredit von 250.000 Euro aufnehmen? Bei weiterhin starkem Frauenanteil im Berufsstand und zunehmendem Erziehungs- wunsch der Männer erwarten Zahnärzte mit jungen Kindern, weniger zu arbeiten, ohne die Selbstständigkeit aufgeben zu müssen. In einem „Freiberufler-Konzept“ sind ja ge- nügend Kollegen vorhanden, die Fehlzeiten abfedern können. Im Partnerschaftsvertrag kann der „Familien-Fall“ fair und sach- gerecht geregelt werden (zum Beispiel bei der Gewinnverteilung). Es muss dabei aber sichergestellt bleiben, dass sich für jeden Gesellschafter ein großer persönlicher Ein- satz lohnt. Erwartungen der Alten Alt-Gesellschafter werden einer Erweiterung des Gesellschafterkreises nur zustimmen, wenn sie sich davon deutlich höhere Gewinnanteile versprechen beziehungsweise wenn sich der Wert ihres Anteils bei einem späteren Austritt zumindest nicht senkt. Ein zusätzliches Motiv kann auch sein, dass die Alt-Gesellschafter Sorge haben, ohne die Erweiterung „im Markt“ zurückzufallen. Ähnlich liegt die Interessenlage bei Zahn- ärzten, die ihre Praxis einbringen. Gerade ältere Berufsträger können dadurch ver- suchen, ihren Ausstieg aus dem Beruf schon frühzeitig abzusichern. Ausblick Auch in diesen Zeiten des Umbruchs bieten sich Freiberuflern mit Unternehmergeist reale Wachstumschancen. Allerdings sollten sie sich bewusst sein, dass sie in Konkurrenz zu kapitalstarken Investoren stehen und ihr Wettbewerbsvorteil vor allem in ihrer zahnmedizinischen Kompetenz begründet liegt. Die Investoren ihrerseits werden versuchen, schnelles Wachstum zu erreichen, starke Marktpositionen aufzubauen und den Wettbewerbsdruck besonders in größeren Städten zu erhöhen. Darüber hinaus wer- den Zentren, die mithilfe großer Marketing- Etats aufwendig beworben werden, die Wahrnehmung der Patienten verändern und könnten dazu führen, dass Größe als Qualitätsmerkmal verstanden wird. Andererseits bieten große Zentren den- jenigen, die lieber angestellt arbeiten wol- len, bessere Möglichkeiten. Auch Zahnärzte, die ihre Praxis abgeben wollen, sehen in den aktuellen Marktentwicklungen eine Option ihre berufliche Tätigkeit zu beenden, indem sie an den Investor statt an den Kollegen verkaufen. Im Investorengeschäft unerfahrene Praxis- inhaber – das sind die meisten Zahnärzte – sollten in jedem Fall vorsichtig sein und sich erst einmal mit den Spielregeln des Ge- schäfts vertraut machen. So berechenbar wie der freiberufliche Kollege ist ein Investor sicher nicht – zudem steht ja auch einiges auf dem Spiel. 86 Praxis
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