Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1622) Abklärung der näheren Umstände einen Hausbesuch vereinbaren. \ Hausbesuche: Ein Gewinn in jeder Hinsicht! Der Hausbesuch erlaubt ohne großen Auf- wand die Abwägung, ob überhaupt und – wenn ja – wo und wie eine Behandlung durchgeführt werden sollte. Vor Ort lassen sich bereits viele Fragen klären und kleinere Behandlungsmaßnahmen wie das Entfernen von Druckstellen oder die Unterfütterung von Prothesen ohne einen aufwendigen und belastenden Transport durchführen. Die Berufsordnung regelt klar, dass medizinisch nicht vertretbare Behandlungen nicht durch- geführt werden müssen. Holt man einen Pa- tienten mit großem Aufwand in die Praxis, neigt man dazu, auch solche Behandlungen vorzunehmen, die nach Abwägung der all- gemeinmedizinischen Risiken selbst im Set- ting der Praxis nicht sicher durchgeführt werden können. Ist ein Transport angezeigt, gilt die seit Mai 2016 geänderte Richtlinie zur Krankenbeförderung. \ Anamnese – muss ich gleich alles wissen? Wie in der Zahnarztpraxis üblich, möchten viele von uns auch bei pflegebedürftigen Menschen von Anfang an alle Informationen bezüglich Allgemeinerkrankungen und Me- dikamenteneinnahme – unabhängig davon, ob nur eine Klammer an der Prothese aktiviert oder eine invasive Behandlung geplant werden muss. Weniger belastend für alle Beteiligten ist es, die notwendigen Informationen gestuft und nach Bedarf zu erfassen. \ Barrieren – eine Frage der Perspektive? Barrierefreiheit beginnt im Kopf und ist viel mehr als nur der schwellenlose Zugang zur Praxis. Grundsätzlich sollten Patienten nur dann in die Praxis geholt werden, wenn der Aufwand und die Invasivität des Eingriffs dies erforderlich machen. Gerade bei zu- nehmender Gebrechlichkeit sind solche Ein- griffe kritisch zu hinterfragen. Denn mehr als die instrumentelle Ausstattung und Arbeitsumgebung ist der allgemeinmedizi- nische Zustand des betroffenen Patienten ausschlaggebend dafür, ob eine Behand- lung durchgeführt werden kann. Wenn es sinnvoll und geboten ist, lassen sich aber selbst Treppenstufen elegant überwinden. \ Kompetenz: Konflikte und Notfälle vermeiden! Kompetenz im Zugang und Umgang mit demenziell erkrankten Menschen (Validation) ist die Grundvoraussetzung, um Konflikte und Notfälle zu vermeiden. Die Basis ist da- bei eine ruhige, eher von unten gerichtete Ansprache im Blickfeld des Patienten mit eher tiefer Stimmlage und zurückhaltendem Körperkontakt. Kurze einfache Sätze, Lob, immer wieder den Namen des Patienten nennen und dabei ein freundliches Gesicht – dies sind die wesentlichen Merkmale guter Kommunikation. Aktuelle Bedürfnisse und Stimmungen dürfen, ja sollen sogar erspürt und gerne angesprochen werden – demen- ziell erkrankte Menschen fühlen sich da- durch besser verstanden. „Warum“-Fragen sollten vermieden werden, weil diese Kon- flikte provozieren können. In der Praxis sollten die betroffenen Menschen begleitet und einzelne Schritte angeleitet werden. Die Einbindung von vertrauten Dingen beziehungsweise Menschen spen- det Sicherheit. Grundsätzlich gilt: Nichts erzwingen! Pausen oder gar die Beendung einer Behandlung führen manchmal schnel- ler zum Ziel. Bei Terminvereinbarungen soll- ten die Wünsche der Patienten Beachtung finden. So kann nahezu jede Behandlung ohne großen Widerstand gelingen. Bei multimorbiden Menschen ist das Wissen um allgemeinmedizinische Erkrankungen besonders wichtig. Bei Herz-Kreislauf-Er- krankungen ist beispielsweise allein eine behutsame Lagerung in Teilschritten manchmal schon ausreichend, um Notfall- situationen vorzubeugen. Vor allem bei Gebrechlichkeit treten vermehrt Schluck- Barrierefreiheit ist viel mehr als ein schwellen- loser Zugang zur Praxis – für den Zugang zur Praxis können Treppensteighilfen aber eine gute Idee sein. Foto: Ludwig, mit freundlicher Genehmigung des Quintessenz-Verlags Grafik aus der DMS V-Studie zur Mundgesundheit von älteren Senioren: Wichtige Hinweise: 1. Die hellblauen Balken zeigen nicht die älteren Senioren ohne Pflegebedarf, sondern umfassen alle älteren Senioren. Vergleicht man die Gruppen ohne und mit Pflegebedarf getrennt, fallen die Unterschiede noch deutlicher aus. 2. Ob Hilfe bei der Mundhygiene erforderlich ist, wurde lediglich erfragt. Quelle: IDZ-DMS V 22 Zahnmedizin

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