Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1628) In den 1950er-Jahren wurden in der japanischen Stadt Minamata vermehrt Menschen mit Schäden des Zentralnervensystems beob- achtet. Die Ursache war Methylquecksilber aus der chemischen Industrie, das ins Meer- wasser eingeleitet worden war und so in die Nahrungskette gelangt ist. Mehr als 2.000 Menschen der Region waren betroffen, die Dunkelziffer liegt möglicherweise noch höher. Die Minamata-Konvention Minamata und eine Reihe anderer Vor- kommnisse waren seit den 1970er-Jahren der Auslöser für eine Reihe internationaler Konferenzen mit dem Ziel, die Umwelt- belastung mit Quecksilber zu reduzieren. Zuständig dafür war das United Nations Environmental Programme (UNEP). 2009 wurde von der UNEP beschlossen, einen weltweit gesetzlich bindenden Vertrag zur Reduktion von Quecksilber in der Umwelt zu entwickeln, in der Folge wurden von 2009 bis 2013 fünf internationale Konferenzen abgehalten. Schließlich wurde 2013 der Vertragstext in Genf beschlossen und im Oktober 2013 in Minamata unterzeichnet. Mittlerweile wurde diese Konvention von mehr als 50 Nationen ratifiziert und ist somit in Kraft getreten. Auch die EU hat diese Konvention unterzeichnet. In diesem Vertrag wurde auch Amalgam behandelt, auch wenn die Belastung der Umwelt durch Amalgam als vergleichsweise gering betrachtet werden kann [Schmalz G, 2014]. Als Kompromiss zwischen Fragen der Umweltbelastung durch Quecksilber einerseits und den Erfordernissen der medizinischen Versorgung unserer Patienten andererseits wurde eine Reduktion der Verwendung von Amalgam („Phase down“), jedoch ohne eine Zeitvorgabe, beschlossen. Dieses Phase- down wurde mit einer Reihe von Vorgaben verknüpft – wie der Verbesserung der Prävention, mehr Forschung zur Entwick- lung neuer Werkstoffe, der vermehrten Aus- bildung von Studierenden und Zahnärzten in der Verwendung von quecksilberfreien Alternativen, der Verwendung von Kapsel- amalgamen und der Installation von Amalgam- abscheidern [Schmalz G, 2014]. Die Bedeutung für die zahnärztliche Praxis Zusammen mit der Ratifizierung der Mina- mata-Konvention wurde im Mai 2017 eine für die gesamte EU verbindliche Verordnung zur Reduktion des Quecksilbers in der Um- welt beschlossen. Hier wurden auch die Regelungen für das Amalgam in Artikel 10 konkretisiert. Im Folgenden werden die relevanten Textpassagen wörtlich wieder- gegeben: \ „Ab dem 1. Januar 2019 darf Dental- amalgam nur noch in vordosierter, ver- kapselter Form verwendet werden. Die Verwendung von Quecksilber in loser Form durch Zahnärzte ist verboten […] \ Ab dem 1. Juli 2018 darf Dentalamalgam nicht mehr für die zahnärztliche Behand- lung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von Schwangeren oder Stillenden verwendet werden, es sei denn, der Zahnarzt erachtet eine solche Be- handlung wegen der spezifischen medizi- nischen Erfordernisse bei dem jeweiligen Patienten als zwingend notwendig […] \ Ab dem 1. Januar 2019 müssen Betreiber zahnmedizinischer Einrichtungen, in denen Dentalamalgam verwendet oder Dental- amalgamfüllungen oder solche Füllungen enthaltende Zähne entfernt werden, sicherstellen, dass sie mit Amalgam- abscheidern zur Rückhaltung und Sammlung von Amalgampartikeln, auch Die Minamata-Konvention und Amalgam Abbildung 1: Amalgamfüllung an Zahn 65 fünf Jahre nach dem Legen: Obwohl die Qualität der Füllung nicht mehr optimal ist, war keine Sekundärkaries festzustellen. Foto: Schmalz Gottfried Schmalz, Roland Frankenberger, Norbert Krämer, Falk Schwendicke, Georg Meyer und Matthias Hannig Die Minamata-Konvention und die daraus resultierende EU-Verordnung zur Reduktion der Quecksilberausleitung in die Umwelt betreffen auch das Amalgam. Seit dem 1. Juli regeln neue Vorgaben die Indikationsstellung von Amalgam, seine Verwendung und die Entsorgung. Im Folgenden sollen die Konsequenzen für die zahnärztliche Praxis aus klinischer Sicht erläutert werden. 28 EU-Quecksilber-Verordnung — Klinische Überlegungen
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