Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1630) diese sind jedoch techniksensitiver und verarbeitungsaufwendiger als Amalgam. Hierzu liegt eine Vielzahl von Publikationen vor [AWMF, 2016]. Im Einzelnen gibt die entsprechende Leitlinie der DGZ/DGZMK Handlungsempfehlungen zur Verwendung von Kompositen im Seitenzahnbereich. Hier ist besonders auf eine ausreichende Polyme- risation der Kunststoffe durch die korrekte Anwendung der Polymerisationslampe zu achten [Hickel R et al., 2018]. Die Angaben der Hersteller sind unbedingt einzuhalten. Kompomere (besser Polyacrylsäure-modifi- zierte Komposite) finden hier ebenfalls eine Indikation, wenn sie mit adäquater Adhäsiv- technik verarbeitet werden [Kramer N and Frankenberger R, 2007]. Dann besteht aber bezüglich der Techniksensitivität kein Unter- schied zum Komposit. In Klasse-I-Kavitäten werden konventionelle Glasionomer-Zemente in Zukunft wohl eine größere Rolle spielen, da sie in dieser Indikation bislang stets gute klinische Resultate zeigten [Frankenberger R et al., 2009]. In diesem Zusammenhang sollte auch die Möglichkeit indirekter Res- taurationen gemäß der üblichen Indikations- stellung (hauptsächlich bei ausgedehnten Defekten beziehungsweise erschwerter Zu- gänglichkeit) bedacht werden, auch wenn heute viele Fälle mittels plastischer Mate- rialien versorgt werden können. Mittel- bis langfristig können adhäsive indirekte Res- taurationen (etwa aus Kompositen, Kerami- ken oder Mischformen) bei einer Molaren- Inzisiven-Hypomineralisation das Mittel der Wahl darstellen. Aber auch bei Patienten unter 15 Jahren und bei bleibenden Zähnen darf der Zahnarzt mit Zustimmung des Patienten aus zwingenden medizinischen Gründen Amalgam verwenden (siehe Leitlinie). Beispiele für solche Gründe können die gleichen sein, wie sie oben für Milchzähne aufgelistet wurden. Zur Bestim- mung des Kariesrisikos bei bleibenden Zähnen kann man sich an der bisherigen Karieserfahrung des Patienten orientieren (siehe oben), es werden aber auch andere, komplexere Methoden angegeben (wie Ca- riogram) [Bratthall D and Hansel Petersson G, 2005]. Hinzu kommen zum Beispiel: \ Allergien gegen Bestandteile von Kompo- sitkunststoffen \ die erschwerte Zugänglichkeit / einge- schränkte Darstellung des Arbeitsfeldes, eine unsichere marginale Abdichtung, die fehlende Möglichkeit der Schaffung suffi- zienter Approximalkontakte \ starke Parafunktionen (mit ausgeprägter Facettenbildung und fehlender okklusaler Abstützung am Zahnschmelz). Anderer- seits wurden in den vergangenen Jahren bei Patienten mit stark abradierten Gebis- sen auch okklusale Aufbauten des kom- pletten Seitenzahnbereichs erfolgreich durchgeführt [AWMF, 2016]. Schwangere und Stillende: Die Einschränkung der Verwendung von Amalgam bei Schwangeren wird auch von wissenschaftlichen Gesellschaften und von der wissenschaftlichen Kommission der EU (SCENIHR) empfohlen [SCENIHR, 2015a]. In diesem Bericht wird ausgeführt, dass es zwar keinen Beleg für eine Schädigung des Embryos durch Amalgam gibt, aber ähnlich der Medikamentenverabreichung empfoh- len wird, generell Zurückhaltung bei einer umfangreichen zahnärztlichen Versorgung zu üben. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur auch die Freisetzung von Bisphenol A (BPA), beispielsweise aus zahn- ärztlichen Kompositen, kontrovers diskutiert. Allerdings hat die wissenschaftliche Kom- mission der EU (SCENIHR) zur Frage der BPA- Freisetzung aus Kompositkunststoffen darauf hingewiesen, dass die freigesetzten Konzen- trationen nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnisse derart gering sind, dass keine Nebenwirkungen zu erwarten sind [SCENIHR, 2015b]. Die Schwangerschaft ist zeitlich be- grenzt, man kann hier auch konventionelle Glasionomer-Zemente verwenden. Die Einschränkung der Verwendung von Amalgam bei Stillenden basiert nicht auf wissenschaftlichen Vorgaben und ist politisch motiviert zu sehen. Auch hier ist der Zeitraum begrenzt und es kann wie bei der Schwanger- schaft verfahren werden. In diesem Zusam- menhang wird auch immer wieder auf das Abbildung 2: Adhäsiv befestigte Kompositfüllungen ermöglichen eine minimal-invasive Versorgung der Karies auch in der ersten Dentition (a: Approximalkaries mesial 55, b: 55 nach der Restauration mit einem Bulk Fill) Fotos: Krämer 30 EU-Quecksilber-Verordnung — Klinische Überlegungen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=