Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1636) Vor Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstär- kungsgesetzes (GKV-VSG) im Juli 2015 gab es nur 28 ausschließlich fachübergreifende MVZ mit zahnärztlicher Beteiligung. Zum Stichtag 31. März waren bereits 544 MVZ zugelassen, in denen 2.231 Zahnärzte tätig waren – 421 Vertragszahnärzte und 1.810 angestellte Zahnärzte. Bereits im November 2017 hatten BZÄK und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) in einem gemeinsamen Brief an poli- tische Entscheidungsträger auf die Entwick- lung aufmerksam gemacht und gefordert, MVZ für den vertragszahnärztlichen Bereich künftig wieder ausschließlich arztgruppen- übergreifend auszugestalten. Das Ziel des GKV-VSG, die Versorgung in der Fläche zu sichern, sei im vertragszahnärztlichen Be- reich nicht erreicht worden – nur rund ein Fünftel der MVZ befänden sich in ländlichen Gebieten, der übergroße Anteil konzentriere sich auf großstädtische Ballungsräume und einkommensstarke ländliche Gebiete. Bleibe diese Dynamik bestehen, werde es künftig zu Engpässen und Unterversorgung im ländlichen Raum kommen und die Sicher- stellung einer deutschlandweit gleichwertigen Versorgung sei in Gefahr, so schlussfolgern die zahnärztlichen Standesorganisationen in ihrem Schreiben. Der BZÄK-Vorstand beschäftigte sich daher auf seiner Klausurtagung, die am 22./23. Juni 2018 in Bayern stattfand, mit dem Sachstand in Sachen MVZ und den Handlungsoptionen der Zahnärzteschaft. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung, dass kapitalstarke Fremdinvestoren in die gesund- heitliche Versorgung drängen. Die Tagung stand unter dem Thema „Das Medizinische Versorgungszentrum im Spannungsfeld von Berufs- und Sozialrecht – Chancen und Risiken“. Probleme bei der Berufsaufsicht Geladen waren sowohl Referenten aus den Zahnärztekammern als auch externe Exper- ten – insgesamt ein hochkarätig besetztes Forum, das einen umfassenden Blick auf das facettenreiche Thema MVZ ermöglichte. In ihrem Einführungsvortrag verwiesen Dr. Peter Kurz, Zahnärztekammer Hamburg, und Frank Hanneken, Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, auf Probleme, die das MVZ für die Berufsaufsicht der Kammern aufwirft. Ein MVZ an sich ist keine juristische Person, sondern könne in verschiedenen Berufsaus- übungsformen betrieben werden: einerseits als Zusammenschluss natürlicher Personen (GP, PG, PartG) oder als juristische Person in Form einer GmbH. Während die GmbH als zahnärztliche Berufsausübungsform bislang faktisch nicht existent war, spielt sie bei der Ausgestaltung der MVZ die zentrale Rolle. Und: Dabei müssten weder Gesellschafter noch Geschäftsführer zwingend Zahnärzte sein. Die Berufsaufsicht der Kammern erfasse zwar natürliche, aber keine juristischen Per- sonen. Eine MVZ-GmbH sei IHK-Mitglied und der Berufsaufsicht entzogen, was Bereiche wie die ärztliche Schweigepflicht, den Not- dienst oder die Haftpflicht betreffe. Wenn die gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen beibehalten werden, führe das über kurz oder lang zu einem Paradigmenwechsel in der Berufsausübung. Die Erfahrungen aus dem ärztlichen Bereich zeigten, dass es ins- besondere dann, wenn kapitalstarke Fremd- investoren in die gesundheitliche Versorgung eintreten, zu einer Dominanz wirtschaftlicher Interessen gegenüber medizinischen Belan- gen komme, was letztlich zu einem Verlust der ärztlichen Diagnose- und Therapiefrei- heit führe – einem zentralen Merkmal der zahnärztlichen Berufsausübung. Dass eine solche Entwicklung für den zahnärztlichen Bereich nicht wünschenswert sei – darin waren sich die Teilnehmer einig. Genossenschaft als Alternative? Anschließend verwies Dr. Harald Schrader, Bundesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), auf die Mög- lichkeit, mit der Bildung von Genossen- schaften eine Alternative zum MVZ aus dem Berufsstand heraus zu schaffen. Der FVDZ entwickle zurzeit verschiedene Genossen- schaftsmodelle (Dienstleistungsgenossen- schaften, Genossenschaften zur Berufsaus- Klausurtagung der Bundeszahnärztekammer MVZ greifen die Versorgungsstruktur an Seit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015 steigt die Zahl arztgruppen- gleicher MVZ rasant an. Inzwischen wird in Deutschland alle 36 Stunden ein neues zahnärztliches MVZ gegründet. Milliardenschwere Kapitalanlegefonds nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten, sich in diesen Markt einzukaufen. Anlässlich dieser Entwicklungen hatte die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) das Thema auf die Tagesordnung ihrer Klausurtagung gesetzt. Die Teilnehmer der BZÄK-Klausur am Starnberger See Foto: zm-br
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