Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1642) Frau Först, Sie selbst sind eine erfolg- reiche Unternehmensberaterin. Wie bewerten Sie die Diskussion um die Geschlechterrollen? Regina Först: Oje! Quotenfrauen und Ge- schlechterrollen. Diese Diskussion mag ich eigentlich überhaupt nicht! Lassen Sie es mich also so sagen: Ich glaube, dass Frauen per se mit dem besser ausgestattet sind, was aktuell auf dem Markt gefragt ist, nämlich Sozialkompetenz! Vielleicht ist dies nun gerade eine Zeit- erscheinung und in zehn Jahren erwartet man von einem guten Chef, dass er der perfekte Statistiker ist – derzeit jedoch zählt nicht das Know-how, sondern das Know- why. Und hier haben Frauen einen klaren evolutionären Vorteil. Schon als Urmenschen mussten Frauen viel mehr Kommunikation leisten als ihre Männer. Während diese sich ausschließlich auf das Jagen fokussierten, saß die Urfrau in der Höhle – und musste die Kommunikation übernehmen: Wo gibt es die besten Beeren? Wer passt auf mein Kind auf? Diese Fragen mussten die Frauen unter- einander in der Gemeinschaft beantworten. Und genau dieses Verhalten des Urmenschen tickt immer noch in uns. Dementsprechend ist es auch heute noch so, dass Frauen per se kommunikativer sind und auch über eine höhere Sozial- kompetenz verfügen als Männer. Und diese Eigenschaften sind es, die heute einen guten Chef ausmachen. Aber ... Aber Frauen haben meist ein höheres Harmoniebedürfnis als Männer? Ganz genau! Im Gegensatz zu ihren männ- lichen Kollegen machen weibliche Chefs seltener klare Ansagen, weil sie ihr Gegen- über nicht verletzen wollen. Diese Harmonie- sucht – das „Gemochtwerden“ von den Mitarbeitern – ist bei uns Frauen ebenfalls fest verankert. So kann es passieren, dass ich nach außen hin die nette Chefin abgebe, aber unbewusst einen Groll hege, weil mir alle Mitarbeiter auf der Nase tanzen. Genauso wichtig wie eine hohe Sozial- kompetenz ist für einen guten Chef daher also auch das „Nein-Sagen-Können“, eben- so das „Mutig-Sein-Können“, wenn mal Klartext gesprochen werden muss. Die Frage „Sind Frauen die besseren Chefs?“ lässt sich also nicht so einfach beantworten? Das stimmt. Frauen bringen zwar eine höhere Sozialkompetenz mit als Männer. Das heißt aber noch nicht, dass sie aus- schließlich deshalb auch die besseren Chefs sind. Denn wenn weibliche Chefs trotz einer hohen Sozialkompetenz zum Beispiel nicht in der Lage sind, klare Anweisungen zu geben, dann wird es immer wieder zu Konflikten in ihrem Team kommen. Und genauso gibt es natürlich auch Männer, die von Natur aus eine unglaublich hohe Sozialkompetenz mitbringen. Nun gibt es in der Zahnarztpraxis die Besonderheit, dass häufig nicht nur die Chefin weiblich ist, sondern dass das ganze Team ausschließlich aus Frauen besteht. Macht das einen Unterschied? Auf jeden Fall! Sobald in einem Team ausschließlich Frauen oder ausschließlich Männer arbeiten, können sich schnell ganz komische Strukturen herausbilden – erkenn- bar durch Hahnenkämpfe in der Chefetage der Uniklinik oder durch das Zickentheater im Schwesternzimmer. Dies sind natürlich Extreme. Dennoch würde ich persönlich eine gute Mischung von Männern und Frauen in meinem Team immer bevorzugen. Aber Sie haben bereits angedeutet, dass es Branchen gibt, in denen es solch eine Mischung der Geschlechter einfach nicht gibt. Ich selbst komme aus der Mode- branche, wo ebenfalls überwiegend Frauen arbeiten. Das kann unglaublich viel Spaß bringen, birgt aber leider auch die Gefahr, dass im Team „Spielchen“ gespielt werden. Denn Frauen achten sehr auf eine Gleich- behandlung. Im Umkehrschluss können so auch schell Eifersüchte entstehen und der Zickenterror ist vorprogrammiert. Daher be- nötigt man in reinen Frauengruppen eine Form der Führung, die darauf abzielt, dass solche „Eifersüchte“ nicht ausgelebt werden dürfen. Wie kann ich als Praxischef solche Streitereien im Team verhindern? Kurz gesagt, indem Sie Ihre Mitarbeiter gut führen. Die Schwierigkeit dabei: Woher sollen Sie als Praxisinhaber überhaupt wis- sen, wie das geht?! Hier zeigt sich das eigentliche Problem: Niemand bringt den angehenden Praxis- inhabern im Studium bei, wie sie später ihre Mitarbeiter führen sollen. Das ist eine Katastrophe! Versetzen Sie sich in die Lage des Zahnarztes: Er durchläuft die Uni, sammelt Erfahrungen im Angestellten- verhältnis, und wagt dann – mit unglaub- lichen Invesititionssummen – endlich den Schritt in die Niederlassung. ‚Hurra‘, denkt dann vermutlich jeder frischgebackene ? ? ? ? ? Regina Först zur Frage „Sind Frauen die besseren Chefs?“ Jein. Obwohl die Zahnmedizin zunehmend weiblich wird, haben Frauen in Führungs- positionen noch immer mit Klischees zu kämpfen: Hält die Chefin dem Druck stand, kann sie „knallhart“ mit den Mitarbeitern verhandeln? Oder ist sie zu empfindlich, zu nachgiebig, zu sehr „auf Harmonie“ bedacht? Unternehmens- beraterin Regina Först muss angesichts dieser Fragen laut lachen – dann findet sie klare Worte. Regina Först zählt zu den erfolgreichsten Unternehmensberaterinnen im deutsch- sprachigen Raum. Zu ihren Kunden gehören Audi, Beiersdorf, VR Banken, REWE, Shell oder Wella. Seit über 25 Jahren führt sie in Vorträgen und Coachings Menschen auf den Weg zu Authentizität, Klarheit und Stärke. Foto: M. Goldenbaum 42 Praxis

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