Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1608) Richtlinien, Gesetze und Verordnungen – Schwerer Raub der Arbeitsfreude \ Zu den Themen DSGVO, QM, Antikorruptionsgesetz, Telematik Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir lieben unseren Beruf. Diese Liebe leidet jedoch sehr unter den behördlichen Gänge- leien, denen sich hierzulande die arbeitende Bevölkerung in expo- nentiell steigendem Maße aus- gesetzt sehen muss. Der neueste Leckerbissen dieser Art ist die DSGVO, die nun die dreisten Drei komplettiert. Zu diesem Komplex könnte man die Hygienerichtlinien/QM, das Antikorruptionsgesetz und eben die neue Datenschutzgrund- verordnung zählen. Die Kernpunkte sind für uns Ärzte doch schon immer selbstver- ständlich: sauber, lege artis und ethisch korrekt arbeiten und die Schweigepflicht beachten. Ein Satz – fertig. Dass es Richtlinien und Regeln nach dem Stand der Zeit geben muss, darüber braucht man nicht zu diskutieren, jedoch ist die Umsetzung, die Entmündigung und die dauernde Drohung mit immer strengeren Sanktionen, unerträglich. Es verdirbt einem schon den Tag, wenn man in zahnärztlichen Fachzeitschriften von Strafen in Höhe von bis zu 20 Mio. Euro liest. Obwohl klar sein sollte, dass diese Summen für unseren „Freund“ M. Zuckerberg (Facebook) und Konsorten reser- viert sind, erwecken die Autoren den Eindruck, als könnte es je- den von uns mit solcher Härte treffen. Doch zu den einzelnen Themen: Hygienerichtlinien und QM Die Instrumentenaufbereitung wurde in den letzten Jahren so hysterisch behandelt, als hätten wir noch in den späten 90er Jah- ren die Zange am Hosenbein ab- gewischt. Man könnte beim Lesen der RKI-Rili auch auf den Gedanken kommen, dass nicht Kriege, Um- weltzerstörung und Hunger die Geißeln der Menschheit sind – nein weit gefehlt! Bakterien, die im Überlaufloch (unzulässig) des Waschbeckens sitzen und nur darauf warten, von hier aus die Weltherrschaft zu übernehmen und die Menschheit vom Planeten zu tilgen, sind das große Problem des 21. Jahrhunderts. Da muss man sich doch an den Kopf greifen! Wir alle haben im Laufe der Zeit brav alles Dargebotene gekauft und in Betrieb genommen: neuen Steri Klasse B, dann die Datenprotokollierung, dann die Chargenindikatoren, dann ein RDG, dann ein validierbares Sie- gelgerät, alles auch mit Daten- protokollierung usw … Und dann, wenn man so schön denkt „Sauber, jetzt hab ich alles super, tipptopp!“, kommt einer und sagt „Nee halt, das muss jetzt noch alles validiert, jedes Jahr gewartet und revali- diert werden, sonst ist das gar nix wert und die Praxis zu.“ Dann könnte man ..., aber gut, lassen wir das. Schluckt man auch diese Kröte, dann hat man erst recht zu staunen: So kostete die Wartung eines Siegelgerätes (Neupreis 1.200 Euro) stolze 504 Euro – wohlgemerkt die Wartung eines bis dahin einwandfrei funktio- nierenden Gerätes! Zwei Wochen später ist dann das Gehäuse auseinandergefallen. Das wäre so, als wenn die erste Inspektion eines Autos mit über 40% des Neupreises zu Buche schlagen würde und dann die Stoßstange abfällt. Die Kosten für die An- fahrt bewegen sich übrigens auf dem Niveau eines Helikopter- fluges mit der Air-Zermatt. Wenn man einen adäquat einge- richteten Steri-Raum hat, kann man also im Jahr mit Kosten von rund 3.000 Euro ohne jeglichen Nutzen rechnen. Dazu kommen dann noch elektrische Prüfungen, Wasser, Amalgamabscheider, Feuerlöscher usw. Einen Feuer- löscher? Gut, denn sollte der Steri nach der Validierung mal einen Defekt haben, dann könnt ihr mal sehen, wie schön 500- Euro-Scheine brennen können. Klar, denn nach der Reparatur muss wieder validiert werden. Wenn wir von 35.000 Zahnarzt- praxen ausgehen, sind wir dann bei einer selbst generierten „Wertschöpfung“ im dreistelligen Millionenbereich. Steckt hier etwa keine Lobbyarbeit dahinter? Dies wird leider in den Fachzeit- schriften nie thematisiert, lieber hält man uns Kollegen die straf- rechtlichen Folgen von einem Naturalrabatt beim Einkauf von 5+1 Päckchen „Irgendwas“ vor. QM – Papiermüllproduktion en gros Die QM-Anweisung, alle Vor- gänge zu dokumentieren, die seit Jahrzehnten so ablaufen, ist auch – sagen wir mal so – etwas weltfremd: Ich soll bei- spielsweise im Ordner ablegen, welche Instrumente ich zur Extraktion benutze – was nutzt mir die Zange im Ordner, die hab ich doch beim Extrahieren in der Hand? Vielleicht auch noch jeden Toilettengang und das darauffolgende Hände- waschen abzeichnen? Aber wie heißt es so schön – „gelebtes“ Foto: Gleam, Nmann77– stock.adobe.com 8 Leserforum
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