Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 108, Nr. 14, 16.7.2018, (1609) antiquiert), mit wem er sich da eine Stunde lang im Warte- zimmer unterhalten hat, auch wenn die beiden sich schon seit 20 Jahren kennen ... Oder darf man Patienten noch mit ihren Realnamen begrüßen und ins Behandlungszimmer bitten, wenn Dritte mithören? Telematik Eine heiße Kiste diese Telematik- infrastruktur, so heiß, dass man sie sofort wegschließen muss. Darf nur in einem verschließ- baren Schrank installiert werden! Klar, unsere Putzfrau hackt die Kiste nachts und gibt die Patienten- und Telematikdaten direkt via Darknet an den FSB weiter. Aber nun zu einer wesentlich interessanteren Seite der Ge- schichte, der Finanzierung. Man stelle sich mal vor, es gäbe hierzulande nur einen Anbieter – in diesem Falle wäre das dann ein Monopolist. Ist das gut oder schlecht? Für den Monopolisten ist das zunächst einmal gut. Und für die Kunden? Für die ist das eher schlecht, denn die müssen bezahlen – und zwar so viel, wie der Monopolist will. Jetzt fragen sich sicher einige von Ihnen: „Wäre das dann nicht ein Fall fürs Kartellamt oder das Antikorruptionsgesetz?“ Da hat dann wohl irgend- jemand geschlafen oder war eben korrupt. Also die ganze Sache wird von den Kassen subventioniert, es erfolgte keine Ausschreibung, man lässt eine Firma machen, wie sie will, das ist doch ein Selbstbedienungsladen für den Monopolisten. Mit einer Erstattung von z. Zt. 3.245 Euro + quartalsweise 324 Euro werden diese Herrschaften alimentiert. Das ergibt bei beispielweise 75.000 Arzt- und 35.000 Zahn- arztpraxen ohne MVZ schon mal mit rd. 360 Mio. Euro ein nettes Zubrot zu den generellen jähr- lichen Wartungspauschalen von rund 3.000 Euro. Aber freut Euch nicht zu früh. So hätte noch vor ein paar Jahren niemand gedacht, dass eine allzu phantasievolle Motorsteuer- geräteprogrammierung die Ver- antwortlichen durchaus in die nächste JVA befördern kann. Investigativer Journalismus in dieser Richtung wäre auch in der Medizin dringend nötig, anstatt immer nur nach Ärztepfusch zu suchen. Unsere Ärzte- und Zahnärzte- kammern könnten sich über- legen, ob die Bereitstellung von Abrechnungs-Software durch die KV‘en und KZV‘en selbst so- wie auch der Geräteprüfungen nach einer Art Genossenschafts- prinzip ein Ansatz wäre, um hier Abhängigkeiten entgegenzu- wirken und die Marktmacht ins eigene Haus zu holen. Die immer stärke Bevormun- dung durch Behörden, die Ein- flussnahmen durch die Industrie, das Hereindrängen von Inves- toren in die Zahnarztpraxen mit Fokus auf reinem Gewinnstreben – dies sind Dinge, die unsere Selbstständigkeit, unsere Unab- hängigkeit, ja unsere freiberuf- liche Tätigkeit als Zahnärzte be- drohen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir lieben unseren Beruf! Doch damit wir ihn weiterhin zum Wohle des Patienten mit Freude ausüben können, müssen wir auch bereit sein, uns für unsere Belange einzusetzen. Steht auf! Dr. Mark Vongerichten, Kaiserslautern Qualitätsmanagement! Für mich wäre gelebte Qualität, diese ein- fach zu machen und nicht sie aufzuschreiben und abzuheften. Soll die Behandlungsqualität einer Praxis dann etwa anhand der QM-Unterlagen beurteilbar sein? Aufschreiben kann man vieles ... Hier aber ein großes Lob an unsere Kammern, die uns das QM leicht und überschaubar aufgearbeitet haben und somit auch verhindern, dass externe Anbieter zu horrenden Preisen beauftragt werden müssen. Antikorruptionsgesetz Wie titelte doch letztes Jahr eine Dentalzeitschrift mit eher bescheidenem Impact-Faktor: „Korruptionsfrei durch die IDS“ Das ist eine Dentalschau und nicht die FIFA! Wie soll ich mir das praktisch vorstellen; kommen dann am Ausgang zwei Polizisten, heben mich an den Füßen hoch und schütteln die Kulis und illegal ergaunerten Kompositpröbchen aus meinen Hosentaschen?! Glaubt man denn im Ernst, der niedergelassene selbstständige Zahnarzt würde wegen eines lächerlichen finanziellen Vorteils schlechtes Material verwenden (das ja in D gar nicht erhältlich sein darf), mit den Laborarbeiten Betrug treiben (ZDF-Reportage) und damit das Risiko eingehen, alles auf Kulanz neu zu machen und seine Patienten zu verlieren? Meines Erachtens können auf solche Ideen nur Leute kommen, die selbst Dreck am Stecken haben. DSGVO und Telematik Juchhu! Mein Telematikkonnektor- kästchen nebst neuem Karten- terminal ist in Betrieb und funk- tioniert auch schon bei fast jedem zweiten Patienten. Ganz billig ist das zwar nicht, aber dazu später. Erst zum Datenschutz: Meine Patienten unterschreiben schon fleißig ihre Einverständniserklä- rungen und wir belehren sie auch eifrig über die Nutzung der erhobenen Daten. Nun ist die Abrechnung auch viel einfacher, denn bis vor drei Wochen, als wir noch anonym behandelt haben, war das liquidieren z. T. etwas kompliziert. Und seit ich jetzt Daten erhebe, finde ich auch die Röntgenbilder viel schneller – echt komfortabel das Ganze, Daumen hoch. Daten gut schützen auch im Behandlungszimmer: Da sitzt nun der Patient mit seiner Leitung und hat in Erwartung der Linde- mannfräse die sich gleich mit 150.000 Touren durch Knochen und Weisheitszahn fressen wird, nur eines im Sinn: ausspähen, wie viele Teleskope die Schmidt Hilde noch imUnterkiefer hat. So ein Schlingel. Daraus wird aber nix, denn 1. haben wir Patienten mit Anästhesie sowieso immer im Auge (hält außerdem die An- zahl der Winkelstücke konstant) und 2. habe ich natürlich Sperr- bildschirm mit täglich wechseln- dem Passwort bei jedem Ver- lassen des Raumes aktiviert, bin ja nicht blöd! Äh Mist, wie war noch mal das Passwort? Nun weiter zur Rezeption, die ist ja in der Praxis sozusagen der Hotspot in Sachen Datenschutz. Wie kann ich nun verhindern, dass hier etwas schiefläuft und ich meinen Lebensabend nicht wie geplant auf den Seychellen, sondern in Stuttgart-Stamm- heim verbringe? Man stelle sich vor, der Patient vor dem Tresen checkt während der Termin- vergabe überkopflesenderweise im Terminbuch (ja ich weiß, ist 9
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