Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15

zm 108, Nr. 15-16, 16.8.2018, (1738) Groß- und Finanzinvestoren, insbesondere Private-Equity-Gesellschaften, kaufen sich massiv in den deutschen zahnärztlichen MVZ-Markt ein. Erwartungsgemäß wer- den alle identifizierten Großinvestoren spätestens 2019 die Phase ihres Marktein- tritts abgeschlossen haben und ihre Markt- präsenz ausbauen. Zurzeit gibt es drei MVZ-Ketten, die zehn Standorte oder mehr bessitzen – zwei davon gehören be- reits heute Fremdinvestoren. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre alle diese Großinvesto- ren über MVZ-Ketten und Netzwerke mit weit mehr als zehn Standorten verfügen. Deutlich wird in diesem Zusammenhang auch, dass die durch das GKV-VStG im Jahr 2011 vorgenommenenGesetzesänderungen hinsichtlich des Ausschlusses von Investo- ren, bei denen Kapitalinteressen im Vor- dergrund stehen, ins Leere laufen. Mo- mentan nutzen Großinvestoren das Zu- gangstor Krankenhaus insbesondere in Kombination mit der für die Gründung von MVZ vorgesehenen Rechtsform der GmbH. Durch die im Rahmen des GKV- VSG 2015 eingeführte Zulassung arzt- gruppengleicher MVZ in der zahnärztli- chen Versorgung wurden zusätzlich Rah- menbedingungen geschaffen, die sowohl oligopolartige Marktstrukturen als auch eben jene besonders finanzkräftigen Inves- toren fördern, die eigentlich im Rahmen des GKV-VStG vom Markt ausgeschlossen werden sollten. Denn nur Großinvestoren sind in der Lage, Krankenhäuser als MVZ- Träger zu erwerben und dauerhaft zu be- treiben. Hält man an den gesetzlich vorgegebenen Zielen fest, Investoren ohne fachlichen Be- zug zur medizinischen Versorgung vom (zahnärztlichen) MVZ-Markt zu verban- nen und eine flächendeckende Versor- gung auch in ländlichen Räumen sicherzu- stellen, sind dringende Nachjustierungen in der Gesetzgebung notwendig. Vorran- gig sollte man bei MVZ, in denen Zahnärz- te tätig werden, wieder zu dem vormals wesensbestimmenden gesetzlichen Struk- turmerkmal einer „fachübergreifenden“ Ausrichtung zurückkehren. Denn durch die arztgruppengleiche Ausrichtung von (Zahnarzt-)MVZ und die damit ermöglich- te Umwandlung von Zahnarztpraxen in (arztgruppengleiche) MVZ ist der poten- zielle Zugriff von Fremdinvestoren auf den gesamten ambulanten zahnärztlichen Ver- sorgungsmarkt überhaupt erst ermöglicht und die Kettenbildung weiter forciert wor- den. Darüber hinaus sind keine Gründe erkennbar, warum Dialyseeinrichtungen MVZ jeglicher Fachrichtung und Kranken- häuser eine Vielzahl bundesweit verstreu- ter MVZ und damit ganze MVZ-Ketten gründen und betreiben dürfen. Ebenso wenig erschließt sich, weshalb arztgruppengleiche MVZ von Trägern gegründet werden können, die zu den in dem MVZ erbrachten fachlichen Leis- tungsspektrum in keinerlei Beziehung stehen, wieso also beispielsweise ein Kran- kenhaus ohne zahnmedizinischen Versor- gungsauftrag oder gar ein Dialysezentrum oder auch nur ein Humanmediziner, der über keine zahnärztliche Approbation und somit keinen Bezug zur Zahnmedizin ver- fügt, ein (rein) zahnärztliches MVZ grün- den und betreiben können soll. Zumindest sollte daher die Gründereigenschaft von Dialyseeinrichtungen gestrichen und die Gründer- eigenschaft von Krankenhäusern quantita- tiv und räumlich begrenzt werden, so dass Krankenhäuser MVZ künftig nur noch zur ambulanten Ergänzung ihres stationären Leistungsspektrums gründen können, nicht aber bundesweit verstreute MVZ- Ketten betreiben dürfen. Hierzu empfiehlt es sich, die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern auf ein MVZ zu begren- zen, das räumlich – einschließlich eventu- eller „Zweig-MVZ“ – in demselben (haus- ärztlichen) Planungsbereich ansässig ist wie das Krankenhaus selbst. Darüber hinaus sollte für reine Zahnarzt- MVZ die Gründungsberechtigung ledig- lich auf zahnärztliche Leistungserbringer beschränkt werden, da kein sachlicher Grund erkennbar ist, warum die Grün- dung beziehungsweise der Betrieb von Zahnarzt-MVZ Personen oder Einrichtun- gen möglich sein soll, die keinen Bezug zur zahnmedizinischen Versorgung haben. Nur so können die vorhandenen Schlupf- löcher, unter anderem für Private-Equity- Gesellschaften, geschlossen und die Ziele der Gesetzgebung noch erreicht werden. Bezogen auf die Inhaberentwicklung und Kettenbildung ist der zahnärztliche MVZ- Markt äußerst unübersichtlich. Ein aktuel- ler, leicht zugänglicher Überblick, der die Marktentwicklungen im Bereich der zahn- ärztlichen MVZ adäquat abbildet, ist leider nicht verfügbar, wäre unter dem Gesichts- punkt der Versorgungssteuerung und des Sicherstellungsauftrags aber dringend er- forderlich. Die der KZBV und den KZVen zur Verfügung stehenden, bisherigen re- gelhaften Erhebungen geben keinen gesi- cherten Aufschluss über die Inhaberstruk- turen und Kettenbildungen im Bereich zahnärztlicher MVZ. Hier ist die bisherige Informationslage dringend zu verbessern zum Beispiel durch die Einführung eines „MVZ-Registers“. Aus der Analyse der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Stand 2. Juli 2018. \ Fazit der KZBV Foto: adobe stock_dederer 26 Zahnärzte-MVZ

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