Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15

zm 108, Nr. 15-16, 16.8.2018, (1715) … the loser is standing small“. Frei nach einem der bekanntesten Abba Songs: Der Gewinner bekommt alles und der Verlierer steht klein daneben. Wen Sie jetzt an ‚kleine Praxis gegen großes Fremdkapital finanzier- tes MVZ‘ denken sind Sie dicht dran. Denn diese Zeilen treffen die derzeitige Stim- mungslage in der Diskussion rund um die (zahn)arztgruppengleichen MVZ ziemlich genau. Vor allem wenn es um die von Inves- toren gegründeten MVZ-Ketten geht. Zwar ist nicht jeder Investor ein Kaffeeröster, auch wenn die Reduzierung darauf durchaus einen hohen Unterhaltungswert hat, vor allem, weil sie das wohlige Gefühl des Kompetenzgefälles – Kaffeebohnen gegen zahnmedizinisches Hightec – so schön transportiert. Doch diese Sicht ist genauso falsch wie die, dass die schier „unerschöpfli- che“ Finanzkraft dieser Investoren die niedergelassenen Zahnärzte automatisch zu Verlierern macht. Auch Investoren investie- ren nicht dauerhaft in einen Markt, in dem sich die geforderte Rendite nicht erzielen lässt. Nur weil ein Konstrukt sich MVZ nennt, ist dies nicht gleichbedeutend mit wirtschaftlichem Erfolg. Doch egal wie, MVZs verändern den zahnärztlichen „Markt“. Dies ist politisch gewollt, denn arztgruppengleiche MVZ und Fremdinves- toren sind von der Politik erwünschte Markteilnehmer in der ambulanten Versor- gung. Rückblickend mag man es kaum glauben, welche Veränderungskraft dieser gedanklich aus den Polikliniken der ehema- ligen DDR hervor gegangene „Bastard“ na- mens MVZ bei niedergelassenen Ärzten und jetzt auch zunehmend bei Zahnärzten ent- faltet. Ob die frühere Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) und ihre damalige graue Eminenz im Ministerium, Franz Knieps, sich der Sprengkraft für das Selbstverwaltungssystem und die gegebe- nen Spielregeln bewusst waren? Der Mög- lichkeiten in Verbindung mit Fremdkapital? Doch zurück ins Jetzt. Fremdkapital ist in der Gesundheitspolitik gut beleumundet. Denn gerade die Politiker in den Ländern – und da kommen nun mal alle Bundespoliti- ker her – wissen genau, welche Probleme im Krankenhausbereich dank finanzkräftiger Investoren aus den Haushalten der Länder wie auch Kommunen weggeschafft werden konnten. Die Liedzeile von ABBA geht im Übrigen so weiter: „Ich dachte, es macht Sinn, einen Zaun aufzubauen, ein Zuhause aufzubauen. Ich dachte, ich wäre dort stark.“ Um im Bild zu bleiben, macht ein Zaun unter diesen Gegebenheiten offen- sichtlich keinen Sinn mehr. Umso wichtiger ist es, sich auf die eigene Stärke zu konzen- trieren. Dazu nur ein Beispiel: Es waren die Zahnärzte, die ein Konzept für die bessere zahnmedizinsiche Betreuung pflegebedürf- tiger Menschen aufgesetzt haben – ohne dass es einen primär pekuniären Anreiz dafür gegeben hatte. Denn Zahnärzte sind keine Zaunbauer um tatsächliche oder ver- meintliche Pfründe zu retten, sondern her- vorragend weiter gebildete Heilberufler, die den Patienten in den Mittelpunkt ihres Han- delns stellen. Wohlgemerkt: Kein Patient ist hierzulande von Innovationen ausgeschlos- sen. Diese enorme Stärke entfällt nicht da- durch, weil auf der Tür, durch die man mor- gens zur Arbeit kommt, MVZ draufsteht. Denn der entscheidende Punkt ist die Freiberuflichkeit und damit verbunden die Therapiefreiheit. Oder mit Blick auf die Fremdinvestoren formuliert: Wer bestimmt die zahnmedizinische Versorgung – Zahn- arzt oder Betriebswirt? Auch Fragen hin- sichtlich der Fachaufsicht und der berufs- ständischen Vertretung zahnärztlicher MVZ bedürfen einer raschen Klärung. Es geht also nicht nur um die berühmten gleichlan- gen Spieße, sondern um elementare Fragen des Berufsstandes. Um Regeln, die für alle gelten müssen. Eines sollte der Politik klar sein: Diese ausgesprochen ernsten Frage- stellungen bedürfen schnell einer suffizien- ten Antwort. In drei oder vier Jahren damit um die Ecke zu kommen, weil im Koalitions- vertrag von CDU und SPD dazu nichts gefordert ist, wird zu spät sein. Auf dem Spiel steht eine bis dato flächendeckende zahnmedizinische Versorgung. Die heutige im Vergleich zu früheren Jahrzehnten hervorragende Mundgesundheit wurde in der Vergangenheit erarbeitet. Diese enorm positive Dynamik gilt es für die Zukunft zu erhalten. Die Strophe des zitierten Abba- Liedes endet im Übrigen mit dieser kurzen Textzeile: „Aber ich war so dumm, mich an die Regeln zu halten.“ Foto: zm-Axentis.de „The winner takes it all … Dr. Uwe Axel Richter Chefredakteur 3 Editorial

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