Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15

zm 108, Nr. 15-16, 16.8.2018, (1752) Die Patientin hatte bereits seit einem Jahr einen derben Knoten im Bereich der linken Zunge bemerkt. Dieser sei langsam größenprogredient gewesen – und sollte nun auf ihren Wunsch hin abgeklärt wer- den. Ähnliche Erscheinungen seien bei ihr oder in ihrer Familie bisher nicht beobachtet worden. Die vom Hausarzt überwiesene Patientin stellte sich mit einer knotigen Struktur unterhalb der unversehrten Zungenmukosa des linken mittleren Zungenrückens vor (Ab- bildung 1). Der Knoten war derb palpabel, nicht verschieblich und weder in Ruhe noch auf Druck dolent. Bis auf den erhabenen Aspekt beschrieb sie keinerlei Beschwerden. ImMRT stellte sich in Projektion auf die linke Zunge submukös eine vorwiegend unscharf begrenzte, etwa 10 mm x 8 mm messende, Kontrastmittel-aufnehmende Struktur dar. Es gab keinen Anhalt für weitere Raumfor- derungen oder Lymphknotenvergrößerun- gen (Abbildungen 2 und 3). Da von einem benignen Tumor ausgegangen wurde, er- folgte im Rahmen einer kurzen Intubations- narkose die In-toto-Exzisionsbiopsie mit knappem Sicherheitsabstand. Der intra- operative Situs zeigte, wie schon nach der initialen Bildgebung vermutet, eine unscharf begrenzte, solide, in die Zungenmuskulatur hineinreichende Raumforderung mit weiß- lich-gelblicher Färbung der Schnittfläche (Abbildungen 4 und 5). Nach Resektion und ausgiebiger Blutstillung konnte die Wunde primär mit resorbierbaren Fäden verschlos- sen werden (Abbildung 6). In der histopathologischen Aufarbeitung des komplett entfernten Resektats wurden relativ große Zellen mit vorwiegend granulärem Zytoplasma beschrieben. Zur definitiven Sicherung der Diagnose wurden spezielle Färbungen (HE, PAS und Immunhistoche- mie) durchgeführt. Hierbei zeigte sich eine positive Protein-S100-Expression ohne Hin- weis auf ein malignes Geschehen. Somit er- gab sich die Diagnose eines Granularzell- tumors der Zunge. Postoperativ gestaltete sich der weitere Heilungsverlauf regelrecht und ohne Komplikationen; eine weitere Therapie war nicht notwendig, wobei die Patientin von der Notwendigkeit klinischer Nachkontrollen überzeugt wurde. Diskussion Granularzelltumore sind sehr seltene, fast ausschließlich gutartige Tumore des Weich- gewebes, die am ehesten Schwann’schen Zellen (Myelinscheidenbilder peripherer Nerven, neuro-ektodermal) entstammen. Sie werden daher auch Granularzell- Schwannome, granuläre Neuroblastome beziehungsweise Neurome oder nach ihrem Erstbeschreiber Abrikossoff-Tumore genannt [Abrikossoff, 1926]. Ungefähr 50 Prozent aller Granularzelltumore erscheinen neben einer Verteilung über den gesamten Gastrointestinaltrakt im Kopf-Hals-Bereich und hier fast ausschließlich in der Zunge. Des Weiteren sind sie in oder unter der Haut oder auch im Respirationstrakt zu finden. Der Altersgipfel liegt – wie im vorliegenden Fall – zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr. Fast regelhaft zeigt sich im bekleidenden Epithel eine begleitende Hyperplasie, die den initalen Verdacht auf Vorliegen eines Karzinoms zur Folge haben kann [Barnes et al., 2005]. Die primäre Diagnostik des gutartigen Granularzelltumors gestaltet sich aufgrund Der besondere Fall mit CME Granularzelltumor des Zungenrückens Daniel Müller, Keyvan Sagheb, Peer W. Kämmerer Eine 42-jährige Patientin stellt sich mit einer seit zwölf Monaten bestehenden, derben Raumforderung des Zungenrückens vor. Nach Entfernung und histologischer Aufarbeitung zeigt sich der sehr seltene Befund eines Granularzelltumors. Alle Fotos: Müller et al. 40 Zahnmedizin

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