Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15
zm 108, Nr. 15-16, 16.8.2018, (1789) deutet, dass der Speichel insbesondere in den späteren Krankheitsphasen ungewollt aus dem Mund läuft, was häufig zum sozialen Rückzug der Betroffenen führt (Abbildung 4). Drooling trägt zur Entstehung von peri- oraler Dermatitis und Halitosis bei und kann die Mundhygienefähigkeit zusätzlich redu- zieren. Zudem besteht ein höheres Risiko für Atemwegsinfektionen („stille Aspiration“) [Srivanitchapoom et al., 2014]. Unter- suchungen konnten zeigen, dass dieses Symptom nicht durch eine Überproduktion von Speichel, sondern eher durch im Krank- heitsverlauf auftretende Schluckbeschwerden und eine eingeschränkte Gesichtsmuskel- kontrolle verursacht wird (Pseudohypersali- vation) [Fasano et al., 2015]. Verwirrend mag erscheinen, dass die Patienten trotz des scheinbaren Speichelüberflusses in Form des Droolings gleichzeitig an einer Mundtrockenheit leiden können. Vermutlich werden die auftretenden Schluckbeschwerden durch die bestehende Mundtrockenheit noch verstärkt, was zu einer komplizierten Interaktion der Symptome Drooling, Mund- trockenheit und Dysphagie führt. Dysphagie ist assoziiert mit Gewichtsverlust, Malnutrition, Dehydrierung und erhöhten Mortalitäts- raten aufgrund auftretender Aspirations- pneumonien. Parkinsonpatienten wechseln im Krankheitsverlauf oft von normaler Er- nährung hin zu weichen Speisen und eher flüssig-klebrigen Nahrungsmitteln. Hierdurch verändert sich der Nährwert, aber auch der Einfluss auf die Mundgesundheit [Pace and McCullough, 2010; Ortega et al., 2015]. Hier sind oftmals der Zahnarzt und das Praxisteam die ersten Ansprechpartner, die diesen Einfluss erkennen und dann präven- tiv agieren können. Darüber hinaus können weitere Maßnahmen initiiert werden, wie zum Beispiel die Überweisung zu einem spe- zialisierten Logopäden. Ist der Patient be- reits wegen Dysphagie in therapeutischer Behandlung, kann es hilfreich sein, mit dem Therapeuten Rücksprache zu halten, um das klinische Bild des Betroffenen besser einschätzen zu können. Hier können zum Beispiel Hinweise zum Speichelmanage- ment des Betroffenen sowie die Auskunft zur individuellen Gefahr von laryngealer Pe- netration oder Aspiration gegeben werden. Aus dem therapeutischen Kontext heraus können Hilfen für den Patienten im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung benannt werden (Lagerung/Kopfposition, spezifische verbale Instruktion, möglichst kurze orale Stimulation und mehr). Häufig unterschätzt wird der Einfluss des Drooling und der Dysphagie auf die prak- tische Behandlungsdurchführung. Hier kann das Team bereits vorab darauf achten, dass der Patient nicht zu tief gelagert wird und der Kopf auf eine Seite geneigt ist, damit der Speichel problemlos ablaufen kann, um eine mögliche Aspiration zu verhindern. Eine erfahrene Stuhlassistenz ist in diesen Fällen sicher hilfreich und kann bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Zahnärztliche Behandlung Eigene Befragungen bei 100 Parkinson- Patienten ergaben, dass die Befragten ihre zahnärztliche Versorgung und Betreuung grundsätzlich als gut einschätzen und damit sehr zufrieden sind [Barbe et al., 2016]. Dennoch zeigte sich noch Verbesserungs- bedarf bei der Beratungs- und Informations- qualität hinsichtlich der krankheitsspezi- fischen Symptome Mundtrockenheit und Drooling. Somit kann insbesondere im Hin- blick auf die steigende Zahl an Senioren eine gute Vorbereitung und Sensibilisierung aller mit Senioren in Kontakt kommenden Praxis- mitarbeiter nur von Vorteil sein. Als Weg- weiser für die Praxisplanung kann der „Ge- rostomatologische Wohlfühlfaktor“ dienen, der sich unter anderem durch die gute Erreichbarkeit, fehlende Stolperfallen sowie die Bereitstellung von seniorengerechten Hilfs- mitteln auszeichnet [Nitschke et al., 2015]. Eine vorausschauende Terminvergabe kann die Behandlung für alle Beteiligten deutlich erleichtern: 60 bis 90 Minuten nach Einnahme der Parkinson-Medikamente wirken diese am effektivsten. Eine ruhige Atmosphäre hilft, Unsicherheiten und Aufregung zu ver- meiden, da sonst häufig Hyperkinesien aus- gelöst werden können. Da in der Fülle der Beschwerden die Mundgesundheit bei Pa- tienten und Angehörigen häufig eine unter- geordnete Rolle spielt, sollten Behandler und ihre Teams proaktiv nach den Parkinson- NAMENSSCHILDER FÜR DEN PERFEKTEN ERSTEN EINDRUCK! Katalog kostenlos anfordern! TIPP: Mit extra starkem Magnetverschluss! Info-Tel. 02744/920810 namensschilder@beycodent.de
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