Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15
zm 108, Nr. 15-16, 16.8.2018, (1790) spezifischen Einschränkungen der Mund- gesundheit und Hygienefähigkeit fragen, dies kann gegebenenfalls mit regelmäßig zu aktualisierenden Fragebögen geschehen. Diese sollten die Hauptsymptome Mund- hygienefähigkeit, Zuckerkonsum/Ernäh- rung, Speichelprobleme, Dysphagie, De- pressionen, kognitive Probleme sowie Ver- änderungen in der sozialen Versorgungssi- tuation abdecken. Diese Information er- möglicht ein präventionsorientiertes Vorge- hen, das dazu beitragen kann, die Mundge- sundheit und damit die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten. Behandlungsplanung, genaue Dauer und Anzahl der Termine sollten mit den Patienten und den Angehörigen transparent kommu- niziert werden. Therapieentscheidungen und die Organisation der Termine brauchen häufig die Mithilfe von Angehörigen, eben- so können diese frühzeitig Rückmeldung über mögliche Veränderungen im Krank- heitsverlauf geben [Muller, 2014]. Bei der Herstellung neuer Prothesen sollte Wert darauf gelegt werden, dass diese auch für spätere Krankheitsphasen praktikabel sind, sowohl für die Patienten selbst als auch für die Angehörigen und Pflegekräfte, die die Versorgung erwartbar übernehmen werden (Abbildung 5). Zahnmedizinische funktionelle Kapazität Die zahnmedizinische funktionelle Kapazität stellt ein oralgeriatrisches Erhebungsinstru- ment dar, das neben dem Nutzen bei wis- senschaftlichen Betrachtungen auch für den speziellen Patienten im Praxisalltag gut an- wendbar ist und zur Prüfung der Belastbar- keit älterer Patienten bei der zahnärztlichen Behandlung, seiner Mundhygienefähigkeit und der mundgesundheitsbezogenen Eigen- verantwortlichkeit eingesetzt werden kann. Dieses Erhebungsinstrument kann auch dem Praxisteam helfen, die Patienten und deren Belastbarkeit in Bezug auf die zahnmedizi- nische Behandlung einfach und schnell zu evaluieren und die geplante Therapie dementsprechend individuell anzupassen [Jordan et al., 2014; Nitschke, 2016]. Wichtig ist hierbei, wie beschrieben, eine kontinuierliche Anpassung der Hilfsmittel und Empfehlungen an die aktuellen, sich verändernden Fähigkeiten der Patienten, insbesondere unter Einbeziehung der An- gehörigen beziehungsweise Pflegekräfte. Elektrische Zahnbürsten, Griffhilfen oder Dreikopfzahnbürsten und weitere speziell für Senioren mit manuellen Einschränkungen entwickelte Produkte stellen Möglichkeiten zur Optimierung der häuslichen Mund- pflege dar, des Weiteren gibt es zahlreiche Produkte, die die zahnärztliche Behandlung vereinfachen können [Spatzier, 2017]. Eine individuelle und risikoorientierte Recall- planung hilft dabei, sich unter Umständen rapide verschlechternde Bedingungen nicht zu übersehen. Fazit \ Parkinson-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für eine eingeschränkte Mund- gesundheit, insbesondere in späteren Krankheitsphasen. Abbildung 4: Patient mit leichter Hypomimie mit Drooling wenige Minuten nach Behandlungsbeginn: Sichtbar sind der über den rechten Mundwinkel herauslaufende Speichel und die beginnende periorale Der- matitis am rechten Mundwinkel. Abbildung 5: Umfangreiche prothetische Versorgung, die die Patientin aufgrund mangelnder Kraft und Geschicklichkeit nur mithilfe ihrer Angehörigen herausnehmen und säubern kann: In Kenntnis, dass in Deutsch- land mit einem starken Anstieg etwa der Zahlen der von Demenz, neurodegenerativen Erkrankungen oder Multimorbiditäten betroffenen Personen gerechnet werden kann, sollte im Sinne einer präventiven voraus- schauenden Betreuung bei der Planung und Neuanfertigung von Zahnersatz immer auch darauf geachtet werden, diesen langfristig praktikabel zu gestalten, gegebenenfalls auch für pflegende Angehörige oder Pflegekräfte in Hinblick auf die Fremd-Nachsorgekompetenz. Hierbei kann auch der Hinweis auf Hilfsmittel wie Eingliederungshilfen hilfreich sein. 78 Zahnmedizin
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=