Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 108, Nr. 17, 1.9.2018, (1942) Philipp Pfaff wurde mit hoher Wahrschein- lichkeit Anfang 1713 in Berlin geboren. Das exakte Datum ist unbekannt; allerdings exis- tiert ein Taufbucheintrag vom 27. Februar 1713 in der Berliner Domgemeinde, der auf diesen Geburtszeitraum schließen lässt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Zahnheilkunde noch kein eigenständiges Fach. Sie lag noch teilweise in den Händen von sogenannten Zahnbrechern oder Zahn- reißern, das waren nicht oder nicht regel- haft ausgebildete Behandler, die ihre Tätig- keit zumeist im Umherziehen ausübten („Wanderheiler“) und ihre Heilkunst in unterschiedlichem Ausmaß beherrschten. Daneben widmete sich auch ein kleiner Teil der zeitgenössischen Wundärzte der Zahn- heilkunde. Auch sie waren nicht Teil des akademischen Ärztestandes, sondern hand- werklich ausgebildete Chirurgen. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Ausbildung zum Chirurgen an den Nachweis des Abiturs und an ein verpflich- tendes Medizinstudium gebunden, wodurch die Chirurgie ein integraler Bestandteil der akademischen Heilkunde wurde. Noch deutlich später – im Jahr 1909 – wurde auch die Zulassung zum Spezialstudium der Zahnmedizin vom Abitur abhängig ge- macht und so ebenfalls akademisiert. Pfaff entschied sich nach der Schulzeit für eine wundärztliche Ausbildung: Er erlernte die Chirurgie an der Charité, wo er als Gasthörer auch einzelne Lehrveranstaltungen im Fach Medizin und – soweit damals bereits verfüg- bar – in der Zahnheilkunde besuchen konnte. Dieser Ausbildungsweg lag insofern nahe, als Pfaff selbst der Sohn eines Chirurgen war: Sein Vater, der Heidelberger Wundarzt Johann Leonhard Pfaff, war 1710 nach Berlin gekommen und 1726 zum Amtschirurgen und Prosektor an der Charité avanciert. Johann Leonhard Pfaff gehörte damit zu den Lehrern seines Sohns, der in Berlin seine chirurgische Abschlussprüfung vor dem CollegiumMedi- cum absolvierte – ein Examen, das auch zur zahnärztlichen Tätigkeit (die als „niedere Chirurgie“ galt) berechtigte. Nach seiner chirurgischen Ausbildung ab- solvierte Pfaff seinen Militärdienst in den Infanterie-Regimentern Nr. 25 des Oberst von Kalckstein und Nr. 34 des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen. Grundlage dieses obligatorischen militärischen Engagements war das von „Soldatenkönig“ Friedrich Wil- helm I. (1713–1740) revidierte „Preußische Medicinal Edict“. Auch nahm Pfaff als Kom- paniechirurg am Ersten Schlesischen Krieg (1740–1742) teil, in dem Preußen und Österreich um die Vorherrschaft in Schlesien kämpften. Gerade in jenen Jahren konnte Pfaff in Anbetracht der vielen behandlungs- bedürftigen Kriegsverletzten und -versehrten seine praktischen Kenntnisse in der Wund- versorgung und Traumatologie maßgeblich erweitern. Nach dem Kriegsende eröffnete Pfaff in Berlin mit Konzession des Königs eine wundärzt- liche Praxis. Wann genau und warum er sich von der Chirurgie ab- und der noch wenig prestigeträchtigen Zahnmedizin zuwandte, ist nicht bekannt. Allerdings wissen wir, dass er um 1751 seine chirurgische Praxis an den Amtschirurgen Knuppe veräußerte. Spätes- tens zu diesem Zeitpunkt dürfte er sich demnach auf die Zahnmedizin konzentriert haben. Pfaff war verheiratet, blieb jedoch kinderlos. Er starb bereits am 4. März 1766 im Alter von 53 Jahren an der „Brustkrankheit“ – wobei es sich vermutlich um Tuberkulose handelte, eine in jener Zeit ebenso gefürch- tete wie verbreitete Erkrankung. Das erste klare Bekenntnis zum Zahnerhalt Pfaff setzte sich zeitlebens intensiv mit der wissenschaftlichen Zahnheilkunde ausein- ander. Wichtigster fachlicher Bezugspunkt war in dieser Zeit das Lehrbuch des Franzo- sen Pierre Fauchard (1678–1761): Fauchard hatte 1728 die weltweit erste umfassende Monografie über Zahnmedizin verfasst, die 1733 auch ins Deutsche übersetzt worden war. Es besteht kein Zweifel, dass Pfaff sein Wissen zu erheblichen Teilen aus diesem Lehrbuch schöpfte; allerdings sparte er auch nicht an Kritik an manchen Ausführungen Fauchards. Überdies brachte Pfaff viele eigene Behandlungserfahrungen ein. Sie betrafen unter anderem die erste Beschreibung einer extraoralen retrograden Wurzelfüllung im Wegbereiter der Zahnheilkunde – Teil 20 Philipp Pfaff (1713–1766) – DER Wegbereiter des Fachs Wer sich mit der Geschichte der deutschen Zahnmedizin beschäftigt und dabei auf die wissenschaftlichen Anfänge des Fachs blickt, wird unweigerlich auf den Namen Philipp Pfaff stoßen. Pfaff gilt vielen als erster Wegbereiter des Fachs im deutschsprachigen Raum. De r Code füh rt z u de n an de re n Te ilen de r Se ri e „W eg be re it er de r Zahn he il ku nd e“ . Foto: zm-Archiv 102 Gesellschaft

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