Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 108, Nr. 17, 1.9.2018, (1880) (circa sechs bis acht Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie) auf jegliche zahnärzt- liche und chirurgische Behandlung, die mit einer Traumatisierung einhergeht, verzich- tet werden [Chrcanovic et al., 2010]. Die Verwendung eines Schleimhautretraktors als Abstandhalter der Schleimhaut von metallischen dentalen Restaurationen auf Metallbasis oder beispielsweise Zirkonoxid- gerüsten dient der Dosisreduktion durch Vermeidung von Streueffekten an der Ober- fläche sehr dichter Materialien [Obinata et al., 2003] (Abbildung 3a). Mehrere Studien verweisen auf den protek- tiven Effekt der topischen Fluoridierung bei Patienten nach Strahlentherapie zur Vermei- dung einer radiogen bedingten Karies [Drei- zen et al., 1977; Sennhenn-Kirchner et al., 2009]. Die Fluoridapplikation sollte nach Möglichkeit mittels Fluoridierungsschiene durchgeführt werden (Abbildung 3b). Ent- scheidend ist die lebenslange Durchfüh- rung. Die Prothesenkarenz unter Strahlen- therapie und bei Mukositis dient der Vermei- dung von Druckstellen. Die Morbidität der fortgeschrittenen IORN sowie das hohe Komplikationsrisiko rechtfertigen eine struk- turierte und dauerhafte Nachsorge unter In- anspruchnahme professioneller Mundhy- gienemaßnahmen. Hierbei soll im Hinblick auf die Früherkennung einer IORN eine ein- gehende klinische Untersuchung der Mund- höhle erfolgen. Unter laufender Strahlentherapie bis etwa sechs bis acht Wochen nach ihrem Ende sind Zahn-, Mund- und Kiefereingriffe mit einem hohen Komplikationsrisiko assoziiert. Ein Schleimhautretraktor soll immer dann eingegliedert werden, wenn von einer rele- vanten lokalen Dosisüberhöhung (zum Bei- spiel bei Schleimhautkontakt von Metall) ausgegangen werden kann. Bei Patienten mit erhaltenem Zahn- schmelz soll die Anwendung topischer Fluo- ride auf den Schmelz lebenslang durchge- führt werden. Eine Prothesenkarenz soll unter der Strah- lentherapie und bei fortdauernder Mukositis erfolgen. Operative Eingriffe und Zahnentfernungen sollen bei Patienten dauerhaft nach einer Strahlentherapie unter besonderen Kautelen (Antibiotikagabe, atraumatische Operation, primär plastische Deckung) erfolgen. Dabei kann auch die Überweisung an einen Spe- zialisten erforderlich werden. Diagnostik der IORN Entsprechend der Definition der IORN ist die Diagnosestellung an eine gezielte Anamnese und klinische Untersuchung von Mundhöhle und Perioralregion gebunden. Neben der Inspektion und Palpation um- fasst diese auch die Vitalitätsprüfung be- nachbarter Zähne sowie eine Sensibilitäts- prüfung. Der die IORN fachlich behandeln- de Arzt beziehungsweise Zahnarzt legt Aus- maß und Umfang der Diagnostik (dreidi- mensionale Bildgebung) fest. Das Ortho- pantomogramm (OPTG) weist im Vergleich zu schichtbildgebenden Verfahren (Compu- tertomografie, Magnetresonanztomografie) eine reduzierte Sensitivität auf [Store und Larheim, 1999]. Wichtigste Differenzialdi- agnose der IORN ist ein malignes Gesche- hen (zum Beispiel Rezidiv, Metastase), wes- wegen eine histologische Sicherung erfol- gen sollte [Marwan et al., 2014]. Bei klinischem Verdacht auf eine IORN soll eine histologische Sicherung zum Ausschluss eines malignen Geschehens erfolgen. Abbildung 2a: Radiologisches Bild einer IORN. Orthopantomogramm eines Patienten mit ausgeprägter IORN des Unterkiefers nach Bestrahlung aufgrund eines Zungengrundkarzinoms. Es imponieren sklerotische sowie osteolytische Zonen, die den gesamten rechten Unterkiefercorpus durchsetzen. Abbildung 2b: Computertomografie des Patienten. Neben den osteolytischen Zonen kommen in der koronaren und axialen Darstellung kleine Sequester (Pfeil) zur Darstellung. 40 Zahnmedizin

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