Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 108, Nr. 18, 16.9.2018, (2030) „Liebe Ärzte, liebe Ärztinnen, wir kennen Ihr Dilemma“, beginnt die E-Mail, die die Firma „WeComBlue“ derzeit bundesweit an deutsche Zahnärzte verschickt. Gemeint ist die Zwickmühle, in der sich viele Zahnärzte befinden, wenn es um Online-Bewertungen geht. So könne WeComBlue mit allen Zahnärzten mitfühlen, die „tagtäglich Ihr Bestes geben, um jedem Patienten die bestmögliche Behandlung zu bieten“ und sich dann „ärgern, wenn Sie abends nach Hause kommen und eine schlechte Bewertung von einem verärgerten Patienten oder gar von einem Wettbewerber, der Ihnen bös- willig schaden will, vorfinden“. Gegen diese Negativ-Bewertungen müsse man vorgehen, so die Aufforderung der Firma in den Werbemails. Indem man positive Bewer- tungen dagegen setze. Die Masche hinter dieser Verkaufsstrategie ist neu: Wurde der Kauf von positiven Online-Bewertungen sonst als „versteckte“ Dienstleistung angepriesen, versucht We- ComBlue keineswegs zu verschleiern, dass es sich um fiktive Bewertungen handelt, die ohne jeglichen Kontakt des vermeintlichen Patienten zum Zahnarzt verfasst werden. So wird auf der Firmen-Webseite offensiv die Frage diskutiert, ob der Kauf von Bewer- tungen moralisch vertretbar sei. Natürlich, so das Fazit des Anbieters: „Bewertungen kaufen ist aus Sicht des Unternehmers eine wichtige und sinnvolle Maßnahme – nicht um Kunden hinters Licht zu führen, sondern um sein wahres Leistungsvermögen in der Öffentlichkeit zu präsentieren.“ Bewertungen zu kaufen sei daher „beinahe schon Pflicht um den potentiellen Kunden zu zeigen, dass er bei diesem Unternehmen in guten Händen ist und eben nicht betrogen wird“. Und das Kaufen von Bewertungen sei schließlich wichtig, „um die Arbeitsplätze und die Existenz des eigenen Unternehmens zu schützen“. Gekaufte Bewertungen sind irreführende Werbung Dr. Peter Kurz, Hauptgeschäftsführer der Zahnärztekammer Hamburg, warnt Zahn- ärzte eindringlich davor, sich auf so eine Offerte einzulassen: „Wir halten das Ange- bot für eindeutig rechtswidrig. Denn die Berufsordnung sagt klar, dass der Zahnarzt eine irreführende Werbung weder veran- lassen noch dulden darf.“ Genau dies sei bei dem Angebot aber der Fall, „weil ganz eindeutig jemand eine Bewertung verfasst, der kein Patient der zu bewertenden Praxis ist“, erläutert Kurz. „Eine unbeteiligte Person, die im Netz nach einem neuen Zahnarzt sucht und Bewer- tungen liest, geht aber davon aus, dass die Bewertungen von Patienten der Praxis stam- men“ – so entstehe die Irreführung, die laut Berufsordnung verboten ist. „Dem Zahnarzt sind sachangemessene Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufsrechtswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Berufsrechtswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irre- führende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Der Zahnarzt darf eine berufs- rechtswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dem entgegen zu wirken.“ § 21 (1) Musterberufsordnung der Bundes- zahnärztekammer, Stand 11. November 2017 Kurz wurde erst vor wenigen Tagen durch einen Zufall auf die Firma WeComBlue auf- merksam – das Mailing tauchte auch bei der Zahnärztekammer Hamburg im Postfach Zahnärztekammer Hamburg warnt „Wer sich auf dieses Angebot einlässt, handelt rechtswidrig!“ Eine Firma bietet 25 Positivbewertungen für 999,99 Euro an, mit dem Argument, der Kauf sei moralisch vertretbar – schließlich handele der Zahnarzt aus Not- wehr. Richtig ist: Er verstößt gegen die Berufsordnung. Nicht nur Arztbewertungen bietet WeComBlue zum Kauf an – auch Restaurants oder Hotels kön- nen über den Anbieter ihren guten Ruf aufpolieren. Screenshot: zm/nb 18 Politik

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=