Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 108, Nr. 18, 16.9.2018, (2054) Frau Först, warum ist die Wahl der ‚richtigen‘ Berufsbekleidung so wich- tig? Kommt es in einer Zahnarztpra- xis nicht vielmehr auf die Kompetenz der Mitarbeiter an? Regina Först: Lassen Sie mich zunächst eine Gegenfrage stellen: Wie wollen Sie Gesund- heit, Wohlbefinden und Ästhetik verkaufen, wenn Ihre Praxismitarbeiterin aufgrund des falschen Polohemd-Farbtons etwas kränk- lich aussieht? Natürlich ist die Kompetenz der Mitarbeiter entscheidend! Aber: Wir alle wissen doch, wie es läuft: Der erste Eindruck zählt. Und dafür haben wir gerade einmal 90 bis 150 Millisekunden Zeit, also genauso lange wie für einen Augenaufschlag. In dieser Zeit kann ich meinem Gegenüber nicht beweisen, wie kompetent ich bin, aber – und das ist ausschlaggebend – ich kann ihm dies ver- mitteln! Entscheidend ist dabei in erster Linie aller- dings nicht die Kleidung, sondern meine innere Haltung. Wenn ich mit den Nerven fix und fertig bin, kann ich keine gute Ausstrah- lung haben. Das ist einfach so. Wenn ich aber ein starkes Selbstvertrauen, ein gutes Selbst- bewusstsein, eine große Selbstverantwortung, sprich eine gute innere Haltung habe, dann habe ich genau die – ich nenne es – ‚gewin- nende Ausstrahlung‘, mit der ich vom aller- ersten Eindruck an überzeugen kann. Inwiefern kann dabei meine Kleidung diese ‚gewinnende Ausstrahlung‘ fördern? Ein einfaches Beispiel: Wenn die Schulter- naht meines T-Shirts direkt auf der Schulter anliegt, dann wirke ich motivierend. Wenn die Schulternaht jedoch neben der Schulter anliegt, wirke ich demotivierend – selbst wenn ich gar nicht demotiviert bin. Trotz- demwirke ich so! Und zwar weil die Schulter optisch kippt und wirkt wie runtergezogene Mundwinkel. Genauso ist es bei den Farben, etwa beim Weiß-Ton. Es gibt Kalkweiß-Töne, die wirk- lich kaum einem Menschen stehen, und es gibt gebrochene Weiß-Töne, die fast jeder tragen kann. Das ist keine Magie, sondern das Harmoniegesetz der Farben. Sie kommen ursprünglich aus der Modebranche. Könnte es sein, dass nur Sie als Profi solche Details wahr- nehmen? Vielleicht kann ich die Fehler besser benennen, sehen können wir sie aber alle (lacht). Ein kurzer Exkurs: Alle Menschen tragen in sich ein unbewusstes Bedürfnis nach Harmonie. Und es gibt stimmige Farbwelten und stim- mige Proportionen, die einer Gesetzmäßig- keit folgen. Wenn ich eine Person sehe, die diesen Gesetzmäßigkeiten folgt, die also eine stimmige Kleidersprache hat zu ihrem Körper und die eine stimmige Farbsprache hat zu ihren eigenen Farben, dann ist mein erster Eindruck von dieser Person rundum positiv, weil mein Bedürfnis nach Harmonie unbewusst befriedigt ist. Wenn ich jedoch jemanden sehe, der völlig unstimmig angezogen ist, also Farben trägt, die ihm überhaupt nicht stehen, die nicht zusammenpassen, dann habe ich sofort das Gefühl ‚Irgendetwas stimmt hier nicht‘. Und das sehe nicht nur ich als Profi. Diese Gefühle kennt jeder Mensch. Wenn Sie im Restau- rant sitzen und auf ein schiefes Bild an der Wand schauen, spüren Sie doch auch den Impuls, es gerade hängen zu wollen? Wie findet der Praxisinhaber denn die richtige Berufskleidung für das Team? Oder anders: Gibt es dann überhaupt die richtige Kleidung, die auf ein ganzes Team passt? Ich plädiere bei Berufskleidung immer für Gleichheit, aber nicht für eine Uniform. Ein gutes Beispiel sind Westen. Sie bieten Gleichheit, weil jede Mitarbeiterin eine Weste trägt und damit für den Patienten sichtbar und erkennbar ist. Dennoch lassen sie viel Raum für Individualität. So kann die Mitarbeiterin, die wahnsinnig stolz auf Ihre Wespentaille ist, gerne die ganz schmal und kurz geschnittene Weste tragen. Andere Kolleginnen, die vielleicht lieber ihren Po bedecken wollen, tragen stattdessen eine längere Weste. Denn nur wer sich in seiner Kleidung wohlfühlt, kann auch eine gute Ausstrahlung haben. Ich finde, dass die Wahl der Kleidung daher grundsätzlich im Team diskutiert werden sollte und dass – soweit wie möglich – die Individualität des Einzelnen berücksichtigt werden sollte. ? ? ? ? Regina Först zur Frage „Wie finde ich das richtige Praxis-Outfit für mein Team?“ „Ihr Polohemd entscheidet, wie kompetent Sie wirken!“ Hellblaue Polohemden – praktisch im Arbeitsalltag, einfach zu waschen, schnell geordert. Theoretisch. In der Praxis gibt es mindestens eine Mitarbeiterin im Team die im himmelblauen Outfit keine gute Figur macht. Laut Unternehmensberaterin Regina Först hat dies ernste Konsequenzen. Regina Först zählt zu den erfolgreichsten Unternehmensberaterinnen im deutsch- sprachigen Raum. Zu ihren Kunden gehören Audi, Beiersdorf, VR Banken, REWE, Shell oder Wella. Seit über 25 Jahren führt sie in Vorträgen und Coachings Menschen auf den Weg zu Authentizität, Klarheit und Stärke. Foto: M. Goldenbaum 42 Praxis
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