Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 108, Nr. 18, 16.9.2018, (2020) Foto: KZBV Allein vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der Zahnärzteschaft und der von vielen mantrahaft wiederholten For- mel, wie junge Zahnärztinnen und Zahnärzte heute und in Zukunft arbeiten wollen, kommt man an einer Feststellung nicht vorbei: Die zahnärztliche Versorgungswelt wird sich verändern. Vielmehr noch: Sie muss es auch, will sie den Anforderungen der Zukunft gerecht werden. Denn einerseits steigt die Zahl angestellter Zahn- ärzte stetig, andererseits ist bundesweit jeder zweite Praxisinhaber über 50 Jahre alt. Hinzu kommen die demografische Veränderung in der Bevölkerung, der teils erhebliche Kostenanstieg in den Pra- xen, die weiter zunehmenden Bürokratielasten und die Probleme, ausreichend und gutes Praxispersonal zu finden. Die großen Fragen, die mich umtreiben lauten: Sind bei dieser Gemengelage arztgruppengleiche MVZ perspektivisch die Lösung und brauchen wir Fremdinvestoren und Private-Equity-Gesellschaften, um die An- forderungen der Zukunft zu lösen? Um es vorweg auf den Punkt zu bringen: Ich bin der Meinung, dass wir die auf uns zukommenden Herausforderungen lösen können, indem wir sinnvolle Weiter- entwicklungen innerhalb des bestehenden Systems anstoßen. Mehr als 60 Jahre erfolgreich praktizierte Sicherstellung einer wohn- ortnahen, flächendeckenden und qualitätsgesicherten Versorgung quasi im Handstreich von heute auf morgen auf den Kopf zu stellen, stellt für mich keinen zielführenden Ansatz dar. Hierfür möchte ich beispielhaft zwei Argumente ins Feld führen: Nachweislich sind die Ziele des Gesetzgebers, mit Z-MVZ im zahnärztlichen Bereich die Unterversorgung auf dem Land und in strukturschwachen Gebieten zu verbessern, krachend gescheitert. Das genaue Gegenteil ist Rea- lität geworden. Bedingt durch die Tatsache, dass sich die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte in großer Zahl an die städtischen ZMV-Z gebunden haben, fehlt der Nachwuchs auf dem Land. Dort sind Praxen heute nahezu unverkäuflich. Die Folgen entstehen sofort und sind unumkehrbar: Regionale Unterversorgung im Einzugsgebiet der früheren Praxis und Verlust an Altersversorgung für den Praxisinhaber. Zum anderen ist mit dem Umstand, dass in MVZ das Prinzip der persönlichen Leistungserbringung außer Kraft gesetzt ist und die ansonsten geltenden Anstellungsgrenzen aufgehoben wurden eine Wettbewerbsverzerrung künstlich implementiert worden, die die tradierten Praxisformen massiv be- nachteiligt, und damit zu einer Zweiklassengesellschaft innerhalb der Zahnärzteschaft führt. Es gibt nun privilegierte und unter- privilegierte Zahnärzte. Das ist für mich nicht hinnehmbar. Um den Wünschen der jungen Zahnarztgeneration nach Anstellung in größeren Praxiseinheiten nachzukommen könnten im BMV-Z und der Zulassungsverordnung die existierenden Anstellungsgrenzen in tradierten Praxisformen geändert werden. Dazu bedarf es keiner Z-MVZ. Auch könnte man so dem Wunsch vieler Praxisinhaber nachkommen, mehr als zwei angestellte Zahnärzte zu beschäftigen, was bislang den Wandel einer BAG in ein Z-MVZ erforderlich machte. Die VV der KZBV wird im Herbst über mögliche diesbezügliche Änderungen beraten und ggf. beschließen. Frei nach dem Motto „pecunia non olet“ wird gerade von wirt- schaftsliberalen Politikern der Zustrom von Fremdkapital über aus- ländische Investoren und Private-Equity-Gesellschaften begrüßt. Dass mit dem weiterhin ungebremsten Zustrom von Fremdkapital in den deutschen Gesundheitsmarkt eine perfekt funktionierende zahnärztliche Versorgung ruiniert wird, wird dabei offensichtlich schulterzuckend in Kauf genommen. Interessant in diesem Zusam- menhang sind aktuelle Meldungen aus der Wirtschaft, nach denen Wirtschaftsminister Altmaier strengere Vorgaben im Wettbewerbs- recht prüft, um zu verhindern, dass solche Gesellschaften mit ihrer enormen Kapitalisierung in großem Stil kleinere konkurrierende Unternehmen aufkaufen. Man müsse dies unterbinden, um ein Umkippen ins Monopol zu verhindern. Betrachtet man den Bereich der stationären und ambulanten medizinischen Versorgung, stellt man unschwer fest, dass in diesem Bereich schon längst konzern- artige Strukturen entstanden sind und sich regional tatsächlich monopolartige Versorgungskonstrukte etabliert haben. Als Folge solcher Entwicklungen können Patientinnen und Patienten zumindest regional ihr Recht auf freie Arztwahl nicht oder nur mit erheblichem Aufwand realisieren. Ärztinnen und Ärzte können sich in dem Pecunia non olet? Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstands der KZBV 8 Leitartikel
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