Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2262) Die Histologie des Resektats im linken Un- terkiefer bestätigte die Verdachtsdiagnose eines Ameloblastomrezidivs. Es handelte sich um ein circa 5,5 cm großes Ameloblastom mit follikulärem Wachstumsmuster mit Infil- tration des Unterkieferknochens. Mikroskopisch zeigte sich eine ausgeprägte tumoröse Infiltration zwischen den Knochen- bälkchen mit herdförmiger Destruktion durch odontogene Zellnester mit meist randlicher Palisadenstellung der Kerne und zentralen, unterschiedlich großen Zystenbildungen. Dazwischen konnten bindegewebige Areale und reaktive Veränderungen des Knochen- gewebes gefunden werden. Die odontoge- nen Zellnester enthielten runde bis ovaläre Kerne mit granulärem Chromatin. In An- betracht der tumorfreien Resektionsränder war das Ameloblastom lokal komplett entsprechend einer R0-Resektion exzidiert worden (Abbildung 6). Entfernung des Titanmesh im linken Unter- kiefer: Sechs Monate nach der Erstoperation erfolgte die komplikationslose Entfernung des Titangitters über den vorhandenen sub- mandibulären Zugang. Das Spongiosa- transplantat war knöchern konsolidiert und zeigte klinisch eine gute Stabilität. Das post- operativ durchgeführte Orthopantomogramm zeigt die regelrechte Einheilung des auto- logen Knochenersatzes nach Entfernung des Titanmesh (Abbildung 7). Diskussion Mit 18 Prozent ist das Ameloblastom der häufigste odontogene Tumor. Es handelt sich um einen lokal invasiv wachsenden Tumor, der aus Epithelresten der Zahnleiste, des Malassez‘schen Epithels und des Schmelz- organs entsteht. Nicht selten entwickelt er sich auch auf dem Boden einer odontoge- nen Zyste, zum Beispiel der follikulären oder der kalzifizierenden odontogenen Zyste. Männer und Frauen sind in gleichem Maße betroffen. Am häufigsten kommt dieser Tumor in der dritten und in der vierten Lebenskaskade vor. In den meisten Fällen (mehr als 75 Prozent) tritt das Amelo- blastom im Unterkiefer – und zwar in der Prämolaren- und Molarenregion – auf [Morgenroth, Philippou, 1998; Philipsen, Reichart, 1998; Pindborg, 1958; Hausamen et al., 2012; Kruse, Gujer et al., 2013; Schwenzer et al., 2009]. Histologisch handelt es sich um einen gut- artigen Tumor. Klinisch spricht man jedoch – aufgrund des lokal sehr aggressiven und infiltrativen Wachstums in die Knochen- marksräume – eher von einem „semi- malignem“ Tumor. Sehr selten tritt das bösartige (maligne) Ameloblastom auf, das sich meistens aus einem gutartigen Amelo- blastom entwickelt. Ein Ameloblastom hat eine hohe Rezidiv- neigung, weshalb engmaschige, jährliche Tumorkontrollen – in den ersten fünf Jahren sogar halbjährliche klinische und röntgeno- logische Kontrollen – empfohlen werden. Eine Metastasierung erfolgt fast nie. Es macht sich in der Regel durch eine schmerz- lose Schwellung meist ohne Zahnlockerung und erkennbare Entzündung bemerkbar. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Zufallsbefund [Hausamen et al., 2012; Kruse Gujer et al., 2013; Schwenzer et al., 2009; Pindborg, 1958]. Röntgenologisch sind keine eindeutigen Merkmale wegweisend, die auf das Vor- handensein eines Ameloblastoms hindeuten, so dass differenzialdiagnostisch eine Vielzahl von Neubildungen infrage kommen können, zum Beispiel ein ameloblastisches Fibrom, ein ameloblastisches Fibroodontom, ein adenomatoider odontogener Tumor, ein Abbildung 5: Postoperatives Orthopantomogramm mit dem eingebrachten Titanmesh und der autologen Beckenkammspongiosa Abbildung 4: Klinisches Bild des entfernten Knochen- tumors 106 Zahnmedizin

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