Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2172) Herr Dr. Engel, die Bundeszahnärzte- kammer beteiligt sich engagiert an den internationalen (berufs)politischen Diskussionen der FDI. In den Gremien ist Deutschland gefragt und vergleichs- weise zahlreich vertreten. Welche Rolle spielt die FDI international und hierzulande? Dr. Peter Engel: Im Mittelpunkt einer jeden weltweit agierenden berufsständischen Ins- titution steht der fachliche, wissenschaftliche und natürlich auch politische Austausch über die nationalen Grenzen hinweg, auch bei der FDI. Bereits zu Zeiten ihrer Gründung im Jahr 1900 stand die länderübergreifende Kommunikation zu wissenschaftlichen The- men der Zahnheilkunde, zu Standards und Inhalten der zahnmedizinischen Ausbildung, aber auch zu gesundheitspolitischen The- men (wie die Förderung der Mundhygiene) im Fokus der FDI. Lange vor der Gründung der Weltgesundheitsorganisation WHO 1948 entwickelte die FDI bereits Curricula für die zahnmedizinische Ausbildung und weltweite Programme zur Förderung der Mundgesundheit. Heute ist die FDI ein wichtiger Partner der WHO und eingebunden in die internationale Politik. Das wird für uns Zahnärzte in Deutsch- land immer bedeutsamer, werden doch heute viele Entwicklungen, wie beispielsweise das Herunterfahren der Amalgamverwendung, international angestoßen und dann in euro- päische oder nationale Vorschriften imple- mentiert. Insofern ist es wichtig, dass wir im Rahmen der FDI eine aktive Rolle spielen. Der diesjährige Weltkongress hat wieder zahlreiche Beschlüsse verab- schiedet. Welche sind aus Ihrer Sicht hervorzuheben? Da sehe ich im Wesentlichen drei Themen- komplexe, die in den Diskussionen eine große Rolle gespielt haben. Zum einen möchten wir weltweit verstärkt auf die Folgen von Fehlernährung und Übergewicht für die Mundgesundheit aufmerksam machen. Die FDI spricht sich angesichts des international viel zu hohen Zuckerkonsums nachdrück- lich für eine Reduktion des Zuckeranteils in Lebensmitteln aus. Ein zweites wichtiges Thema waren die bedrohlichen Entwicklungen, die von den weltweit zunehmenden Antibiotikaresisten- zen ausgehen. Hier fordert die FDI eine verantwortungsvolle und zielgerichtete Verwendung der Antibiotika. Und zum Dritten haben uns die weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen beschäf- tigt, die ja auch zahnmedizinische Aspekte beinhalten. Mangelnde zahnmedizinische Versorgung ist zwar keine primäre Flucht- ursache, trägt jedoch als ein Baustein zur Migrationsmotivation bei. Wenn es gelingt, die (zahn)medizinische Versorgung in den Entwicklungs- beziehungsweise Krisenländern und die dortigen Gesundheitssysteme zu stärken, können wir einen Beitrag zur Bekämpfung der Fluchtursachen leisten. Die Beschlüsse der FDI dürften damit auch für die G20-Gesundheitsminister interessant sein, die sich Anfang Okto- ber ebenfalls in Buenos Aires treffen. Themen wie die „Bekämpfung der Fluchtursachen“ und die „Stärkung der Gesundheitssysteme in Entwicklungs- ländern“ stehen dort ganz oben auf der Agenda. Ja, und genau das ist auch unser Ziel und Anspruch! Wir haben die G20-Gesundheits- ministerkonferenz in einer eigenen FDI- Erklärung, die die Bundeszahnärztekammer dort vorbereitet und angestoßen hat, aufge- fordert, unsere Bemühungen unterstützen. Das verstehe ich unter aktiver Politik auf internationaler Ebene. D as Thema „Migration und Flucht“ stand bereits vergangenes Jahr beim FDI-Kongress in Madrid im Fokus. Da ging es um die Frage, wie man praktische zahnmedizinische Hilfe für Geflüchtete organisieren kann, in Buenos Aires dagegen um die Unter- stützung in den Ausgangsländern der Migration. Was kann man dort kon- kret tun? Mit unseren begrenzten Ressourcen können wir nur punktuell helfen. Machen wir uns nichts vor: Auch eine funktionierende zahn- ärztliche Versorgung wird die Menschen nicht final von der Flucht abhalten. Aber im Sinne der Sicherstellung der gesamten medizinischen Versorgung können wir einen unverzichtbaren Teil beisteuern. Die migrationspolitischen Probleme unserer Zeit sind zu dramatisch, als dass sich irgend- ein gesellschaftsrelevanter Akteur aus der Verantwortung stehlen kann. Die Frage ist aber, was wir hier in der FDI beziehungsweise Deutschland tun können, und da liegt mir besonders ein Gedanke am Herzen: Im Rahmen einer FDI-Sitzung sprach mich ein Kollege aus dem Tschad an. Er berichtete, er könne jetzt leider nur noch eingeschränkt Patienten behandeln – seine Helferin hätte sich in der Hoffnung auf ein ? ? ? ? Interview mit BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel „Deutschland muss in der FDI eine aktive Rolle spielen!“ Übermäßiger Zuckerkonsum, zunehmende Antibiotikaresistenzen, die steigende Migration nach Europa – Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, erläutert die aktuellen Themen der FDI – und warum das internationale Agieren für die deutsche Zahnärzteschaft immer wichtiger wird. Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer Foto: Axentis.de 16

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