Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2174) besseres Leben nach Europa und konkret nach Deutschland auf den Weg gemacht. Qualifizierte Helferinnen seien aber rar in Zentralafrika und es sei jetzt schwierig, je- manden für seine Praxis zu finden – zumal Europa eine Magnetwirkung ausstrahle. Hier sehen wir ein großes Problem, ins- besondere wenn es um das viel diskutierte Zuwanderungsgesetz geht. Ein solches Ge- setz würde zweifellos zusätzliche Anreize für die Migration von Fachkräften aus Ent- wicklungsländern setzen. Damit nehmen wir diesen Ländern aber die Fachkräfte weg, die sie dort haben. Wir dürfen unseren Fach- kräftemangel nicht mit den Ressourcen aus den Entwicklungsländern und damit auf deren Kosten bekämpfen. Dabei muss uns aber klar sein, dass wir dann völlig neue Strategien für die Bekämpfung des Fach- kräftemangels auch im Gesundheitssektor in Deutschland brauchen. E ine Alternative wäre mehr Ausbil- dung im eigenen Land. Ich denke da beispielsweise an die schleppende Verabschiedung der zahnärztlichen Approbationsordnung … Bildung ist der Schlüssel zu einer guten zahnmedizinischen Versorgung und hat darüber hinaus auch eine stabilisierende soziale Wirkung. Geld, das hier investiert wird, ist gut angelegt und wir sollten die Anstrengungen darauf richten, die hier be- nötigten Fachkräfte auch hier auszubilden. Ich befürchte, dass ein „Braindrain“ aus den Entwicklungsländern unsere strukturellen Probleme nicht lösen und die Probleme dort nur vergrößern wird. Ein anderes Thema: Die Mitglieder- versammlung der FDI hat sich dafür ausgesprochen, dass Antibiotika welt- weit nur noch von „regulierten“ Berufs- gruppen verordnet werden dürfen. Der freie Verkauf über das Internet und rezeptfreier Produkte sollen demnach nicht mehr möglich sein. Ist das nicht ein Plädoyer für die Regulierung im „Gesundheitsmarkt“, wie wir sie in Deutschland bereits haben, und gegen immer wieder diskutierte Deregulie- rungsbestrebungen? ? ? Viele Länder in der Welt haben einen weit deregulierteren Markt in der gesundheit- lichen Versorgung als Deutschland – mit allen damit verbundenen Problemen. Die leichte Verfügbarkeit von Antibiotika gehört dazu. Wer unsere Europaberichterstattung kennt, weiß, dass die Deregulierung auch ein Thema auf europäischer Ebene ist. Am Bei- spiel der Antibiotikaresistenzen werden uns die Konsequenzen unregulierter Märkte ein- drucksvoll vor Augen geführt. Zugleich unter- streicht dieser Vorgang die Bedeutung und die besondere Stellung der Arztberufe für die Erreichung gesundheitspolitischer Ziele. Ich glaube, in der Hitze gesundheitspoli- tischer Debatten unterschätzen wir heute den Wert der sinnvollen regulatorischen Rahmenbedingungen, wie wir sie in Deutschland haben und für die es außerhalb unserer Grenzen viel Respekt gibt. In der Welt wird unser Gesundheitssystem mit- unter mehr geschätzt als bei uns. Das spürt man sehr gut beim Blick über den eigenen Tellerrand, diesen Eindruck habe ich mit nach Hause nehmen können. Neben gesundheitspolitischen Themen befasste sich die FDI auch mit den zahnmedizinischen Volkskrankheiten Karies und Parodontitis. Welche Ent- wicklungen sind hier zu sehen? ? Die parodontale Gesundheit war bereits im vergangenen Jahr ein großes Thema. Hier sehen wir insbesondere die sich immer deut- licher zeigenden Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Allgemeinerkrankungen. Die zahnmedizinische Versorgung muss enger mit den anderen medizinischen Disziplinen zusammengeführt werden und umgekehrt. Es wird darauf ankommen, die entsprechenden Schnittstellen zu schaffen und auszubauen. Die FDI hat hier mit ihrem 2015 gestarteten „Globalen Projekt zur parodontalen Gesund- heit“ ein ambitioniertes Programm, um Parodontitis weltweit zurückzudrängen. In Bezug auf die Zurückdrängung der Karies hat die FDI – neben der Forderung nach Reduzierung des Zuckeranteils in Lebens- mitteln – die überragende Bedeutung fluoridhaltiger Zahnpasten für die Karies- prävention betont. Insbesondere in den Ent- wicklungsländern muss die Verfügbarkeit dieser Zahnpasten erhöht werden. Auch im Hinblick auf die hin und wieder in den Industrieländern aufflammenden Fluorid- debatten ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass wir einen überwältigend großen welt- weiten Konsens zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der Kariesprävention mit fluorid- haltigen Zahnpasten haben. Die Fragen stellte Benn Roolf. Im Rahmen des Weltzahnärztetages kamen in Buenos Aires mehr als 60Mitglieder der Section of Defence Forces Dental Services (SDFDS), einer Sektion der FDI, zu ihrem jährlichen Meeting zusammen. Die Vor- träge zeigten das breite Spektrum der Zahnheil- kunde in Streitkräften und die besonderen Aufgaben von Militärzahnärzten. Die Themen reichten von der Zahnheilkunde vor und in Einsätzen, Kata- strophenmanagement, zahnärztlicher Identifizie- rung zur Parodontologie, dem Einsatz von Robotern in der Implantatologie und MKG-Chirurgie. Zu den Höhepunkten zählte die Präsenta- tion des aktuellen Films des Quintessenz Verlags „Cell-to-cell-communication – Peri-Implantitis and it‘s prevention“. Zum Abschluss der Tagung übernahm Flottenarzt Dr. Helfried Bieber, Leitender Zahnarzt der Bundeswehr, als erster deutscher Sanitäts- offizier für die kommenden drei Jahre den Vorsitz der SDFDS. In seiner kurzen Antrittsrede unterstrich er die besondere Bedeutung der SDFDS als unverzicht- baren Teil der FDI. Dr. Bieber übernimmt Vorsitz Section of Defence Forces Dental Services Foto: military-medicine.com 18

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