Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2196) keine Involutions-, sondern vielmehr eine Progessionstendenz proportional zu dem Gesamtwachstum und/oder stimuliert durch hormonelle Umstellungen (zum Beispiel Pu- bertät oder Geburt) sowie Traumata [Erne- mann et al., 2003; Kämmerer und Kunkel, 2008]. Größenveränderungen im Sinne einer Volumenzunahme auch nach dem Abschluss des Wachstumsalters ergeben sich bei vaskulären Malformationen, die in der Kopf- und Halsregion in ungefähr 0,1 Prozent der Bevölkerung auftreten [Han et al., 2015], vor allem passiv durch die Auf- weitung der Gefäßlumina, da die zumeist hypoplastischen Gefäßwandstrukturen mit zunehmendem Lebensalter dem Perfusions- druck nachgeben. Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Hämangiomen und vaskulären Fehlbildun- gen hat vor allem Bedeutung für die Be- handlungsstrategie. Während die Therapie eines Hämangioms bei nachgewiesener Wachstumstendenz sofort erfolgen sollte, kommen bei vaskulären Malformationen auch primär konservative Ansätze infrage. Somit ergibt sich die Indikation zur thera- peutischen Intervention bei kleinen vasku- lären Malformationen der Kopf- und Hals- region nicht, wie bei den Hämangiomen aus der Begrenzung des destruktiven Wachstums, sondern aus der Vorbeugung beziehungs- weise der Therapie von passiven Gewebe- deformierungen, der Prophylaxe von Blu- tungen oder aus der Notwendigkeit einer differenzialdiagnostischen Abgrenzung [Kämmerer et al., 2008]. Neben der klini- schen Untersuchung können bildgebende Verfahren wie die Computertomografie oder die Magnetresonanztomografie, aber auch die Doppler-Sonografie zu einer ver- besserten Darstellung der Ausdehnung oder Beschaffenheit der Läsion herangezogen werden [Robertson et al., 1999]. Therapeu- tisch besteht die Möglichkeit der Sklerosie- rung (zum Beispiel mit Ethanol), der Ligatur der versorgenden Gefäße, der Kürettage und schließlich, wie im beschriebenen Fall, der chirurgischen Resektion. Bei größeren Fehlbildungen des peripheren Gefäßsystems im Kopf- und Halsbereich ist eine Kombina- tion aus endovaskulärer Embolisierung und chirurgischer Entfernung das Mittel der Wahl [Jafarian et al., 2016]. PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A., FEBOMFS Leitender Oberarzt / Stell- vertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Hinsichtlich der Zuordnung der vas- kulären Läsionen im Kopf- und Hals- bereich existiert immer noch eine erhebliche Unsicherheit; insbesondere Übergangsformen können nicht immer klassifiziert werden. Hämangiome, als echte Neoplasien, wachsen schnell und destruktiv. Typischerweise kommt es im späteren Kindes- und frühen Jugendalter zu einer Involution. Arteriovaskuläre Malformationen zeigen keine Rückbildung, sondern durch die passive Volumenzunahme eine Wachstumsprogredienz, die zu erheblichen ästhetischen und funktio- nellen Einschränkungen führen kann. Fazit für die Praxis Abbildung 3: Klinischer Situs: Entfernung der kranial gelegenen Raumforderung Porträt: privat Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Für eine erfolgreich ge- löste Fortbildung erhal- ten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. Vaskuläre Malformation CME AUF ZM - ONLINE Abbildung 5: Resektat kranial Abbildung 6: Histopathologisches Bild (H&E, originale Vergrößerung x20): Es zeigen sich multiple vergrößerte, teils sehr ausgedehnte und miteinander kommunizierende Gefäße mit residualen Erythrozyten. Abbildung 4: Klinischer Situs: Entfernung der kaudal gelegenen Raumforderung 40 Zahnmedizin
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