Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2164) Rote Karte für die TI – Ende gut, alles gut? Zum Leserbrief „Rote Karte für TI/DSGVO – Meine Praxis-EDV kommt nicht ans Netz!“, zm 15-16/2018, S. 10, zum Beitrag „Post- kartenaktion zu Telematikinfrastruktur – KZBV: ‚Die Fundamental- kritik tragen wir nicht mit‘“, zm 08/2018, S. 26–30. Richtig, Herr Kollege – auch wir haben uns entschieden, auf keinen Fall unsere Praxis-EDV in das Internet einzubinden. Dass wir dafür natürlich bestraft werden, ist wohl in erster Linie der Politik und denen zu ver- danken, die sich wieder einmal die Ärzte- und Zahnärzteschaft zum billigen „Nutzvieh“ ge- macht haben, dass so die Arbeit, die zusätzlichen Kosten, Verantwortung und vor allem die Haftung in diesem System der unausgegorenen Daten- einspeisung in ein vollkommen unüberschaubares Datennetz auf die Leistungserbringer (sprechen wir hier ruhig nur von den Zahnärzten mit eigener Praxis) übertragen werden. Feste Jungs, macht nur weiter so, ihr bekommt schon alle kaputt. Und seit Mai diesen Jahres gibt es für unsere NEIN-Ent- scheidung noch einen zusätz- lichen, höchst wichtigen As- pekt: Die DSGVO, die besagt, dass Datensicherheit die aller- höchste Priorität hat. Deshalb: Nein! Diese Sicherheit haben wir nicht, wenn unsere Daten – die der Patienten und die der Leistungserbringer – in einem Netz herumschwirren, welches nachweisbar nicht beherrsch- bar ist. Selbst von höchsten Stellen unserer Verantwort- lichen lautet die Antwort, dass es nicht die Frage ist, „OB“, sondern nur „WANN“ das Telematiksystem gehackt wird. Wir wissen alle, dass es noch nicht einmal ein Angriff von Außen sein muss – was, wenn es Insider sind, die dann er- pressen oder Handel treiben (Auch dann ist der Praxisinhaber derjenige, der „dran“ sein wird. Fälle gibt es jetzt schon). Und das Verbrechen sich oft lohnen, wissen wir leider auch. Nein, eines ist vollkommen richtig: Wir Ärzte/Zahnärzte lassen uns – wie immer will- fährig – auseinanderdividieren, um uns dann zu brechen. Denn der Einzelne hat keine Macht. Übrigens, auf unsere ca. 80 verschickten Roten Karten hat es nur eine Antwort gegeben (Die Linke). Also, was soll‘s? Vielleicht denkt mal einer von denen, die uns solches aufge- zwungen haben, darüber nach, wie viele Praxen, z. B. als Alters- praxis, vor einer vollkommen wirren Situation stehen und sich nun entscheiden, den „Laden“ früher dicht zu machen. Vielleicht will das die Politik sogar? Vielleicht heißt es dann wenigstens für diesen Arzt/Zahnarzt: Ende gut, alles gut. ZÄ Regina Rüger und Dietrich Rüger, Betzdorf KFO – Therapeutische Entscheidungen erfolgen nun mal nicht verblindet Zum Leserbrief „Kieferorthopädie – Mehr mathematische Stringenz täte doch gut!“, zm 15-16/2018, S. 8–9. Gegenstand der Kontroverse ist der Stellenwert von RCTs in der kieferorthopädischen Forschung. In der Realität erfolgt die Ent- scheidung für oder gegen eine bestimmte Apparatur gerade nicht nach dem Verblindungsprinzip. Die Fehlstellung allein kann und darf nicht ausschlaggebend sein, sondern es spielen auch Faktoren eine Rolle, die die Compliance beeinflussen können (Alter und Persönlichkeit des Patienten, psychosoziales Umfeld, etc.). Diese müssen daher bei der Geräteauswahl unbedingt mit berücksichtigt werden. Wenn bestimmte Apparaturen nur bei guter Compliance und günstigen Wachstumsvoraussetzungen gute Ergebnisse zeitigen, so spricht das ja nicht grundsätzlich gegen sie. Die Patienten müs- sen nur dementsprechend ausgewählt werden. Dies setzt natürlich ein hohes Maß an klinischer Erfahrung voraus. Dr. Madsen wirft Frau Prof. Ruf vor, sie schütte mit Ihrer Kritik an der Verabsolutierung von RCTs das Kind mit dem Bade aus. Tat- sächlich tut Dr. Madsen genau dies, wenn er der Funktionskiefer- orthopädie grundsätzlich jeglichen therapeutischen Nutzen ab- spricht. Selbst wenn es so ist, dass die skelettalen Effekte vor allem langfristig eher gering sind (wobei dies individuell stark variieren kann), so ist doch schon viel erreicht, wenn nach funktionskiefer- orthopädischer Vorbehandlung die große horizontale Schneide- zahnstufe korrigiert ist und die Verzahnung wenigstens annähernd stimmt. Die Dauer der sich anschließenden Multibandphase wird sich dadurch jedenfalls entscheidend verkürzen. Wie sehen denn die Alternativen aus? Entweder werden festsitzende Vorschubmechaniken nötig (mit allen unangenehmen Begleit- erscheinungen – längere MB-Phase mit entsprechend höherem Entkalkungsrisiko, hohe Reparaturanfälligkeit, der skelettale Effekt ist auch nicht viel ausgeprägter) oder kompensatorische Prä- molarenextraktionen imOberkiefer. Dies ist aber a priori eine Kom- promissbehandlung, da nicht kausal. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass für manche Verfechter die EBM zu einer Art Ersatzreligion geworden ist, die den Blick auf die Realität verstellt. Wie sonst könnte Dr. Madsen die wohlbegründeten Ausführungen von Frau Prof. Ruf als Polemik verunglimpfen, während seine eigenen Einlassungen nichts anderes sind? Das Zitat von Sackett, mit dem er sein Pamphlet garniert, ist ja auch nichts anderes, und im Übrigen ist es auch schon über 30 Jahre alt, so als hätte sich seitdem in der kieferorthopädischen Forschung nichts mehr getan. Frau Prof. Ruf dann auch noch in gönnerhaftem Ton zu verstehen zu geben, sie sei wissenschaftlich eine Frau von gestern, ist wohl der Gipfel der Anmaßung. Dr. Michael Wagner, Zweibrücken Per QR-Code gelangen Sie zu allen Leser- briefen auf zm-online. Das sagen Ihre Kollegen LESERBRIEFE AUF ZM - ONLINE 8 Leserforum
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